Verbraucherschützer rechnet mit Klagewelle

Mögliches Autokartell

Verbraucherschützer rechnet mit Klagewelle
Diese Hersteller stehen unter Verdacht von Kartellabsprachen. © dpa

Klaus Müller erwartet wegen eines möglichen Auto-Kartells eine Klagewelle. Die Kunden hätten deshalb einen zu hohen Preis gezahlt, sagte der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen.

Deutschlands oberster Verbraucherschützer Klaus Müller rechnet wegen des möglichen Auto-Kartells mit einer Klagewelle. Er geht von Zehntausenden Verfahren aus, in denen Autokäufer Schadenersatz für überteuerte Fahrzeuge verlangen könnten. Wegen der im Raum stehenden Absprachen der Hersteller hätten viele Kunden einen «möglicherweise viel zu hohen Preis» für ihre Fahrzeuge gezahlt, sagte der Chef des Bundesverbands der Verbraucherzentralen (vzbv) der «Süddeutschen Zeitung».

Verstoß gegen Kartellrecht wird geprüft

Müller wies auf die angeblichen Selbstanzeigen von Daimler und Volkswagen bei den Wettbewerbsbehörden hin, über die der «Spiegel» erstmals berichtet hatte. Darin sollen die beiden Konzerne schildern, wie sich Automanager von VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler jahrelang in geheimen Zirkeln über ihre Fahrzeuge, Kosten, Zulieferer und auch den Umgang mit dem Thema Diesel-Abgase abgesprochen haben.

EU-Kommission und Bundeskartellamt prüfen, ob die Autohersteller gegen das Kartellverbot verstoßen haben. Es drohen Milliardenstrafen. Die Branche, deren Vertreter zu den Vorwürfen bislang schweigen, steht bereits wegen der Abgasaffäre unter Druck. Die Verbraucherzentrale dringt nun darauf, per Gesetz eine Musterklage möglich zu machen, damit mutmaßlich betrogene Kunden nicht einzeln vor Gericht gehen müssen, sondern sich zusammentun können.

Das gehöre zu den ersten Aufgaben der künftigen Regierung nach der Bundestagswahl im September, sagte Müller. Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU), Bayerns Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) und Bundeswirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD) hatten am Wochenende gefordert, die Vorwürfe schnell aufzuklären.

Hersteller sprechen von Spekulationen

Daimler sprach von "Spekulationen", VW-Chef Matthias Müller in der "Rheinischen Post" (Samstagausgabe) von "Spekulationen und Sachverhaltsvermutungen". Weiter wollte er sich dazu nicht äußern. BMW stellte mit Blick auf die AdBlue-Tanks jedoch klar: "Den Vorwurf, dass aufgrund zu kleiner AdBlue-Behälter eine nicht ausreichende Abgasreinigung in Euro-6-Diesel-Fahrzeugen der BMW Group erfolgt, weist das Unternehmen entschieden zurück."

Einem Bericht der "Süddeutschen Zeitung" zufolge ließ sich die Branche auch nicht durch das 2011 aufgeflogene Lkw-Kartell zurückschrecken. Lediglich Daimler habe sich danach zumindest teilweise aus den geheimen Gesprächsrunden zurückgezogen. Daimler wurde von der EU-Kommission wegen der Teilnahme an Preisabsprachen für Lkws zu einem Bußgeld von knapp 1,1 Milliarden Euro verdonnert. Ob der Teil-Rückzug genügt, um Daimler vor einem neuen Bußgeld zu bewahren, bleibe abzuwarten.

Der Stuttgarter Konzern habe ebenso wie Volkswagen Selbstanzeige bei den Kartellbehörden erstattet. Das solle, ebenso wie bei Steuerhinterziehern, vor Strafe schützen. Daimler führte dem Bericht zufolge 2011 spezielle Kartellrechts-Lehrgänge ein. In diesen haben Juristen der Belegschaft beigebracht, was erlaubt ist und was nicht. Zugleich sollen die Schwaben begonnen haben, sich aus den geheimen Treffen mit VW, Audi, Porsche und BMW teilweise zurückzuziehen.

Außerordentliche Aufsichtsratssitzung gefordert

Der VW-Betriebsrat dringt auf eine außerordentliche Aufsichtsratssitzung. Ein Sprecher sagte der Deutschen Presse-Agentur am Sonntag: "Der Vorstand ist in der Pflicht, das Aufsichtsgremium umfassend zu informieren. Das ist bislang nicht geschehen." Die Grünen verlangen ein Sondertreffen des Verkehrsausschusses im Bundestag. Beantragt werde "eine kurzfristig einzuladende Sondersitzung für Ende Juli", sagte Verkehrsexperte Oliver Krischer. Man wolle so Klarheit über die möglichen "Machenschaften des Autokartells" bekommen, die - sollten sie sich bestätigen - "ungeheuerlich" seien. SPD-Verkehrsexpertin Kirsten Lühmann sprach von einer größeren Dimension der Abgasaffäre als bisher bekannt. (dpa)

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