Honda Africa Twin: Die Legende kehrt zurück

Heiße Konkurrenz für BMW R 1200 GS

Honda Africa Twin: Die Legende kehrt zurück
Honda hat die Africa Twin neu aufgelegt © Honda

Für viele war die African Twin das Motorrad schlechthin. 16 Jahre nach dem Produktionsende der ersten Auflage hofft Honda mit der aktuellen Reisenduro auf ähnliche Erfolge – in Deutschland aber erst ab dem kommenden Jahr.

Die gute Nachricht: Bis Ende April haben die deutschen Honda-Händler nach Angaben des Industrieverbandes Motorrad (IVM) bereits 1470 Stück der neuen Africa Twin zulassen können – Rang zwei hinter der „ewigen“ BMW R 1200 GS. Die schlechte Nachricht: Bis zum Ende des Jahres wird die Zahl nicht höher als auf 2550 steigen können, denn so viele Fahrzeuge konnte Honda Deutschland fürs erste Jahr in Japan bestellen.

Bleibt der deutsche Motorradmarkt auf dem gegenwärtigen Wachstumskurs von 2,2 Prozent, wird die Honda ihren zweiten Platz kaum halten können. Wer die mit Einliter-Zweizylinderreihenmotor (70 kW/95 PS) ausgerüstete CRF1000L Africa Twin gefahren hat, vermag den Run der Honda-Freunde auf dieses Bike durchaus nachzuvollziehen.

Leistung der Honda Africa Twin wächst signifikant

Ein Grund für den Erfolg ist, dass die neue Africa Twin bereits auf den ersten Blick als Nachfahrin der Legende zu erkennen ist: Die Speichenräder mit goldfarbenen Felgenbetten, aber auch die Fahrzeugproportionen orientieren sich stark an den Ur-Modellen, deren Bau im Jahr 2000 eingestellt worden ist; bis 2003 gab’s noch Restbestände. Und sie wirkt schlank, auch wenn sie nicht wirklich leicht ist. Wer sie anschaut, nimmt ihr auf Anhieb ab, dass man auch mit der neuen Africa Twin problemlos von München nach Kapstadt reisen könnte. Unter Fernreisenden waren die Modelle RD04 und RD07 nicht zuletzt wegen ihrer Robustheit und ihrer Zuverlässigkeit hoch geschätzt.

Statt eines 750 ccm-V-Motors mit 60 PS weist die aktuelle Africa Twin einen 1000er-Paralleltwin mit 95 PS auf. Eine zeitgemäße Motorisierung, aber doch leistungsmäßig weit unter der momentanen Reiseenduro-Spitzenklasse angesiedelt: KTM und Ducati liegen bei bis zu 160 PS, Triumph bei 139, BMW und Aprilia bei 125 PS. Auch in punkto elektronische Fahrhilfen hält sich die Honda eher zurück: Klar gibt es ein ABS (außer bei der nur dieses Jahr erhältlichen und wohl selten gefragten Standardversion), und auch eine Traktionskontrolle ist bestellbar. Das war es aber auch schon. Fährt man die CRF10000L auf der Straße und im nicht allzu schweren Gelände, erscheint sie als typische Honda: Als „rundes“, nämlich sehr ausgewogenes und leicht zu handhabendes Motorrad.

DCT wird favorisiert

Honda hat die Africa Twin neu aufgelegt
Der passende Gang wird automatisch eingelegt Honda

Der Twin fühlt sich gut an, tönt gut und zieht auch bei niedrigen wie mittleren Drehzahlen angenehm, ein wenig ähnlich dem seligen V2. Die konventionelle Sechsgang-Schaltbox ist gut abgestimmt, die Gangwechsel funktionieren leicht und präzise. Braucht man das elektronisch gesteuerte Schaltgetriebe DCT? Eindeutige Antwort: Ja! Die jüngste Entwicklungsstufe des vielstufig agierenden Doppelkupplungsgetriebes wiegt zwar nach wie vor zehn Kilo mehr als das Sechsganggetriebe, aber dieses Gewicht wie auch der Mehrpreis von 1120 Euro sind gut angelegt.

Während der Vorteil auf der Straße primär darin liegt, dass die Gangwechsel blitzschnell ohne Zugkraftunterbrechung verlaufen (egal ob manuell vom Fahrer oder vom Steuergerät initiiert), zeigt es seine besten Seiten auf Geländefahrten: Wo man in kniffligen Situationen schalten oder mit der Kupplung arbeiten muss, genügt es beim Vorhandensein des DCT, sich auf die zu fahrende Linie zu konzentrieren – ein immenser Vorteil! Denn der jeweils passende Gang wird automatisch eingelegt.

Honda Africa Twin mit beträchtlicher Bodenfreiheit

Honda hat die Africa Twin neu aufgelegt
Bis zu 199 km/h schafft die Honda Africa Twin Honda

Weiterhin positiv bei Offroad-Fahrten: Die Bodenfreiheit von 25 Zentimetern ist beträchtlich, das Hinterrad-ABS kann leicht deaktiviert werden und die Traktionskontrolle weist einen Offroad-Modus auf, der dem Hinterrad viel Schlupf gewährt, um stets genügend Vortrieb zu generieren. Ein Druck auf die G-Taste im Cockpit genügt, um offroad obenauf zu sein (die passenden Reifen vorausgesetzt). Einen Pluspunkt bei Geländefahrten stellt die Räderkombination von 21 Zoll vorne und 18 Zoll hinten dar; die moderaten Reifenbreiten sind ebenfalls vorteilhaft. Im Straßenbetrieb sind die Nachteile dieser Dimensionierung marginal; zudem zeigt sich die Honda als sehr gut austariert.

Auch in der Handhabung und in punkto Ergonomie überzeugt die 199 km/h schnelle Maschine: Schalter und Hebel sind hochwertig ausgeführt, das große Anzeigeinstrument ist ausreichend gut ablesbar. Auch Sitzposition, Lenkerbreite, Lenkeinschlag und Windschutz gefallen. Und vielen Details merkt man an, dass Honda große Rallye-Erfahrungen hat; beispielhaft genannt seien die leicht verstellbaren Fußrasten.

Nicht ganz zu überzeugen vermochten die Zubehör-Gepäckkoffer; ihre Deckel ließen sich nur schwer schließen, und dass sie – japantypisch – stets abgeschlossen werden müssen, nervt auf Tour. Nicht zufriedenstellend ist weiterhin die maximale Zuladung von 195 Kilogramm; ist reichlich Zubehör wie Stahl-Schutzbügel, Motor-Unterschutz, Zusatzbeleuchtung, Kofferhaltebügel und Koffer etc. montiert, wird’s im Soziusbetreib schnell eng. Vorteilhaft wäre das Vorhandensein eines kleinen Ablagefachs für Mautkarten, Kleingeld und ähnliches.

Honda Africa Twin ab 12.700 Euro

In Summe vermag die Honda CRF1000L Africa Twin zu überzeugen, und zwar auf Asphalt wie offroad. Der Preis der ABS-Version von 12.700 Euro erscheint angemessen, doch wir würden zur DCT-Variante für 13.820 Euro greifen: Sie vermittelt mehr Fahrspaß und erleichtert zudem das Fahren im Gelände spürbar.

Zeigt sich die Honda auf lange Sicht ähnlich zuverlässig wie die einstige XRV750, könnte die Africa Twin erneut zum Dauerläufer im Honda-Programm werden. Und nicht nur im Einführungsjahr in der Zulassungsstatistik vorne mitmischen. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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