Auf der HP2 stehend durchs Gelände

BMW bietet für Motorradfahrer seit 1993 Fahrertrainings an. Der Besuch solcher Kurse ist nicht nur Anfängern zu empfehlen – auch langjährige Biker können dabei viel für die eigene Sicherheit lernen.

Von Frank Mertens

Es ist heiß an diesem Montagvormittag in Aras. Die Temperaturen bewegen sich zur Mittagszeit bei 35 Grad. Das ist viel - vor allem, wenn man in voller Motorradmontur in der prallen spanischen Sonne steht. Doch einen Schattenplatz sucht man im Enduro Park von BMW vergeblich. Und so fließt der Schweiß in Strömen, während wir - insgesamt fünf Teilnehmer - aufmerksam den Anweisungen von Thomas Wolf zuhören. In den kommenden drei Tagen wird der 47-Jährige uns zeigen, wie man richtig mit einer Enduro im Gelände unterwegs ist.

Stehend durchs Gelände

Wolf ist bei BMW Chefinstruktor für den Enduro-Bereich. Zu Beginn des Fahrertrainings zeigt uns Wolf, wie man richtig auf der Maschine zu stehen hat. Wohlgemerkt stehen. Denn die nächsten drei Tage werden überwiegend stehend zurückgelegt. So kann das Bike - eine HP2 - am besten durch das 80 Kilometer von Valencia gelegene Aras Rural bewegt werden. Hier - im spanischen Hinterland - stehen insgesamt 1500 Kilometer Offroad-Piste für Enduristen zur Verfügung. Am Ende des Fahrertrainings werden wir davon immerhin 340 Kilometer abgefahren haben.

Thomas Wolf (r.) zeigt, wie man richtig auf der Maschine steht Foto: Werk

Doch vor der ersten Ausfahrt stehen zunächst die Trainingseinheiten im Enduro-Park auf dem Programm. «Für uns steht die Sicherheit im Vordergrund, deshalb beginnen wir unsere Kurse auch zum Kennen lernen der Maschine immer mit Aufwärmübungen», sagt Thomas Wolf. Zu diesem Übungsprogramm gehört beispielsweise Slalomfahren durch einen eng gesteckten Parcours von Autoreifen. Komplizierter wird es dann schon beim Versuch, die Maschine auf sandigem und teilweise mit Steinen durchsetztem Untergrund mit nur einer Hand am Lenker zu manövrieren.

Im Damensitz auf dem Motorrad

Das Halten am Berg will geübt sein Foto: Werk

Doch Wolf lässt es langsam angehen. «Neben der Sicherheit soll bei allen Übungen schließlich der Spaß im Vordergrund stehen», sagt er. Aber auch der Lernerfolg. Deshalb wechselt nach fast jeder gefahrenen Runde die Übung. Nach dem Slalomfahren werden die Beine nach links, dann nach rechts ausgestreckt, ehe man dann im «Damensitz» auf der HP 2 seine Runden zieht.

Für den, der es noch nicht gemacht hat, eine ungewöhnliche Übung. Sie schult aber enorm das Gleichgewichtsempfinden. Vor allem dann, wenn man auf der Maschine im Schritttempo unterwegs ist. Schließlich wird ein Motorrad bei langsamer Fahrt instabil. Wer vor einer Übung zu viel Respekt hat und auf sie verzichten will - kein Problem. «Jeder macht nur das, was er sich auch zutraut. Gezwungen wird bei uns niemand», sagt Wolf.

Die Maschine kippt weg, kein Problem, es ist nichts passiert Foto: Werk

Dass bei solchen Übungen auch einmal ein Sturz passiert, ist normal. Doch der Schrecken, eine 16.000 Euro teure Maschine wie die HP2 in den Sand zu setzen, ist schnell genommen. Als der erste von uns die Maschine wegschmeißt, ist nichts passiert: Weder Fahrer noch dem Hightech-Bike der Münchner. Die HP2 ist ausgesprochen robust. Außer einigen Kratzern am Boxermotor ist nichts zu sehen. Blinker und Seitenspiegel sind abmontiert. Eine lange Lebensdauer wäre ihnen beim Endurofahren ohnehin nicht beschert. Auch in den kommenden Tagen bleiben Fahrer und Maschinen vor Schäden verschont. Der Mechaniker, der alle Bikes am Ende des Tages durchcheckt, hat ausnahmsweise mal nicht ganz soviel Arbeit.

Eine Frage des Gleichgewichts

Unterwegs auf einsamen Offroad-Strecken Foto: Werk

Kaum dass Wolf, den alle nur Tom nennen, beim Aufrichten der knapp 197 Kilo schweren Maschine geholfen hat, geht es schon mit der nächsten Übung weiter. Es steht das Fahren im Kreis auf dem Programm, wobei die Radien kleiner und kleiner werden. Schnell verliere ich das Gleichgewicht, muss die Füße auf den Boden aufsetzen.

