Bei Jaguar werden selbst Oldtimer elektrifiziert

Tech-Fest in London

Bei Jaguar werden selbst Oldtimer elektrifiziert

Jaguar und Land Rover zeigen breite Brust. Bis 2020 will der Autobauer alle seine Modelle elektrifizieren. Und dabei macht man selbst vor Oldtimer nicht halt.

Im Vergleich zu den Riesenkonzernen in Wolfsburg, Detroit oder Toyota City sind die ur-britische Marken Jaguar und Land Rover eher kleine Spieler, verkauften gemeinsam im letzten Jahr weniger als 600.000 Autos. Dennoch gibt keine britische Firma mehr Geld für Forschung und Entwicklung aus.

Chef Ralf Speth, der aus der Nähe von Nürnberg stammt, kann also mit breiter Brust die Leistungsshow seiner Ingenieure eröffnen. Das erste TechFest von Jaguar Land Rover, das unweit des Zentrums die Londoner anlocken soll, zeigt frühere, heutige und künftige Modelle und Ideen. Speth kündigte an, dass aber 2020 jedes neue Modell von Jaguar und Land Rover einen elektrifizierten Antriebsstrang für interessierte Kunden bereithält. Entweder als rein elektrischer Modell oder als Mixtur zwischen Verbrennungs- und E-Motor mit aufladbarem Akku (Plug-In). Im Angebot aber auch die sogenannte „Mild-Hybrid-Technik“, die nur als Unterstützung des klassischen Triebwerks dient, das Auto aber nur wenige Meter elektrisch fahren lässt.

E-Type wird elektrifiziert

In London geht es aber auch um einen der berühmtesten Klassiker mit dem Jaguar-Kopf als Logo. Der E-Type von 1968, jener Zweisitzer mit der endlos langen Kühlerhaube, dem knuffigen Hinterteil und dem edlen Innenleben eines echten Roadsters. Die Spezialisten der Klassik-Abteilung von Jaguar haben ihrem besten Stück die Segnungen der Neuen Zeit spendiert. Ein 220 kW/300 PS starker Elektromotor, der von einer Lithium-Ionen-Batterie versorgt wird, sitzt an gleicher Stelle, wo sich einst die Zylinder austoben konnten. Gegenüber dem Original wurden nur das Armaturenbrett mit modernen Instrumenten und die Scheinwerfer (jetzt LED-Technik) verändert.

So stellt sich Jaguar für 2040 ein Future Car vor. Jaguar

Natürlich ist dieser E-Type ein Einzelstück und sicher unverkäuflich. Er zeigt aber laut Jaguar, wie Oldtimern ein blitzsauberes Weiterleben ermöglicht werden kann. Dabei wiegt der Umbau deutlich weniger als zuvor und ist mit 5,5 Sekunden auf 100 km/h eine glatte Sekunde schneller. Die Fans der Ikone dürfte es freuen: Zwar ist der röhrende Sound verschwunden, dafür können sie sich die Mitnahme einer Kiste mit vielen Ölkanistern ersparen. Denn der Original-Motor des E-Type ist für seinen gierigen Konsum an Motorenöl berüchtigt. Wenn das surrende E-Aggregat letztlich doch nicht gefällt, kann alles wieder rückgängig gemacht werden. Umbauzeit gut eine Woche. Übrigens können alle Jaguar-Klassiker mit dem bekannten XK-Motor eine Herzverpflanzung bekommen, also nicht nur der E-Type. Über die Kosten verrät Jaguar derzeit noch nichts.

Jaguar I-Pace kommt nächstes Jahr

Der Jaguar I-Pace Jaguar

Ganz anders der Blick auf das wahre Morgen im Hause Jaguar, das schon im nächsten Jahr beginnt. Der Jaguar I-Pace ist das erste rein elektrisch angetriebene SUV und rollt 2018 auf die Straßen. Der Tesla-Konkurrenz soll 294 kW/400 PS leisten, 700 Newtonmeter an Durchzugskraft an alle Räder schicken und in nur vier Sekunden auf Tempo 100 spurten. Die theoretische Reichweite soll bei rund 500 Kilometern liegen. Bei alledem ist der I-Pace mit nur 4,68 Metern Länge recht kompakt, bietet dank langem Radstand aber ausreichend Platz im Innenraum und einen 530 Liter großen Kofferraum. Der Preis soll bei rund 80.000 Euro liegen. Genaue Daten gibt es nächste Woche, wenn der I-Pace die IAA rocken will.

Es ist noch lang hin, bis das Jahr 2040 eingeläutet wird. Auf dem TechFest in London zeigt Jaguar seine Vision, wie ein Auto aussehen könnte, das erst in 22 Jahren zu haben sein wird. Das Denkmodell „Future Type“ kann nicht angefasst oder bestiegen werden, es existiert nur im Computer, wie ein Objekt aus einem Playstation-Spiel. Ob wir uns wirklich in so einem Gefährt transportieren lassen werden, dass an Phantasien der Macher diverser „Star-Wars“-Filme erinnert, bleibt offen. Die Katze der Zukunft soll sich lautlos elektrisch anschleichen können und dabei auf die Fahrkünste eines Menschen verzichten können. Komplett autonom also, aber dennoch mit einem kunstvoll gestalteten Lenkrad ausgerüstet, das seine Schöpfer „Sayer“ getauft haben.

Mit ihm kann der künftige Eigner auch mal selbst Hand anlegen, wenn ihn der Hafer sticht. Das Volant kann aber auch abgenommen und mit nach Hause genommen werden. Es ist mit künstlicher Intelligenz versehen und soll das häusliche Leben revolutionieren, Helfer in vielen Lebenslagen sein und viele Aufgaben bewältigen. Im Grunde die gleiche Idee, die einem Amazon Alexa oder Google Home zu Grund liegt. Aber das eben in Form eines Lenkrads. Da sind den Träumern von Jaguar wohl etwas die Pferde durchgegangen. Nett anzuschauen ist „Sayer“ aber allemal. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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