Über Spikes zum Winterreifen

Premiere bei Falken

Über Spikes zum Winterreifen
Mit Spikereifen von Falken über den zugefrorenen Pätsinperä-See. © AG/Flehmer

Trotz Winterreifen-Pflicht verschmähen so manche Autofahrer in Deutschland noch Pneus für die kalte Jahreszeit. In Finnland würden dagegen selbst Reifen mit Schneeketten kaum für ein geordnetes Vorankommen sorgen.

Von Thomas Flehmer

Autofahrer früherer Generationen können sich noch an das Klackklackklack erinnern, das Winterreifen mit Spikes in Deutschland bis 1975 verursachten, ehe sie verboten wurden, da sie auf schneelosem Terrain dem Asphalt Schäden zuführten. Dafür gibt es seit einigen Jahren eine Winterreifenpflicht, die allerdings bei nicht allen Fahrzeugführenden auf offene Ohren stößt. Der Vergleich zwischen Winterreifen mit so genannten Studs und ganz normalen Winterreifen könnte selbst Winterreifenmuffel zum Umdenken bewegen.

Spikereifen halten Balance auf Schnee und Eis

„Die Spikes beißen sich förmlich in den Schnee. Das Hartmetall gibt Grip“, sagt Jaap Leendertse, bei Falken Tyres zuständig für die Reifenentwicklung und Konstruktion. Das mit 33 Jahren noch junge Unternehmen im sonst recht traditionell bestückten Reifensegment hat seinen ersten Spike-Reifen auf den Markt gebracht und verdeutlicht auf dem zugefrorenen Pätsinperä-See in der Nähe der finnischen Stadt Kuusamo nahe der Grenze zu Russland die deutlichen Unterschiede zwischen Winter- und Spikereifen.

Auf den Parcouren der Kankkunen Driving Academy des viermaligen Rallye-Weltmeisters Juha Kankkunen schießen die mit dem Espia Ice bestückten Audi A3 über den See und bewahren trotz ausgeschaltetem ESP und durch die Fahrer verstärkten Druck zum Driften die Balance auf den Kurven und bei Slalomfahrten.

Feinstaub-Regeln für Spikereifen

Der Falken Espia Ice wird mit bis zu 140 Studs bestückt.
Der Falken Espia Ice wird mit bis zu 140 Studs bestückt. Falken

60 Spikes pro Meter, zwischen 109 und 140 Spikes sind in den Reifen je nach Größe installiert. Der Körper der Spikes besteht aus Aluminium, das Innenleben der kleinen Einsätze aus Wolframcarbid, dem härtesten Metall der Welt. Doch auch im hohen Norden müssen Auflagen bewältigt werden. Die Reifen dürfen lediglich 1,1 Gramm Feinstaub pro 400 Umdrehungen erzeugen“, sagt Leendertse, „somit müssen die Studs kleiner werden.“ Seit 2013 gibt es neue Regelungen, die nächsten Vorschriften werden kommen. „Wir müssen deshalb versuchen, die Latte immer höher zu legen“, so der Amsterdamer.

Rund vier Jahre Zeit für die Entwicklung geben sich die Verantwortlichen für die Spike-Reifen. Auch wenn die Pneus in Deutschland kein Thema sind, in der Schweiz und Österreich aber auf Nebenstrecken benutzt werden können, so hat sich mit der Öffnung des russischen Marktes ein regelrechter Boom entwickelt. „Früher waren es kleine Stückzahlen“, sagt Leendertse, „heute gibt es durch den russischen Bedarf für 280 Millionen Kunden.“

Ein- und ausfahrbare Spikes im Winterreifen

Doch auch die kontinuierliche Fort-Entwicklung der Studs könnte auch für Deutschland wieder ein Thema werden. „Technisch wäre es möglich, die Studs je nach Bedarf, ein- und wieder auszufahren“, sagt Stephan Cimbal, Marketing-Leiter von Falken Tyres Europe (FTE). Der Mitbewerber Nokian hatte bereits vor Jahresfrist ein solches Modell vorgestellt.

Doch bei Falken ist die Entwicklung laut dem technischen Direktor Bernd Löwenhaupt noch nicht so weit. Der erste Spike-Reifen wird kontinuierlich weiterentwickelt, dafür wird es neue Winterreifen für Europa geben – außerhalb der skandinavischen Gebiete.

Denn auf dem eisglatten Pätsinperä-See haben auch Winterreifen kaum eine Chance, wie die Runden mit einem Dreier-BMW unter Beweis stellten. Selbst mit ESP wurde der Parcours sehr vorsichtig durchfahren und die Insassen wünschten sich Studs, die im heutigen Alltag kaum noch Klackklackklack machen – spätestens dann wenn, wenn der BMW im Schnee stecken blieb und von einem Traktor herausgezogen werden musste. Was auf dem zugefrorenen See für Erheiterung sorgte, kann im öffentlichen Verkehr sehr ernst ausgehen. Und so ähnlich wie die Unterschiede zwischen Spikes- und Winterreifen auf Eis aussehen, so unterscheiden sich die Eigenschaften von Sommer- und Winterreifen bei winterlichen Verhältnissen auf unseren Straßen.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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