Ford Mustang Cabrio: Ohne Brabbelgeräusche zur Eisdiele

Pony-Car mit nur vier Zylindern

Ford Mustang Cabrio: Ohne Brabbelgeräusche zur Eisdiele
Der Ford Mustang mischt den deutschen Sportwagenmarkt auf © Ford

Der Ford Mustang hat in Deutschland den Sportwagenmarkt aufgemischt. Dabei ist die abgespeckte Variante des Pony Cars genauso ein Sportwagen wie ein Geländewagen ohne Allradantrieb.

Der Ford Mustang ist ein klassisches amerikanisches Pony-Car. Genau genommen stammt dieser Artenbegriff sogar vom ersten Mustang ab und wurde auch für Fahrzeuge wie den Chevy Camaro übernommen. Gemeint ist: relativ kleines Auto, Coupé oder Cabrio, aber großer Motor.

Das von uns zum Test einbestellte Exemplar irritiert diesbezüglich zunächst. Nein, die Form stimmt auch beim georderten Cabrio mit den Erwartungen überein. Nach dem Druck auf den Startknopf ertönt aber kein V8-Bollern. Zahmes Vierzylindergeräusch säuselt aus dem Motorraum. Ford hatte den Mustang mit einem „halben“ Motor ausgeliefert.

Ford Mustang im leichten Galopp recht durstig

Beim Thema „Vier- oder Achtzylinder“ unter der Haube eines solchen typischen US-Fahrzeugs scheiden sich die Geister. Die einen treten vehement für die gute, alte und traditionsreiche Motorengröße ein, Verbrauch hin oder her. Und wollen, wenn man sich hierzulande schon in ein US-Auto setzt, dass es auch entsprechend klingt und wohltönende Brabbelgeräusche das Ohr des Fahrers umschmeicheln.

Die anderen berufen sich auf geringere Verbrauchswerte. Immerhin kommt der 2,3-Liter Vierzylinder-Turbo aufgeladen auf 233 kW/317 PS und ist im Alltag sicherlich nicht viel langsamer als der Achtender. Und beim Verbrauch hat er tatsächlich die Nase vorn. Der Normwert liegt in Kombination mit der Sechsgang-Automatik bei 9,8 Liter. Der Achtzylinder will schon auf dem Papier drei Liter mehr. In der Praxis flossen bei gemächlichem Cruisen 10,8 Liter durch die Leitungen, gibt man Gas und versetzt die Pferde in leichten Galopp, wird die Tanknadel deutlich nervöser. Eine 15 auf die Anzeige zu zaubern, ist keine große Kunst.

Ford Mustang Spaßauto statt Sportwagen

Der Ford Mustang mischt den deutschen Sportwagenmarkt auf
Offen zur Eisdiele Ford

Sieht man vom Vierzylinder-Antrieb ab, bietet der Mustang viel von dem, was man erwartet - im Guten wie im Schlechten. Die Ledersitze sind gemütlich und wenig sportlich, was nicht weiter schlimm ist. Zwar wird der Wagen in den Staaten als Sportwagen geführt, aber tatsächlich ist er keiner. Aber ein viersitziges Cabrio ist er auch nicht wirklich. Misst der Fahrer 190 Zentimeter sinkt der Knieraum hinten auf null Millimeter. Vier Personen passen nur rein, wenn es sich durchgehend um Menschen mit Körpergrößen von maximal 1,70 Meter handelt. Aber das nur am Rande. Wer ein Mustang Cabrio kauft, hat ja nicht wirklich nach einem Familienwagen gesucht, sondern will ein Spaßauto mit Macho-Image. Dach auf und gemütlich vor die nächste Eisdiele rollen, dabei das Soundsystem ein wenig kitzeln, passt schon. Die zugehörige Musik darf ruhig vom eigenen Smartphone kommen. Die Einbindung klappt vorzüglich, wie überhaupt der kommunikative und unterhaltende Teil der Bordelektronik zu loben ist.

Vor dem Eisdielen-Auftritt ist allerdings ein wenig Aufwand gefragt. Das Dach öffnet sich zwar per Knopfdruck, will aber vorher entriegelt werden. Zudem bleiben rechts und links hinten unschöne Öffnungen an der Karosserie. Um die zu schließen, hat sich der zuständige amerikanische Entwickler einfache Plastikabdeckungen ausgedacht, die man aus dem Kofferraum nehmen und etwas fummelig einspannen muss. Wir schätzen, das macht man im richtigen Leben genau einmal und dann nie wieder.

Ford Mustang Pony statt Rassehengst

Der Ford Mustang mischt den deutschen Sportwagenmarkt auf
Das Cockpit ist schön eingerichtet Ford

Zum Ausgleich bietet der Mustang einen schönen Blick über die relativ lange Motorhaube und klassisch gezeichnete Instrumente in tiefen Höhlen. Genauso also, wie wir uns ein amerikanisches Auto vorstellen. Schwer aussehende Kippschalter vermitteln eine gewisse Wertigkeit, die allerdings durch ihre Funktion wieder eingeschränkt wird. So kann man beispielsweise das Lenkrad zwischen normal, sportlich und komfortabel einstellen. Sport unterscheidet sich durch deutlich höhere Lenkkräfte, die beiden anderen Einstellungen sind so, wie wir es von Amis gewöhnt sind, etwas indifferent und leichtgängig, aber der Sportversion vorzuziehen. Schon alleine, weil der Mustang - wie ja schon erwähnt - einfach nicht sportlich ist.

Beim Durchtreten des Gaspedals hebt sich leicht die Schnauze und das Pony galoppiert los. Aber eben wie ein Pony und nicht wie ein Rassehengst. Was auch an der zögerlichen Art des Gangwechsels der Automatik liegt.

Kompromisse beim Ford Mustang gefragt

Wenn man sich darauf einlässt, kann man damit schon Spaß haben, aber das etwas stuckerige Fahrwerk vermittelt nie die Souveränität eines deutschen Premium-Cabrios und schon gar nicht deren sportliche Qualitäten. Schnelle Kurvenfahrten will man dem Ford gar nicht zumuten. Etwas putzig ist in dem Zusammenhang die Option, auch das ganze Fahrzeug mit den erwähnten Schaltern von Komfort über „Normal“ auf „Sportlich“ und zuletzt auf „Gelände“ zu schalten. Natürlich fährt man den Mustang bestenfalls über eine Wiese am Minigolfplatz und nicht ins Gelände. Aber das ist auch gar nicht gemeint. Man hat schlecht „Track“, also Rennstrecke, mit „Gelände“ übersetzt. Eine kleine Schlampigkeit, die keine Rolle spielt, weil der Mustang für beide Formen nicht geeignet ist.

Der V8-Ami ist die günstigste Art, ein neues 400-PS-Auto zu fahren. Das gilt für den Vierzylinder natürlich nicht. Trotzdem ist auch der für die Masse an Auto und das vermittelte spezielle Flair noch günstig. Unser Testauto kostet ab 45.000 Euro, das Coupé steht als Handschalter ab 38.000 Euro in der Preisliste, jeweils bereits gut ausgestattet. Zaubern können die Entwickler allerdings nicht. Man sieht, wo im Vergleich zur Premiumklasse gespart wurde, und dass im Zweifel immer die einfachere Lösung bevorzugt wurde. Für die USA reicht das. Hier dürfte es beim Exotenstatus bleiben. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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