Citroen C4 Cactus: Pfiffig mit Defiziten

Airbumps schützen vor Kratzern

Citroen C4 Cactus: Pfiffig mit Defiziten
Der Citroen Cactus ist nur schwer zu klassifizieren. © Citroen

Der Citroen Cactus lässt sich nicht in eine Schublade stecken. Auch sonst wartet das Modell zwischen Klein- und Kompaktwagen mit Überraschungen auf.

Wer bin ich? Und wenn ja, wie viele? Der seit knapp einem Jahr erhältliche Citroen C4 Cactus wirft einige Fragen auf, lässt er sich doch nicht einfach in eine Fahrzeugkategorie-Schublade einordnen. Ist er zum Beispiel ein großer Kleinwagen oder ein kurzer Kompakter? Pfiffig oder nur irgendwie anders? Ein Alltagstest soll bei der Persönlichkeitsbestimmung des Franzosen helfen.

"Airbumps" helfen gegen Parkrempler

Mit seiner Länge von 4,16 Metern bewegt sich der Cactus zwischen den üblichen Kleinwagen-Abmessungen von rund vier Metern und den Längenvorgaben der Kompakten von rund 4,25 Metern. Mit seinen wuchtig wirkenden Beplankungen an Front, Heck sowie Kotflügeln suggeriert er Robustheit ohne die zurzeit beliebte SUV-Designkarte auszuspielen.

Apropos Robustheit: Die an den Türen außen angebrachten sogenannten Airbumps aus Kunststoff sorgen dafür, Feindberührungen mit Einkaufswagen auf Supermarktplätzen oder Parkrempler mit Betonpfeilern oder anderen Fahrzeugen abzumildern. Bis Tempo 4 sollen unschöne Beulen im Blech des Gegenübers ganz verhindert werden. Das funktioniert aber nur, wenn man nicht mit der ungeschützten Türkante „zuschlägt“.

Lederschlaufen als Türgriffe

Der Citroen C4 Cactus gibt auch als Brautauto eine gute Figur ab.
Das Cockpit des Citroen C4 Cactus ist individuell ausgefallen Citroen

Auch die Interieursgestaltung unterscheidet sich von den üblichen Pkw-Standardlösungen. Lederschlaufen als Türgriffe, das große, schatullenartige Handschuhfach und die durchgehende vordere Sitzbank bei Automatikversionen machen optisch schon was her und lassen die früher legendär gewesene Innovationsfreude der Citroen-Macher aufblitzen. Allerdings spürt man, dass bei aller Freude der Rotstift über den Entwürfen der Kreativen hing und auch durchaus benutzt wurde.

Gespart wurde zum Beispiel an praktischen Dingen: Die Rückbank ist nur in einem Stück umklappbar. Zwar erweitert sich das Fassungsvermögen des Gepäckteils nach Umlegen der Lehne von 358 auf 1170 Liter, aber da kein flacher Ladeboden, sondern eine unschöne und unpraktische Stufe sich aufbaut, ist der Nutzwert doch eingeschränkt. Weniger störend: Im Fond gibt es nur Ausstellfenster, Haltegriffe am Dachhimmel fehlen genauso wie ein Luftausströmer für den Beifahrer.

Platzangebot wie ein Kompaktwagen

Die Airbumps charakterisieren den Citroen Cactus.
Der Citroen C4 Cactus bietet Platz wie in einem Kompaktwagen Citroen

Immerhin gibt es keine Überreizung der Sinne durch zu viele Bedienelemente. Citroen verzichtet auf eine konventionelle Instrumentenanzeige. Statt klassischem Tacho und Drehzahlmesser werden in einem Display hinterm Lenkrad die gefahrene Geschwindigkeit sowie die Tankanzeige dargestellt. Die Handhabung der Musikanlage, Lüftung, Klimaanlage sowie Navigation erfolgt über einen farbigen Touchscreen in der Mittelkonsole.

Das Platzangebot orientiert sich eher an dem eines Kompaktwagens. Zumindest vier Personen kommen kommod unter; hinten reduziert keine abfallende Dachlinie die Kopffreiheit der Fondnutzer. Vorne nehmen die Insassen auf weichem Gestühl Platz. Anders als bei Automatikversionen gibt es bei Handschalter-Varianten allerdings vorne nur zwei Einzelsitze, die serienmäßige Kuscheloption fällt hier weg.

Citroen C4 Cactus mit weich abgestimmtem Fahrwerk

Mit dem C4 Cactus hat Citroen seine Innovationskraft unter Beweis gestellt.
Länger gewachsene Personen bekommen Probleme im Citroen C4 Cactus Citroen

Wie wohl sich der Fahrer hinterm Volant fühlt, hängt stark von seiner Körperlänge ab. Größtes Manko für Menschen über 1,80 Meter ist die fehlende Tiefen-Justierung des Lenkrads. Wo kürzere Fahrer dies noch durch die Sitzverstellung ein wenig ausgleichen können, hängen die langen – den Sitz ganz zurückgeschoben - wie der viel zitierte Affe auf dem Schleifstein hinterm Lenkrad.

Angetrieben wurde unser Testwagen von dem 1,6-Liter-Diesel mit 73 kW/99 PS. 254 Nm maximales Drehmoment ermöglichen entspanntes Fahren. Dazu trägt das weich abgestimmte Fahrwerk bei, das die meisten Bodenunebenheiten mit einer gewissen Lässigkeit meistert. Zunächst etwas rau im Antritt, spurtet das Aggregat munter los, meistert den Spurt von 0 auf 100 km/h in knapp 11 Sekunden und schafft theoretisch eine Höchstgeschwindigkeit von 184 km/h.

Citroen C4 Cactus nicht gerade ein Schnäppchen

So flott waren wir nicht auf der Autobahn unterwegs, zum einen weil nach Tempo 175 sich nicht mehr viel auf der Tachoanzeige tat. Zum anderen: Weil ab Tempo 150 ein laut vernehmliches Pfeifen von der A-Säule ins Fahrzeuginnere drang und nervte. Positiver Nebeneffekt des so gemäßigten Vortriebs: Der Treibstoffkonsum hielt sich sehr in Grenzen. Zwar war der Normwert von 3,4 Litern nicht zu schaffen, die erfahrenen 4,8 Liter lassen sich sicherlich noch unterbieten. Der Diesel steht allerdings mit mindestens 20.140 Euro in der Preisliste. In der von uns gefahrenen Topversion „shine“ sind sogar so 22.390 Euro fällig – immerhin mit fast allem, was die Preisliste so hergibt.

Nur die Frage, welcher Gattung man den Franzosen zuordnen könnte, bleibt noch unbeantwortet. Nach Ende der Testzeit halten wir fest: Er ist ein großer sowie teurer Kleiner mit pfiffigen Ideen sowie einigen Komfortdefiziten. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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