Dacia Lodgy: Clevere Alternative

Ab 9990 Euro

Dacia Lodgy: Clevere Alternative
Beim Schnäppchen Dacia Lodgy müssen Kompromisse eingegangen werden. © Dacia

Beim Dacia Lodgy sind Zugeständnisse an der Tagesordnung. Allerdings erweist sich der Familien-Van der rumänischen Renault-Tochter nicht nur beim Basispreis als wahres Schnäppchen.

Vielleicht liegt es an der cleveren Understatement-Werbung im TV: Anders als bei früheren Modellen der Marke kommt man sich am Steuer eines Dacia Lodgy nicht mehr unterprivilegiert oder skeptisch beäugt vor. Vielmehr fühlt man sich clever: Denn der rumänische Van ist zwar in vielerlei Hinsicht nur Mittelmaß, in zwei Punkten aber ganz vorne dabei: beim Platz und beim Preis.

Nüchterner Innenraum des Dacia Lodgy

Sah man dem ersten Neuzeit-Dacia auf dem deutschen Markt, der Logan Limousine von 2005, seine Rolle als Billigauto schon aus der Ferne an, sind die neueren Modelle wenn schon nicht schick, so doch zumindest angenehm unauffällig. Das gilt auch für den rund 4,50 Meter langen Kompakt-Van Lodgy, der der genretypischen Kastenform immerhin einige durchaus ansehnliche Perspektiven abringt – zumindest wenn man vom ungeschlacht wirkenden Heck absieht.

Weiterhin recht nüchtern geht es aber im Innenraum zu – einer wenig ansprechenden Kunststoff-Ödnis, die erst in den höheren Ausstattungslinien etwas hilflos durch Chrom-Zierrat aufgeforstet wird. Das kann man allerdings verschmerzen, vor allem, da die anvisierte Kundschaft sich vor allem aus ehemaligen Gebrauchtwagenkäufern rekrutiert, denen die etwas altmodische Anmutung kaum aufstoßen dürfte. Problematischer sind da schon die mäßigen Sitze, vorne wie hinten. Die Polster sind zwar einigermaßen straff, bieten aber zu wenig Beinauflage und noch weniger Seitenhalt – auf Langstrecken stört das massiv. Je nach Statur kann auch die Kurzstrecke unangenehm werden, da die Einstellmöglichkeiten begrenzt sind.

Vergleichsweise großzügige dritte Sitzreihe im Dacia Lodgy

Ausgeglichen wird das auf einer virtuellen Plus-Minus-Liste durch ein großzügiges Platzangebot. Unter dem hohen Dach haben die Passagiere in den ersten beiden Reihen mehr als genug Platz. Und auch in der optionalen dritten Sitzreihe (590 Euro, nicht für das Basismodell) geht es vergleichsweise großzügig zu, sobald man den etwas umständlichen Einstieg geschafft hat. Auf Dauer sind die Notsitze mit ihren kurzen Sitzflächen aber nur Kindern zuzumuten.

Immerhin lassen sie sich zügig hochklappen und hinter den Fondlehnen der zweiten Reihe festzurren. Das ist zwar nicht so bündig und elegant wie etwa beim Opel Zafira, wo sie komplett im Boden verschwinden. Aber im Alltag ist die simple Dacia-Lösung durchaus ausreichend. Wer wirklich den maximalen Stauraum von 2.617 Litern benötigt, kann sie außerdem komplett ausbauen. Dann passt selbst sehr sperriges Gut in den quadratisch-praktisch geschnittenen Laderaum mit der angenehm niedrigen Kante.

Dacia Lodgy straff gefedert

Beim Schnäppchen Dacia Lodgy müssen Kompromisse eingegangen werden.
Nüchternes Interieur im Dacia Lodgy Dacia

Weniger Freude als das Beladen macht das anschließende Fahren. Der hohe Van ist vergleichsweise straff gefedert und wirkt dadurch vor allem unbeladen hölzern und polterig. Speziell kurze Unebenheiten machen sich im Innenraum deutlich bemerkbar. Im Ausgleich hält sich die Seitenneigung in Kurven zumindest bei zurückhaltender Fahrweise in Grenzen. Unterm Strich geht der Fahrkomfort zwar in Ordnung, mit Vollpreis-Kompakt-Vans kann er sich aber ebenso wenig messen wie die gering ausgeprägten dynamischen Qualitäten.

Überzeugend hingegen präsentiert sich der kultivierte 1,2-Liter-Turbo-Benziner mit Direkteinspritzung, den Renault auch im Mégane einsetzt. Der Vierzylinder präsentiert sich in der Stadt und auf Landstraßen ausreichend kräftig, kommt erst jenseits der 130 km/h an seine Grenzen, verlangt aber für einen Turbo nach ungewöhnlich hoher Drehzahl, da der Durchzug erst jenseits der 2000-Touren-Marke einsetzt. In Kombination mit dem recht lang übersetzten Fünfganggetriebe ist also ausdauernde Schaltarbeit gefragt – was mit der hakeligen Box aber kein großer Spaß ist. Zumindest geht der Verbrauch mit 7,5 Litern im Mittel noch in Ordnung.

Dacia Lodgy als clevere Wahl

Beim Schnäppchen Dacia Lodgy müssen Kompromisse eingegangen werden.
Der Dacia Lodgy gibt sich als Schnäppchen Dacia

Unterm Strich verlangt der Lodgy von seinem Fahrer also durchaus Zugeständnisse. In einem Vergleich mit Konkurrenten wie VW Touran oder Ford C-Max würde der Rumäne mit fliegenden Fahnen untergehen. Dafür kostet er aber nicht einmal die Hälfte. Zwar sind die 9990 Euro für das (schwächlich motorisierte und mager ausgestattete) Basismodell ein reiner Marketingtrick, die getestete Variante ist mit 12.490 Euro (inklusive Fensterheber vorn, vier Airbags, ESP und geteilt umlegbaren Rücksitzen) aber immer noch ein wahres Schnäppchen.

Zu diesem Kurs gibt es die edlere Konkurrenz kaum als brauchbaren Gebrauchten. Und auch wenn der Neuwagengeruch im Dacia wenig attraktiv eher nach Kunststoff als nach Leder und Edelholz duftet – drei Jahre Garantie gibt es auch auf den besten gebrauchten Vollpreis-Van nicht. Für sparsame Prestige-Ignoranten mit einem Sinn für Kostenkontrolle ist der Rumäne damit durchaus eine clevere Wahl. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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