Land Rover Discovery: Harter Kerl unter Weichspülern

Echte Geländewagen-Gefühle

Land Rover Discovery: Harter Kerl unter Weichspülern
Der Land Rover Discovery erzeugt immer noch Geländewagngefühle © Land Rover

Mit dem Discovery hält noch ein echter Geländewagen die Fahne im SUV-Segment oben. Doch auch der Vertreter alter Werte musste Kompromisse eingehen – allerdings zum Vorteil aller.

Seien wir doch mal ehrlich: Die SUV-Hysterie ist doch eigentlich kaum nachzuvollziehen. Ja, ja, es gibt da den bequemen Einstieg und die höhere Sitzposition. Aber sonst? Wer Platz sucht ist mit einem großen Van besser bedient, wer Komfort benötigt, sollte eine Mittelklasse-Limousine ordern und wer sich überwiegend oder zumindest häufig im Stadtverkehr bewegen muss, der ist mit einem dieser modernen Kleinwagen deutlich besser bedient. Von den Kosten ganz zu schweigen. Und dann werden die meisten SUV, die ihren Ursprung ja bei den Geländewagen haben, häufig optisch und antriebstechnisch (Frontantrieb!) so weichgespült, dass sie eigentlich nur noch eine spritfressende Karikatur ihrer selbst sind. So zumindest könnte man als SUV-Gegner argumentieren.

Aber es gibt ja auch noch SUV, die ihren Namen verdienen und ihren Ahnen, eben den Geländewagen, Ehre erweisen. Ein Vertreter dieser raren Gattung ist der Discovery von Land Rover, dessen aktuelle Generation seit einem Jahr bei uns auf dem Markt ist. Der Disco spielt bei Land Rover die Rolle des „echten“ Geländewagens, auch wenn bei ihm natürlich die Zeiten des Leiterrahmens vorbei sind - zugunsten einer selbsttragenden Alu-Karosserie für weniger Gewicht, weniger Verbrauch und mehr Komfort.

Land Rover Discovery schon optisch ein ganzer Kerl

Trotzdem gibt der Discovery allein schon optisch den harten Kerl, ganz im Gegensatz zum eher lifestyligen Discovery Sport oder dem designorientieren Range Rover Evoque. Vom komfortablen Spitzenmodell Range Rover mal ganz zu schweigen. Natürlich trägt auch der Disco das Familiengesicht der Marke, mit schmalem Grill zwischen zusammengekniffenen Scheinwerfern, großer Motorhaube und geradezu riesig anmutender Frontscheibe. Ansonsten kann man ihm aber weder zu viel Lifestyle noch ein Übermaß an Design vorwerfen.

Den Unterschied macht vor allem das Heck. Geometrisch in der Anlage, wuchtig in der Ausführung und fast wie nachträglich angesetzt wirkt der Abschluss des Engländers – und gewinnt genau daraus seinen eigenen Charakter. Ganz nebenbei erhöht das natürlich auch die Praktikabilität, durch die weit und breit öffnende Heckklappe lassen sich beim Fünftürer über 1100 Liter Gepäck unterbringen, wer keine Mitfahrer im Fond hat, kann sogar bis zu 2400 Liter einladen.

Land Rover Discovery nicht gerade sparsam unterwegs

Der Land Rover Discovery ist noch ein Vertreter der alten Geländewagenschule
Der Discovery ist auch für lange Strecken geeignet Land Rover

Trotz natürlich serienmäßigen Allradantriebs inklusive Geländeuntersetzung und des sogenannten Terrain-Response-Systems, mit dem der Landy sich auf fünf verschiedene Untergründe bzw. Gegebenheiten ein stellen lässt, wird auch dieses Fahrzeug nur selten echtes Gelände unter den großen Reifen spüren. Aber er könnte immerhin und spielt diese Rolle so perfekt, dass man mit ihm sofort und voller Vertrauen zu einer Weltreise aufbrechen würde. Da aber auch dies nur die wenigsten seiner Fahrer vorhaben, könnte man den Discovery wahlweise als „für alles gewappnet“ oder als Beispiel für „over engineering“ betrachten.

Er ist aber durchaus ein Fahrzeug für lange Strecken, wie wir selbst aufprobieren durften. Der in unserem Testwagen arbeitende 3,0-Liter-Diesel mit 258 PS Leistung ist stark, wenn auch mit einem Testverbrauch von fast zehn Litern nicht gerade sparsam. Zwar hat er dank 600 Newtonmetern Drehmoment wenig Mühe, den über zwei Tonnen schweren Discovery auf Trab zu bringen, aber die Höchstgeschwindigkeit von knapp 210 km/h auszutesten macht wenig Spaß – besser und günstiger für die Tankrechnung ist es, mit ihm auf der Autobahn mit 160 bis 180 km/h zu „bummeln“ und sich an der stets verfügbaren Leistungsreserve zu erfreuen.

Großer Parkplatz gesucht

Der Land Rover Discovery ist noch ein Vertreter der alten Geländewagenschule
Im Cockpit gibt der Disco den Gentleman Land Rover

Die Achtgang-Automatik wirkt gut abgestimmt, allerdings greift auch Land Rover mittlerweile auf den eigenwilligen, von einigen Jahren von der Schwester Jaguar eingeführten Drehknopf als „Schaltkulisse“ zurück. Im Testwagen hakte er einige Male und ließ sich nicht direkt von „D“ auf „P“ zurückführen. Erst wenn man den Motor ausschaltete, sprang die Automatik quasi – na ja – automatisch auf die Parkposition, was unserem bis dahin unerschütterlichen Vertrauen in das Fahrzeug doch einen Dämpfer versetzte.

Obwohl die Verkaufserfolge der Marke mit sich bringen, dass man den Modellen auch in der Stadt mittlerweile sehr häufig begegnet, muss doch klar gesagt werden: Weder seine Länge (knapp fünf Meter), noch seine Breite (mit Außenspiegeln 2,22 Meter) oder gar der Wendekreis (12,70 Meter!) prädestinieren ihn für die City. Wer ein solches SUV kauft, sollte sowohl zu Hause, als auch am Arbeitsplatz einen großen Parkplatz zur Verfügung haben – und für die Stadtfahrt dann den Zweitwagen nehmen. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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