«Wachsen schneller als unsere Hauptwettbewerber»

Mercedes-USA-Chef Steve Cannon

«Wachsen schneller als unsere Hauptwettbewerber»
Steve Cannon ist USA-Chef von Mercedes. © Daimler

Mercedes befindet sich in den USA auf Wachstumskurs. Im Interview mit der Autogazette spricht USA-Chef Steve Cannon über die Ziele in 2013, neue Produkte und darüber, ob man in diesem Jahr an BMW vorbeiziehen kann.

Der Autobauer Mercedes-Benz geht in diesem Jahr von einem neuen Rekordabsatz in den USA aus und rechnet damit, die Marke von 300.000 Einheiten zu knacken. «Wir sind optimistisch, dass uns dies gelingt», sagte Mercedes-USA-Chef Steve Cannon im Interview mit der Autogazette. «Wir haben bereits im ersten Quartal einen Rekordabsatz mit über 69.000 Einheiten erzielt und auch im April mit 23.635 Einheiten ein Plus von 5,8 Prozent erreicht. Zugleich wachsen wir schneller als der Gesamtmarkt und schneller als unsere Hauptwettbewerber», sagte Cannon. «Entsprechend gehen wir davon aus, dass auch 2013 für uns ein neues Rekordjahr wird.»

Weiterer Absatzschub durch CLA und S-Klasse

Cannon zeigte sich zuversichtlich, dass es Mercedes-Benz schon in diesem Jahr gelingen kann, mit der Kernmarke an BMW vorbeizuziehen. «Wir befinden uns bereits jetzt auf Wachstumskurs, obwohl wichtige Produkte wie die neue S-Klasse oder der im September auf den Markt kommende CLA noch gar nicht angeboten werden. Diese beiden Modelle werden uns im vierten Quartal nochmals einen deutlichen Absatzschwung geben. Das sind die besten Prämissen, um bereits in diesem Jahr Marktführer im Premiumsegment zu werden.»

«E-Klasse wird gerade erst in USA eingeführt»

Die überarbeitete Mercedes E-Klasse kostet mindestens 40.000 Euro.
Die Mercedes E-Klasse Daimler

Autogazette: Herr Cannon, Mercedes befindet sich in den USA auf ungebremsten Wachstumskurs. Werden Sie nach den 274.000 Einheiten des Vorjahres in diesem Jahr schon die Marke von 300.000 Einheiten knacken?

Steve Cannon: Wir sind optimistisch, dass uns dies gelingt. Wir haben bereits im ersten Quartal einen Rekordabsatz mit über 69.000 Einheiten erzielt und auch im April mit 23.635 Einheiten ein Plus von 5,8 Prozent erreicht. Zugleich wachsen wir schneller als der Gesamtmarkt und schneller als unsere Hauptwettbewerber. Und das ist uns ohne unsere neuen Produkte gelungen, denn die E-Klasse wird gerade erst in den USA eingeführt. Entsprechend gehen wir davon aus, dass auch 2013 für uns ein neues Rekordjahr wird.

Autogazette: Sie konnten in den ersten vier Monaten mit rund 93.000 Einheiten um 10,7 Prozent zulegen. Warum läuft es für Sie in den USA derzeit so gut?

Cannon: Es liegt natürlich in erster Linie an den Produkten. Wir können uns über eine sehr große Nachfrage nach dem SL und dem GL freuen, die bei uns derzeit heiß begehrt sind. Auch die Nachfrage nach der C-Klasse, unserem Volumenmodell, ist sehr, sehr gut. Diese Modelle sind hervorragend in den USA angenommen worden.

«Auf Augenhöhe mit BMW»

Der neue Mercedes CLA.
Der Mercedes CLA Daimler

Autogazette: Die BMW Group war im Vorjahr mit 347.000 verkauften Fahrzeugen, darunter 66.000 Mini, der erfolgreichste Premiumhersteller in den USA. Ab wann wollen Sie mit den Bayern auf Augenhöhe sein beziehungsweise ihren Konkurrenten überholt haben?

