Chevrolet Bolt: Fertig zum Aufmischen

Elektrische Reichweite über 320 Kilometer

Chevrolet Bolt: Fertig zum Aufmischen
Der Chevrolet Bolt wird ab 2017 auch unter dem Opel-Label antreten. © Chevrolet

Chevrolet setzt mit dem Bolt neue Limits im Bereich der Elektromobilität. Im nächsten Jahr kann sich auch Opel freuen, wenn der deutsche Ableger gegen den BMW i3 oder Nissan Leaf antritt.

Dieses Auto hat sich Opel-Chef Karl-Thomas Neumann bei seinem Besuch auf der Motorshow in Detroit ganz genau angeschaut. Schließlich soll der kleine Chevrolet Bolt mit 320 Kilometern Reichweite für subventionierte 30.000 Dollar nicht nur den Markt für Elektroautos in den USA aufmischen, wie GM-Chefin und Neumanns Vorgesetzte Mary Barra bei jeder Gelegenheit betont. Er liefert auch die Basis für das erste reine Batteriefahrzeug von Opel, mit dem die Hessen vom kommenden Jahr an gegen den E-Golf von VW oder den i3 von BMW antreten wollen.

Chevrolet Bolt schon als Protyp mit guter Figur

Was angesichts des großen Vorsprungs der Konkurrenten in Wolfsburg und München nach einer schweren Aufgabe aussieht, kann Neumann nach seinem Messebesuch etwas gelassener angehen. Erst recht, wenn er den Bolt nicht nur angeschaut, sondern auch Probegefahren hat. Denn schon als Prototyp mit höchstens 80 Prozent Serienstand macht der elektrische Kleinwagen eine ausgesprochen gute Figur.

Wo viele andere Elektroautos spätestens jenseits der Stadtgrenze echte Spaßbremsen sind, geht dem trotz konventioneller Karosserie bescheidene 1,6 Tonnen schweren Bolt so schnell nicht die Puste aus. Schließlich kommt die E-Maschine im Bug auf 200 PS und 360 Nm. Bei der ersten Testfahrt jedenfalls startet er deshalb nicht nur mit quietschenden Reifen, sondern schreitet so schnell aus, dass man den Entwicklern die sieben Sekunden von 0 auf 100 km/h unbesehen glaubt. Und wenn sie nicht mit Rücksicht auf die Reichweite, die Getriebeübersetzung und das amerikanische Tempolimit bei 145 km/h den Stecker ziehen würden, wäre mit Bleifuß sicher auch mal die linke Spur drin.

Aufwändige Rekuperationstechnik im Chevrolet Bolt

Der Chevrolet Bolt wird ab 2017 auch unter dem Opel-Label antreten.
Der Chevrolet Bolt kann mit nur einem Pedal gefahren werden Chevrolet

Gespeist wird der Antrieb aus 288 Lithium-Ionen-Zellen des Kooperationspartners LG, die in 96 Blöcken zusammengefasst in einem 435 Kilo schweren Sandwich stecken und auf eine Kapazität von 60 kWh kommen Auf der einen Seite schafft der Bolt so vielleicht tatsächlich die versprochenen 320 Kilometer. Auf der anderen Seite braucht man dafür aber auch reichlich Geduld beim Laden – oder die entsprechende Infrastruktur. Denn mit Starkstrom verspricht Barra eine 80-Prozent-Ladung in 60 Minuten. Aber mit 240 Volt dauert eine volle Akku-Ladung eben trotzdem noch die ganze Nacht.

Weil Chevrolet die Geduld der Kunden nicht unnötig auf die Probe stellen will, geizen die Entwickler mit jedem Watt und haben eine aufwändige Rekuperationstechnik programmiert: Statt mit dem Fuß die konventionelle Bremse zu treten, kann man deshalb auch einen Hebel am Lenkrad ziehen, den Motor zum Generator machen und förmlich zusehen, wie die Energierückgewinnung wieder den Akku füllt. Oder man wechselt gleich in den L-Modus und fährt den Bolt nur noch mit einem Pedal. Denn sobald man dann den Gasfuß lupft, verzögert der Kleinwagen so stark, dass er nach wenigen Metern komplett zum Stillstand kommt – und anderes als ein Automatikauto im Kriechgang auch erst wieder mit einem Tritt aufs Fahrpedal davon rollt.

Viel Platz im Chevrolet Bolt

Der Chevrolet Bolt wird ab 2017 auch unter dem Opel-Label antreten.
2,60 Meter beträgt der Radstand des Chevrolet Bolt Chevrolet

Zwar sind die Amerikaner stolz auf ihren Antrieb mit den soliden Fahrleistungen, auf die üppige Reichweite und auf ein erwachsenes Fahrgefühl, das nicht zuletzt vom tiefen Schwerpunkt und der versteifenden Wirkung des Akkus im Wagenboden rührt. Doch weil sie es ernst meinen mit der Alltagstauglichkeit des 4,17-Meter-Stromers, ist der wie ein Mischung aus BMW i3 und Mercedes B-Klasse gezeichnete Kleinwagen auch in ganz konventionellen Kategorien durchaus konkurrenzfähig.

Das beginnt bei einem Kofferraum, der mit 478 Litern nicht nur größer ist als beim i3, sondern auch den Honda Jazz aussticht. Das geht weiter über den bequemen Zustieg, für den die Entwickler die Türausschnitte viel tiefer geführt haben als sonst, und den bequemen Durchstieg, weil es im Bolt keinen Mitteltunnel mehr gibt. Und das endet bei der üppigen Kopf- und Kniefreiheit, die dank dünner aber trotzdem bequemer Sitze, des hohes Dach und 2,60 Metern Radstand eher auf dem Niveau eines Zafira liegt als auf dem eines Meriva.

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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