Mercedes S 350 BlueTec: Maximale Bescheidenheit

Basispreis von 81.000 Euro

Mercedes S 350 BlueTec: Maximale Bescheidenheit
Der Mercedes S 350 BlueTec. © Daimler

Die Mercedes S-Klasse ist die derzeit beste Luxuslimousine der Welt. Vor allem dann, wenn man mit der Langversion unterwegs ist, dem S600. Doch was bietet der S 350 BlueTec. Unser Fahrbericht gibt die Antwort.

Auch im Überfluss kann man zumindest versuchen, noch ein Minimum an Bescheidenheit walten zu lassen. Dachten wir uns und orderten die kleinste S-Klasse: den 350 Bluetec zum Basispreis von knapp 81.000 Euro. Weniger geht nicht, zumindest nicht wenn es eine S-Klasse sein soll. Dass die uns gelieferte Limousine natürlich wieder für einige (zehn)tausend Euro Extras an Bord hatte, dafür können wir ja schließlich nichts, oder?

Die Mercedes S-Klasse also. In jeder neuen Generation tritt das Spitzenmodell der Marke Mercedes mit dem Anspruch an, nichts weniger als das beste Auto der Welt zu sein. Das bringt gleich zwei Arten von Problemen mit sich. Zum einen wird es immer schwerer, gegenüber der Konkurrenz von BMW, Audi und – ja – auch VW mindestens einen kleinen Vorsprung herauszuarbeiten. Den hält man meist nur so lange, bis auch von dort neue Fahrzeuge auf den Markt drängen. Was soll´s, im Moment ist die S-Klasse das jüngste der vier deutschen Oberklasse-Angebote. Und damit in der Summe aller Eigenschaften sicher auch das Beste.

Perfektes Langstreckenauto

Womit wir gleich beim zweiten Problem wären, dem der Enttäuschung. Denn wenn wer sich dem Fahrzeug mit der Erwartung nähert, das beste Auto der Welt müsse gleich beim Einstieg ein Aha-Erlebnis bewirken, sieht sich belehrt. Die S-Klasse ist zunächst nur ein ganz normales, wenn auch sehr großes und sehr üppig wirkendes Auto. Ja, die Qualität der Materialien ist hoch, die Sitze mit ihren kuscheligen Kopfstützen und Massagefunktion (Achtung: Aufpreis) sind nahezu perfekt. Aber man findet auch in der S-Klasse zunächst ja nur die normalen Ingredienzien eines Automobils: Lenkrad, Lenkstockhebel, zwei Pedale (Automatik) und sogar so etwas profanes wie ein Handschuhfach.

Mercedes S 350 BlueTec
Das Cockpit der S-Klasse Daimler

Das besondere dieses Fahrzeugs lässt sich so einfach dann also doch nicht beschreiben oder erfahren. Denn dazu reicht auch kein Ausflug durchs Dorf oder in die nächste Stadt, keine kurze Etappe auf der Landstraße und selbst kein Autobahntrip nach Düsseldorf. Der Mercedes benötigt Kilometer, um seine hauptsächliche Fähigkeit vorzuführen und auszuspielen: Er ist das perfekte Langstreckenauto. Wahrlich, wäre ich ein Vertreter, pardon ein Vertriebsmanager, mit täglich 500 Kilometern Pensum, würde ich die S-Klasse wählen.
Und natürlich nicht bekommen, denn diese Fahrzeuge sind ja der Chefetage vorbehalten. Und der Chef (oder Minister, Vorstandsvorsitzender etc.) sitzt natürlich hinten rechts. Was angesichts des Reise-Spaßes, den man überraschenderweise auch als Chauffeur mit dieser Limousine hat, dann auch schon wieder schade ist.

Dynamischer Auftritt

Mercedes S 350 BlueTec
Das Heck des S350 BlueTec Daimler

Genug der Lobeshymnen, widmen wir uns noch mal etwas mehr dem Auto. Gut sieht die neue S-Klasse aus, deutlich dynamischer schon im Stand mit scharfen Bügelfalten in der Karosserie und einer elegant nach hinten abfallenden Dachlinie. Allerdings nicht so weit abfallend, dass man als hinten Sitzender Probleme mit dem Dachhimmel bekommt. So weit darf es natürlich bei der Chauffeurs-Limousine schlechthin nie gehen.

Kritik üben wir, wenn überhaupt, nur auf höchstem, auf allerhöchstem Niveau. So gibt es sicher auch in dieser Klasse Fahrzeuge, die sich zackiger ums Eck bewegen lassen (Audi A8) oder solche, deren Achtgang-Automatik (BMW 7er) dem etwas angestaubten Siebengänger deutlich überlegen ist. Aber Perfektion gibt´s dann wohl doch nur im Film. Wir müssen uns mit dem Besten oder nichts begnügen.

Apropos begnügen: der Sechszylinder unter der Motorhaube gab sich mit 7,2 Litern in unserem Alltagstest zufrieden. Perfekt wären die 5,5 Liter der Norm gewesen, aber auch mit den erfahrenen Werten gehört diese S-Klasse an der Tanksäule zu den beschiedenen Vertretern.

Unter dem Strich erfüllt sie genau den Anspruch, den sein Besitzer wahrscheinlich stellt: Möglichst stressfrei, mit minimalem körperlichen Aufwand frisch zum Ziel zu gelangen. Die ganz großen Emotionen darf man von dieser Art Fahrzeug dann natürlich nicht erwarten. Aber auch dafür hat Mercedes demnächst eine Lösung auf höchstem Niveau parat: das kommende Mercedes S-Klasse Coupé. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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