Cannon: Wir befanden uns bereits im Vorjahr auf Augenhöhe mit BMW. Wenn wir einen solchen Vergleich anstellen, dann müssen wir die Kernmarken vergleichen. Wenn man dies tut und die Marke Mini bei BMW herausrechnet, dann trennten uns in 2012 nur rund 7000 Einheiten. Bis November lagen wir vor BMW, erst im Dezember wurden wir überholt.

Autogazette: Also kann es Ihnen schon in diesem Jahr gelingen, mit der Kernmarke an BMW vorbeizuziehen?

Cannon: Das ist auf jeden Fall ein großer Ansporn! Wir befinden uns bereits jetzt auf Wachstumskurs, obwohl wichtige Produkte wie die neue S-Klasse oder der im September auf den Markt kommende CLA noch gar nicht angeboten werden. Diese beiden Modelle werden uns im vierten Quartal nochmals einen deutlichen Absatzschwung geben. Das sind die besten Prämissen, um bereits in diesem Jahr Marktführer im Premiumsegment zu werden.

«CLA wichtigstes Modell der zurückliegenden Jahre»

Die C-Klasse ist das Streitobjekt
Die C-Klasse von Mercedes Daimler

Autogazette: Den CLA werden Sie im September zu einem Preis von 29.900 US Dollar auf den Markt bringen. Damit ist er das neue Einstiegsmodell der Marke in den USA. Ist er für Sie perspektivisch für Ihren Wachstumskurs das wichtigste Modell der Marke?

Cannon: Der CLA ist ohne Frage das wichtigste Modell der zurückliegenden Jahre für uns. Er wird neue Kunden zur Marke Mercedes-Benz bringen. Der CLA wird unser Eroberungsfahrzeug Nummer eins werden. Deshalb haben wir auch mit 29.900 US Dollar einen derart attraktiven Einstiegspreis gewählt, es ist ein «Wow-Preis», wie uns die Resonanz der Kunden zeigt. Es war wichtig, unter der psychologisch so wichtigen 30.000 Dollar-Grenze zu bleiben.

Autogazette: Das bisherige Einstiegsmodell war die Mercedes C-Klasse, die Sie für 36.000 US Dollar angeboten haben und von der sie rund 80.000 Einheiten abgesetzt haben. Wird sich der CLA auch in dieser Größenordnung bewegen?

Cannon: Nein, das werden wir nicht erreichen, auch aus produktionstechnischen Gründen nicht. Bei der C-Klasse muss man zudem berücksichtigen, dass wir diese Absatzzahl über mehrere Lifecycle hinweg erreicht haben. Eine derart hohe Absatzzahl bekommt man nicht auf Anhieb hin. Ich bin aber sicher, dass der CLA zu einem unserer wichtigen Volumenbringer werden wird.

«Zweistelliges Wachstum für Mercedes»

Autogazette: Wie sehr schauen Sie im Wettbewerb der Premiumhersteller derzeit auf Audi? Die VW-Tochter kommt nach vier Monaten zwar nur auf einen Gesamtabsatz von 47.343 Einheiten, legte aber um 15,5 Prozent zu?

Cannon: Wir achten natürlich auch auf Audi. Audi ist in den USA sehr gut unterwegs, auch wenn sie derzeit nur auf die Hälfte unseres Absatzvolumens kommen. Unsere Hauptwettbewerber sind BMW, Lexus und Audi.

Autogazette: Von welchem Wachstum gehen Sie in diesem Jahr auf dem US-Markt aus, Experten prognostizieren ein Plus von fünf Prozent. Teilen Sie diese Auffassung?

Cannon: Ich gehe zwar nicht von einem zweistelligen Wachstum aus, aber ich denke, dass es besser ausfallen wird als diese fünf Prozent. Im vergangenen Jahr kamen wir auf einen Gesamtmarkt von 14,5 Millionen Einheiten. Wenn sich der Markt so weiter entwickelt wie bisher, dann ist höheres Wachstum möglich, vor allem weil gerade die zweite Jahreshälfte stärker sein wird als die erste. Für Mercedes gehen wir von einem zweistelligen Wachstum aus.

Autogazette: Sie rechnen also mit einem Gesamtmarkt von 15,3 Millionen?

