Autonomes Fahren: Unwissenheit schürt Unsicherheit

Abseits juristischer Hindernisse

Autonomes Fahren: Unwissenheit schürt Unsicherheit
Nicht jeder Autofahrer möchte vom Steuer lassen. © Daimler

Die Umfrage in der Autogazette zeigt auf, dass Autonomes Fahren noch nicht bei jedem ankommt. Technisch ist fast alles geregelt, doch jenseits von juristischen Hindernissen zählt auch noch der Faktor „Mensch“.

Von Thomas Flehmer

Die Autohersteller zeigen sich für das autonome Fahren gerüstet. Mercedes absolvierte mit einer S Klasse 100 Kilometer autonom von Mannheim nach Pforzheim, Audi pilotiert in den USA, Volvo demnächst in Göteborg. Das autonome Fahrzeitalter kann also beginnen – eigentlich. "Technisch ist alles möglich", sagt Hubert Paulus der Autogazette, "aber in der Praxis sind wir noch nicht so weit."

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Der Sicherheitsspezialist des ADAC meint damit zwar auch noch vorhandene technische und auch juristische Hürden, aber zuvorderst auch den Faktor "Mensch". Denn der Endverbraucher ist noch nicht auf das Thema eingestimmt, wie auch die aktuelle Umfrage der Autogazette unterstreicht. 45 Prozent der Teilnehmer würden nicht in ein autonom fahrendes Auto einsteigen, 43 Prozent schon, neun Prozent sind sich unsicher, drei Prozent haben noch keine Meinung.

Dabei sind die Hersteller bei der "Vision Zero", dem Autofahren ohne Verkehrstote, schon sehr weit vorangekommen. „Kombiniert man bestehende Systeme wie Abstandsmessung, Spurhalteassistent und automatische Geschwindigkeitsregelung, können Fahrzeuge gewisse Strecken ohne Eingriff des Lenkers absolvieren, beispielsweise auf Autobahnen“, sagt Jörg Ahlgrimm, Leiter der Unfallanalyse bei DEKRA.

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Besonders wichtig sind für Ahlgrimms Kollegen Paulus dabei der Notbrems- und Spurhalteassistent. Verbunden mit einem Abstandstempomaten könnte dann bis zu einer gewissen Geschwindigkeit das Auto im Stau die Aufgaben des Fahrers übernehmen und ihn entlasten, wie es bereits zum Teil in einigen Oberklasse-Limousinen bis zu einem bestimmten Grad möglich ist. "Die Systeme brauchen wir, aber es ist ein weiter Weg, dass der Fahrer die Systeme richtig einsetzt", so Paulus weiter.

Denn zumeist haben die Fahrer Berührungsängste mit den elektronischen Helferlein, da sie beim Kauf nicht richtig eingewiesen wurden. Manche Händler kennen selber die Systeme nicht genau. Zudem ist es sehr aufwändig, die Systeme zu erklären“, sagt Paulus. "Dabei muss doch gerade der Autofahrer mitgenommen werden."

Videos als Hilfe für Autofahrer

Der Experte für technische Sonderaufgaben beim Verkehrsclub schlägt deshalb vor, Videos einzusetzen, die dem Autofahrer die Systeme anschaulich darstellen. Solche Videos gäbe es laut Paulus auch schon, doch sie "bleiben in Besitz der Hersteller und Händler. Dabei gehören diese Videos zur Bedienungsanleitung", damit auch die Berührungsängste ab- und Wissen aufgebaut werden können. "Die Fahrer müssen das System kennenlernen."

Paulus sieht Parallelen zum ABS. Als der Schleuderblocker eingeführt wurde, gab es auch die Meinungen, dass damit der Bremsweg verkürzt werde. Dabei hilft das Anti-Blockier-System beim Umfahren von Hindernissen.

Doch bevor die Systeme kennengelernt werden können, müssten die Autofahrer die zumeist noch teuren Assistenzsysteme sich erst einmal zulegen, ehe laut Paulus in einem zweiten Schritt das teilautonome Fahren "mit dem Fahrer am Lenkrad" beginnen könne. "Wenn wir dann genügend Erfahrungen gesammelt haben, kann an ein voll autonomes Fahren gedacht werden. Das ist aber noch ein langer Zeitraum bis dahin."

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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