Wasserdurchfahrten sorgen für Abkühlung Foto: Werk

«Und, weißt Du, was Du falsch gemacht hast?», fragt Tom. «Nein, weiß ich nicht», antworte ich. «Du darfst den Blick nicht auf das Vorderrad senken. Du musst in die Richtung schauen, in die Du fahren willst», erklärt er. Ich probiere es noch einmal - und es klappt, selbst bei engen Kreisen. Ohnehin stellen sich für diejenigen von uns, die über keine Offroad-Erfahrung verfügen, schnell Erfolgserlebnisse ein. Was anfangs noch Probleme und zu Momenten der Unsicherheit führte, geht mit zunehmender Übungsdauer immer besser. Denn Tom geht individuell auf die Bedürfnisse der Teilnehmer ein. Das ist wichtig, wenn der Lernerfolg am Ende dieses Fahrertrainings stimmen soll. Deshalb besteht eine Gruppe auch aus maximal sechs Personen - und der Lernerfolg ist angesichts dieser Größe hoch.

Respekt ist da

Das Gewicht nach vorn - so geht es den Berg hoch Foto: Werk

Das zeigt sich am Ende des Kurses, als wir eine 40-prozentige Steigung hinauffahren. Das hört sich nicht viel an, doch wenn der Untergrund aus Geröll besteht, sieht das schon anders aus. Hätte mir jemand am Anfang des Kurses gesagt, dass ich da hoch soll, ich hätte abgewunken. Doch jetzt sieht es anders aus.

Klar, der Respekt ist da, ein leicht mulmiges Gefühl auch. Aber Tom hat uns gut vorbereitet, entsprechend sicher kommen wir den Berg rauf: Wir stehen auf den Fußrasten, das Gewicht ist weit nach vorn geneigt, so wie es sein soll. Und runter klappt es auch, im zweiten Gang und Motorbremse, zwei Finger liegen am Bremshebel. «Gut gemacht», lobt uns Tom.

Das Berganfahren auf Geröll verlangt Gleichgewichtsgefühl. Foto: Werk

Angesichts der Fortschritte, die unsere Gruppe bei diesem Fahrertraining bereits in kürzester Zeit gemacht hat, kann der Besuch einer solcher Veranstaltung nur jedem Biker empfohlen werden. «Wer im Sport besser werden will, trainiert. Doch leider glauben viele Motorradfahrer, sie könnten schon alles und müssten nicht trainieren», sagt Tom, der tagtäglich mitbekommt, dass selbst langjährige Biker noch eine Menge dazu lernen können. «Wer sich im Gelände sicher fühlt, ist auch auf der Straße sicherer unterwegs», fügt er hinzu.

Ein kurzer Stopp zur Erholung Foto: Werk

Das zeigt sich am Ende des Kurses, als wir eine 40prozentige Steigung hinauffahren. Das hört sich nicht viel an, doch wenn der Untergrund aus Geröll besteht, sieht das schon anders aus. Hätte mir jemand am Anfang des Kurses gesagt, dass ich da hoch soll, ich hätte abgewunken. Doch jetzt sieht es anders aus. Klar, der Respekt ist da, ein leicht mulmiges Gefühl auch. Aber Tom hat uns gut vorbereitet, entsprechend sicher kommen wir den Berg rauf: Wir stehen auf den Fußrasten, das Gewicht ist weit nach vorn geneigt, so wie es sein soll. Und runter klappt es auch, im zweiten Gang und Motorbremse, zwei Finger liegen am Bremshebel. «Gut gemacht», lobt uns Tom.

Kurvig ist das Gelände im Aras Rural Foto: Werk

Angesichts der Fortschritte, die unsere Gruppe bei diesem Fahrertraining bereits in kürzester Zeit gemacht hat, kann der Besuch einer solcher Veranstaltung nur jedem Biker empfohlen werden. «Wer im Sport besser werden will, trainiert. Doch leider glauben viele Motorradfahrer, sie könnten schon alles und müssten nicht trainieren», sagt Tom, der tagtäglich mitbekommt, dass selbst langjährige Biker noch eine Menge dazu lernen können. «Wer sich im Gelände sicher fühlt, ist auch auf der Straße sicherer unterwegs», fügt er hinzu.

Kein billiges Vergnügen

Thomas Wolf beim Briefing der Teilnehmer Foto: Werk

Und so ist es auch. Das Training auf Sand, über spitze Steine und Geröll bringt Sicherheit für die Straße. Das merkt man nach den vier Tagen in Aras bei der ersten Ausfahrt mit der eigenen Straßenmaschine im heimatlichen und viel zu kalten Deutschland. Das Fahrtraining in Aras ist nicht ganz billig. Für die vier Tage sind rund 1450 Euro fällig, ohne Flug allerdings. Doch dieses Geld sollte einem die eigene Sicherheit wert sein.

Es geht aber auch billiger: BMW bietet seine Enduro-Trainings mit der HP2 außer in Aras Rural auch in Hechlingen, am Erzberg in Österreich und in Groß Dölln bei Berlin an. Mit enormen Zuspruch, wie Tom sagt. An den Motorrad-Fahrertrainings nahmen seit Beginn 1993 bislang über 14.000 Personen teil.

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