Cannon: Die derzeitigen Prognosen für 2013 gehen von einem Gesamtmarkt von 15,2 Millionen Einheiten aus, wir sind hier etwas zuversichtlicher. Im vergangenen Jahr war man von einem Gesamtmarkt von 13,8 Millionen ausgegangen, geworden sind es 14,5. Wir denken, dass es auch in diesem Jahr positivere Tendenzen gibt. Das sieht man auch an der Erholung des Aktien- und des Immobilienmarktes, der sich wieder verbessert. Das sind wichtige Indikatoren für das Premium-Segment.

«Freuen uns, dass unsere Stimme gehört wird»

Der Mercedes Concept GLA wird in Shanghai präsentiert.
Der Mercedes GLA Concept Daimler

Autogazette: Wo sehen Sie den US-Markt perspektivisch? Im Jahr 2008 lag er einmal bei 17 Millionen.

Cannon: Ich denke, dass wir im Jahr 2015 wieder das Niveau des Jahres 2008 mit rund 17 Millionen Fahrzeugen erreichen könnten.

Autogazette: Wird die USA damit mittelfristig nicht auch der wichtigste Premiummarkt noch vor China bleiben?

Cannon: Derzeit sind wir der wichtigste Einzelmarkt für Mercedes-Benz, doch unser Unternehmen ist dabei, seine Position in China auszubauen. Wir glauben, dass China mittelfristig mehr Autos verkaufen wird als wir…

Autogazette: ...Mercedes will bis 2015 in China 300.000 Autos absetzen. Entsprechend werden Sie aber noch für geraume Zeit wichtiger sein...

Cannon: ...natürlich freuen wir uns darüber, dass unsere Stimme in Stuttgart gehört wird und wir noch der wichtigste Einzelmarkt sind, aber China wird zunehmend stärker werden.

Autogazette: Sie bringen bis zum Jahr 2015 sieben neue Modelle auf den Markt...

Cannon: ...lassen Sie uns hier über die Langfristziele sprechen. Das bedeutet, dass wir bis zum Jahr 2020 insgesamt 30 neue Modelle auf den Markt bringen. Das bedeutet, dass wir im Durchschnitt alle drei Monate ein neues Fahrzeug auf den Markt bringen werden. Das zeigt, wie stark unsere Produktoffensive ist und schafft hervorragende Voraussetzungen, in den USA weiter zu wachsen.

Autogazette: In Shanghai hat Mercedes gerade den GLA vorgestellt, der in 2014 auf den Markt kommen wird. Kommt dem GLA die gleiche Bedeutung wie dem CLA zu?

Cannon: Dieses Auto wird sehr wichtig sein, da das Small Cross Over-Segment stark wächst. Mit dem GLK, unserem jetzigen Einstiegsmodell in diesem Segment, haben wir in den USA eine Eroberungsrate von etwa 50 Prozent. Der GLA wird sicherlich ein gleiches, wenn nicht sogar noch größeres Potenzial haben.

«Unser Durchschnittspreis liegt bei 56.000 US Dollar»

Autogazette: Ihre Kollegen von Audi ließen gerade wissen, dass deren Kunden immer mehr Geld ausgeben würden. So sei der Preis in den zurückliegenden drei Jahren um 10.000 auf 52.000 US Dollar angestiegen. Wie schaut die Tendenz bei Ihnen aus?

Cannon: Unser Durchschnittspreis ist in den zurückliegenden Jahren auch gestiegen, liegt derzeit bei 56.000 US Dollar. Die Preisdurchsetzung verbessert sich für uns jedes Jahr, es geht tendenziell nach oben.

Autogazette: Sind Sie manchmal eigentlich etwas neidisch auf die Kollegen, die ein Auto wie den Mini anbieten können, der sich im Vorjahr 66.000 Mal verkauft hat? Sie haben dem ja nichts entgegen zu setzen.

Cannon: Mini macht tatsächlich einen super Job in den USA, um die Marke weiter nach vorne zu bringen. Doch neidisch bin ich nicht. So haben wir mit dem GL ein Produkt im Angebot, das BMW nicht hat. Und mit unserer Produktoffensive schließen wir Lücken und bringen mit dem CLA ein weiteres Auto auf den Markt, das unser Wettbewerber derzeit nicht im Portfolio hat.

Das Interview mit Steve Cannon führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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