VW Polo GTI: Anleihen vom großen Bruder

Im Schatten des Golf

VW Polo GTI: Anleihen vom großen Bruder
Der Absatz von VW ging in Europa zurück © AG/Flehmer

VW schickt die fünfte GTI-Generation des Polo an den Start. Der sportliche Kleinwagen kommt dabei nicht nur der R WRC-Variante, sondern auch dem größeren Bruder recht nahe.

Von Thomas Flehmer

Der Schatten ist riesig. Seit fast 40 Jahren ist der VW Golf GTI der Vertreter der Alltagssportler und überstahlt alle Mitbewerber, selbst im eigenen Hause. Denn auch der Polo wird seit 1979 sportlich herausgeputzt und trägt seit 1998 ebenso die GTI-Insignien. Allerdings musste sich der sportliche Kleinwagen stets hinten anstellen, was sich aber mit der fünften Generation, die ab Ende Januar 2015 in den Markt eingeführt wird, ändern kann.

VW Polo GTI erhält Gene vom Golf GTI

Denn für den neuen Polo GTI haben sich die Ingenieure stark beim größeren Bruder bedient und die Gene des Golf GTI auf den Polo übertragen. Dabei wurden die Stellschrauben nicht nur bei der Anhebung der Leistung gedreht. Mit 141 kW/192 PS verfügt der neue GTI über zwölf Pferdestärken mehr als der Vorgänger, erreicht in 6,7 Sekunden fast eine ganze Sekunde schneller als der Polo GTI IV Tempo 100 und schafft 236 km/h in der Spitze.

Rein von den Leistungsdaten nähert sich der neue Sportler damit dem Polo R WRC an, mit dem VW in den vergangenen zwei Jahren den Titel in der Rallye-WM errang. Und auch der 220 PS schnelle Golf GTI ist in Greifweite. Doch die reinen Leistungsdaten reichen nicht aus, um die gewachsene Kraft des 1,8 Liter großen Vierzylinder-Benziners mit 320 Newtonmetern maximalen Drehmoment auch ordentlich auf den Asphalt zu transferieren.

Lohnenswerter Aufpreis für Sport-Fahrwerk

VW hat den Polo GTI verschärft.
Der VW Polo GTI meistert die Kurvenjagd souverän AG/Flehmer

Mit dem Sport-Select-Fahrwerk für lohnenswerte 285 Euro können die Dämpfer auf die jeweiligen Bedürfnisse eingestellt werden. Gemeinsam mit dem Sport-Performance-Kit wird die Kennlinie der erstmals elektromechanischen Servolenkung gestrafft und auch das Gaspedal reagiert schneller. Dem Einsatz auf der Rennstrecke steht nichts entgegen.

Dort agiert der Polo GTI äußerst souverän und meistert die Kurvenabfolgen wie an der Schnur gezogen. Wankbewegungen werden durch einen größeren Stabilisator aufs Minimum verkürzt. Wird dann noch der Sportmodus eingeschaltet, erhält das DSG verkürzte Schaltzeiten und der Motorsound macht sich deutlicher bemerkbar und krönt die Freude auf der Rennstrecke.

VW Polo GTI voll alltagstauglich

VW hat den Polo GTI verschärft.
Karomuster-Sitze haben beim GTI Tradition VW

Doch – und das ist das Gute an den GTI-Versionen – kann der im Vergleich zur normalen Serienversion um 15 Millimeter tiefergelegte kleine Sportler auch die Alltagsaufgaben bewältigen. Zwar hat auch der Polo mit einem eigenständigen Stoßfänger und Kühlergrill sowie optional erstmals mit LED-Scheinwerfern sowie einem Heckspoiler einen eigenen Auftritt in der Polo-Familie, doch sind ihm überbordende Attribute fremd. Natürlich dürfen die gut konturierten Sportsitze mit Karomuster ebenso wenig fehlen wie ein doppeltes Auspuffrohr. Doch das ist es dann auch schon.

Zudem kann der Polo auch gelassen gefahren werden – und vermittelt dann genauso viel Freude wie bei der Kurvenjagd. Es fühlt sich einfach lässig an, den knapp 1,3 Tonnen schweren Polo zum Vortrieb zu verhelfen. Die Kraft muss nicht immer ausgespielt werden, aber es ist schön, dass sie vorhanden ist. Wer es sportlicher möchte, kann beim neuen Polo auch wieder zur einer manuellen Sechsgangschaltung anstatt zum Siegengang-DSG für knapp 1500 Euro Aufpreis greifen.

VW Polo GTI ab 22.275 Euro

Das Doppelkupplungsgetriebe soll helfen, den Verbrauch bei 5,6 Litern zu halten, bei der manuellen Schaltung sollen sechs Liter auf 100 Kilometern durch die Schläuche fließen. Nach den ersten Testfahrten standen bei sehr zügiger Fahrweise eine 8,4 unterm Strich, bei verhaltenen Fahrten wurden sieben Liter Verbrauch angegeben. Allerdings ist die Gefahr groß, eher den höheren Verbrauchswert zu erreichen.

Bei einem Einstiegspreis von 22.275 Euro für den kleinen Sportler werden die Mehrverbräuche allerdings nicht so sehr auffallen. Und mit seiner gewachsenen Sportlichkeit will der Polo GTI ein wenig aus dem Schatten des großen Bruders wegfahren.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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