VCD: Neues Kältemittel vom Markt nehmen

Greenpeace kritisiert Testverfahren

VCD: Neues Kältemittel vom Markt nehmen
Produktion der Mercedes S-Klasse in Sindelfingen © Daimler

Ungewohntes Lob von den Umweltschutzverbänden erhält Daimler für seinen Vorstoß beim Kältemittel. Dagegen kritisieren die Verbände die Test des KBA und empfehlen, Autos mit dem Kältemittel R1234yf nicht zu kaufen.

Von Thomas Flehmer

Die Umweltschutzverbände Greenpeace und der ökologische Verkehrsclub Deutschland (VCD) haben nach dem Zwischenbericht des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) gefordert, das Kältemittel R1234yf vom Markt zu nehmen. "Es darf nicht sein, dass erst gehandelt wird, wenn Menschen zu Schaden kommen. Wenn selbst das KBA, das lange gar nichts tat, nun nach seinen jetzt halbherzig durchgeführten Versuchen, dem neuen Kältemittel R1234yf ein schlechteres Sicherheitsniveau konstatiert, muss eingegriffen werden", sagte Gregor Kolbe, Projektmanager beim VCD. Zugleich empfiehlt der VCD, Fahrzeuge mit dem neuen Kältemittel R1234yf derzeit nicht zu erwerben.

"Bock zum Gärtner gemacht"

Dabei richtet sich der Blick der Umweltverbände nicht nur allein auf die mögliche Entflammbarkeit des Kältemittels bei Extremtests, sondern auch um die eventuelle Ausströmung von Fluorwasserstoff, einem Kontaktgift, das über die Atemwege und die Haut aufgenommen wird und zu Verätzungen mit lebensbedrohlichen Auswirkungen führen kann.

Greenpeace kritisierte deshalb das Testverfahren, das den Umweltaspekt komplett ausgeblendet habe. "Denn die sogenannten F-Gase zeigen ihre hässliche Seite erst viele Jahre später", so Wolfgang Lohbeck, Verkehrsexperte von Greenpeace, der zudem im Gespräch mit der Autogazette die aus den Versuchen hervorgegangenen Ergebnisse beanstandete.

"Nichtssagendes Zeug"

Lohbeck vermutet, dass das KBA "keiner Partei vors Schienbein treten wollte, darum haben die 'Jein' gesagt. Dieses nichtssagende Zeug ist das Ergebnis der höheren Politik." Zugleich lobte der Greenpeace-Vertreter die Initiative Daimlers,"auf eigenes Risiko sich gegen die USA und deren FCKW-Nachfolger zu stemmen. Dafür danke ich dem Hersteller, das finde ich gut und dazu stehe ich."

Zudem findet Lohbeck es ungerecht, dass Daimler allein in der Kritik stehe. "Auch andere Hersteller wie VW mit dem neuen Golf fahren weiter mit dem alten Kältemittel herum." Darum bricht auch Gerd Lottsiepen, der verkehrspolitische Sprecher des VCD, im Gespräch mit der Autogazette eine Lanze für die Stuttgarter. "Sollten Bestrafungen kommen, müssten die auf alle beteiligten Hersteller verteilt werden." In Frankreich zum Beispiel wurde nur ein Verkaufsstopp für bestimmte Mercedes-Modelle ausgesprochen.

CO2 als Alternative

Lob erntet Daimler auch für seinen Vorstoß, CO2 als Alternative zum jetzigen Kältemittel zu entwickeln. "Wir haben die Entwicklung der CO2-Klimaanlage für unsere Pkw im Vorstand der Daimler AG fest beschlossen und alle dazu notwendigen Prozesse bereits gestartet. Unser Ziel ist die schnellstmögliche Einführung dieser sicheren und klimafreundlichen Technologie in allen unseren Serienautos", hatte Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber am Donnerstag die Haltung des Autobauers untermauert. Auf dem Autosalon in Genf im März dieses Jahres hatte Daimler hierzu einen Schulterschluss mit Audi, Porsche und VW vollzogen.

Lohbeck freut sich auch über diese Ankündigung, setzt jedoch auch auf den Faktor Zeit. "Wir begrüßen Daimlers Vorstoß, schnellstmöglich auf das klimafreundliche und ungefährlichere Kältemittel CO2 umzusteigen. Die gestrige Ankündigung ist ein Signal für alle anderen Autohersteller, es Daimler gleich zu tun." Daimler will spätestens beim Modellwechsel der A- und B-Klasse 2016 Kohlendioxid als Kältemittel einsetzen.

Der ADAC unterstützt ebenso den Vorstoß. "Tests des Automobilclubs haben gezeigt, dass Kohlendioxid als umweltfreundliche und sichere Alternative bestens geeignet ist." Und der Verkehrsclub entkäftigt zugleich den Zeitdruck. "Klimaanlagen mit CO2 als Kältemittel wurden bis zum Jahre 2008 von deutschen Zulieferfirmen bereits fast bis zur Serientauglichkeit entwickelt." Dann fiel die Entscheidung zugunsten von R1234yf – jetzt scheint die Rolle rückwärts zu kommen.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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