Kältemittel: EU leitet Verfahren gegen Deutschland ein

Bundesregierung sucht Dialog mit Kommission

Kältemittel: EU leitet Verfahren gegen Deutschland ein
Eine B-Klasse geriet bei Tests mit dem Kältemittel in Brand. © Daimler

Der Streit um das Kältemittel R1234yf geht in die nächste Runde. Die EU hat gegen Deutschland ein Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet. So erlaubt das Kraftfahrt-Bundesamt dem Autobauer Daimler die Verwendung des alten Kältemittels.

Im Streit um das Auto-Kältemittel R1234yf erhöht Brüssel den Druck auf Deutschland. Die EU-Kommission leitete am Donnerstag die nächste Stufe eines Verfahrens wegen Verletzung der EU-Verträge ein. Der Autobauer Daimler hält das Kältemittel für feuergefährlich und verwendet deshalb weiterhin einen Vorläufer - dieser ist aus Klimaschutzgründen in Europa aber inzwischen weitgehend verboten.

Das Brüsseler Verfahren richtet sich gegen die Bundesregierung. So hat das Kraftfahrtbundesamt Mercedes-Modellen mit dem klimaschädlicheren Mittel die Zulassung für den Straßenverkehr erteilt. Berlin hat nun zwei Monate Zeit zum Richtungswechsel. Danach könnte die EU-Kommission entscheiden, Deutschland vor den Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) zu bringen.

Bundesregierung sucht Dialog mit Kommission

Ein EU-Diplomat erklärte: "Die Bundesregierung ist der Auffassung, dass das Vertragsverletzungsverfahren unbegründet ist." Er fügte hinzu: "Sie wird weiter den Dialog mit der Kommission suchen, um sie von ihrer Rechtsauffassung zu überzeugen."

Der Kältemittel-Streit zwischen Deutschland und Brüssel schwelt schon eine Weile. Im Grunde darf das klimaschädlichere alte Kältemittel R134a seit Anfang 2013 für viele Wagen nicht mehr verwendet werden. Doch Experten, Industrie und Politik streiten um die Sicherheit des EU-rechts konformen Nachfolgers R1234yf. Daimler stuft das Mittel nach internen Tests als feuergefährlich ein, bei späteren Versuchen des Kraftfahrtbundesamts kam es ebenfalls zum Brand - allerdings nur unter extremen Bedingungen. Die EU-Kommission hält die Sicherheitsbedenken nach eigenen Tests für unbegründet und pocht auf die Einhaltung europäischen Rechts.

Verfahren im November eingeleitet

Im Januar hatte Brüssel das aktuelle Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet. Solche Verfahren dauern mehrere Monate. Nun hat die Kommission den nächsten Schritt gemacht. Der Zeitpunkt des Beschlusses ist nach Einschätzung von Beobachtern kein Zufall. Im November soll eine neue EU-Kommission ihr Amt antreten. Diplomaten vermuten, die amtierende Kommission wolle ihrem Nachfolger den Kurs in der Auseinandersetzung vorgeben.

Der SPD-Europaabgeordnete Matthias Groote bezeichnete das erlaubte Kältemittel R1234yf aufgrund der Sicherheitsbedenken als "fragwürdigen Ersatz" des Vorläufers. "Anstatt den Fehler einzugestehen, setzt die EU-Kommission Deutschland eine finale Frist, bis zu der die Regierung Daimler zur Nutzung des Mittels zwingen soll." Groote plädierte für Kühlmittel auf Basis von Kohlendioxid (CO2) als Alternative. Daimler arbeitet bereits an CO2-Klimaanlagen und will diese ab 2017 auf den Markt bringen.

Ähnlich äußerte sich der EU-Parlamentarier Michael Theurer (FDP): "Sicherheit ist (...) ein entscheidender Faktor im Straßenverkehr, für Verkehrsteilnehmer ebenso wie für Rettungskräfte, und darf nicht im Namen des Umweltschutzes vernachlässigt werden."

Das Vorgehen der EU wurde von Honeywell, einem der Hersteller des neuen Kältemittels, begrüßt. “Damit hilft die Kommission, wesentliche Umweltvorteile zu sichern und bereitet der Automobilbranche den Weg für den Ausstieg aus dem bisher verwendeten Kältemittel HFC-134a, einem Treibhausgas mit 1.300-mal höherer Emissionsbelastung als Kohlendioxid“, teilte Honeywell in einer Presseerklärung mit. „Das neue Fahrzeug-Kältemittel hat ein Erderwärmungspotenzial (GWP) von unter eins, und liegt damit sogar unter dem von Kohlendioxid. Folglich reduziert HFO-1234yf den Treibhauseffekt im Vergleich zu HFC-134a um 99,9 Prozent“, so Honeywell weiter. (AG/dpa)

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