BMW 740e iPerformance: Der Chef braucht Ruhe

Identische Leistung wie der 740i

BMW 740e iPerformance: Der Chef braucht Ruhe
Der 7er BMW ist in China sehr beliebt © BMW

BMW hängt den 7er an den Stecker. Beim 740e iPerformance kann sich der Verbrauch auf gut zwei Liter reduzieren. Ist die Batteriekraft des Plugin-Hybriden aufgebraucht, muss das Münchner Flaggschiff mehr Gewicht mit sich schleppen.

Gespenstisch leise rollt die zwei Tonnen schwere Limousine vom Hof. Das einzige, was sich bemerkbar macht, ist der Kies, der unter den Reifen knirscht. Von einem Motor dagegen ist nichts zu hören. Kein Wunder, der läuft nämlich auch gar nicht. Während der Benziner noch sanft vor sich hin schlummert, kümmert sich im mindestens 91.900 Euro teuren BMW 740e iPerformance ein Elektromotor um den Vortrieb.

Mit 83 kW/113 PS Leistung und 250 Nm Drehmoment ist der im Dingolfinger BMW-Werk gebaute Elektromotor problemlos in der Lage, das Flaggschiff der Münchner standesgemäß zu bewegen. Bis zu 140 km/h schafft der E-Antrieb alleine, und wer mit dem Stromvorrat aus dem ebenfalls in Niederbayern gefertigten, 9,2 kWh großen Akku etwas haushaltet, kommt über 40 Kilometer weit, ehe der Verbrenner eingreifen muss.

Vier Stunden Ladezeit an Haushaltssteckdose

Der Vierzylinder-Benzinmotor wiederum steuert 190 kW/258 PS und 400 Nm Drehmoment und kommt auch in einigen Märkten im Einstiegsmodell 730i zum Einsatz. Mit beiden Motoren erreicht der Hybrid-7er die Sechszylinder-Leistung des 740i: Identische 240 kW/326 PS Systemleistung stehen im Buche und 500 Newtonmeter Drehmoment. Doch während sich der Reihensechser im 740i mindestens 6,8 Liter Benzin pro 100 Kilometer einverleibt, soll der 740e mit nur zwei Litern die gleiche Distanz zurücklegen können.

Wie bei allen Plug-in-Hybriden gilt das natürlich nur auf den ersten hundert Kilometern und auch nur dann, wenn der Stromspeicher zuvor an der Steckdose komplett gefüllt wurde; das dauert an der Haushaltssteckdose weniger als vier Stunden. Auf längeren Strecken dürfte sich der Konsum dagegen auch bei mindestens sechs Litern einpendeln.

Emissionsfrei zum Büro - und wieder zurück

Doch die Autobahn ist nicht das erklärte Jagdrevier des 740e, der auch mit langem Radstand und dann sogar mit Allradantrieb – und dem zungenbrecherischen Namen BMW 740Le xDrive iPerformance – erhältlich ist. Vielmehr richtet sich das Angebot an wohlhabende Kunden aus dem Speckgürtel großer Städte, die den Wagen nachts zuhause laden, morgens 30 bis 40 Kilometer ins Büro stromern und dort wieder auftanken können, um am Abend ebenfalls lautlos und lokal emissionsfrei nach Hause zurück zu fahren. Im Idealfall brauchen sie den Benziner nur am Wochenende, wenn es in die Berge, an den See oder zur Verwandtschaft aufs Land geht.

Abgesehen vom grünen Gewissen, das einem nach jedem abgasfrei zurückgelegten Kilometer auf die Schulter klopft, fährt sich auch der 740e genauso tadellos wie seine konventionell betriebenen Geschwister, von denen er sich äußerlich durch ein iPerformance-Logo an den Flanken und ein paar blauen Akzenten, unter anderem in der Kühler-Niere, unterscheidet. Sanft gleitet die mit mindestens 19 Zoll großen Rädern bestückte Limousine über die Straßen, bei Bedarf sprintet der Münchner in unter fünfeinhalb Sekunden auf Tempo 100. Und falls man es bei der Landpartie mal krachen lassen will, hat er auch mit engen Kurvenradien kein Problem.

Benziner schaltet sich ab 80 km/h hinzu

BMW hängt den Siebener an den Stecker
Im Display kann geschaut werden, welcher Motor gerade arbeitet BMW

Dass der Fahrer sich dabei nicht um das Zusammenspiel der beiden Antriebe kümmern muss, versteht sich von selbst, er sieht allerdings im Infodisplay, welcher Motor gerade was macht. Standardmäßig startet der 7er im Auto-Modus, bei dem der Einsatz von Verbrenner- und E-Motor bedarfsgerecht geregelt wird. Spätestens ab 80 km/h wird hier der Benziner hinzugezogen. Wer länger stromern will, schaltet auf „Max E-Drive“: Dann läuft der 7er bis zu 140 km/h rein elektrisch und der Otto wird nur bemüht, wenn der Fahrer das Gaspedal bis zum Kick-down niederdrückt. Andersrum kann man den steten Einsatz des Benziners erzwingen, in dem man die Achtgang-Automatik auf Sport stellt.

Schließlich bietet der BMW noch einen Battery-Control-Modus: Der Fahrer kann einen Akkustand zwischen 30 und 100 Prozent vorwählen, der dann entweder gehalten oder durch Laden während der Fahrt erreicht wird. Zwar ist das gezielte Aufladen mit der Kraft des Benziners nicht ganz so effizient, wie durch die Rekuperation beim Bremsen und Dahinrollen. Doch soll sich der Verbrauch in Summe nur minimal erhöhen. Dafür kann man nach einer längeren Autobahnetappe wieder guten Gewissens nur mit dem E-Antrieb durch die Stadt ans Ziel rollen. Damit ist der BMW gerüstet für etwaige gesetzliche Vorschriften, die schon bald Verbrenner gänzlich aus manchen urbanen Gebieten verbannen könnten.

BMW 740e ab 91.900 Euro

BMW hängt den Siebener an den Stecker
Das Kofferraumvolumen schrumpft um 100 auf 420 Liter BMW

Bleibt die Frage: Warum bietet BMW überhaupt noch verschiedene Motoren an, wenn der Hybrid sich doch als eierlegende Wollmilchsau präsentiert? Zum einen sind da die drei Diesel, die für Vielfahrer auf Langstrecke immer noch die erste Wahl sein werden. Zum anderen bietet BMW mit den Topmodellen 750i und bald auch 760i Alternativen für all diejenigen, denen V8- oder V12-Prestige doch noch mehr Wert ist als der Öko-Bonus. Nur der 740i scheint tatsächlich obsolet, ist der Reihensechser doch nicht nur gleich stark, sondern ausstattungsbereinigt auch nahezu gleich teuer.

Die gut dreieinhalbtausend Euro, die der mindestens 91.900 Euro teure 740e mehr kostet, werden durch Serien-Extras wie etwa das taghelle Laserlicht oder den Display-Schlüssel, der unter anderem Auskunft über den Akkustand gibt, ausgeglichen. Einziges wirkliches Manko des Hybrids: Der Kofferraum schrumpft wegen des Stromspeichers um knapp 100 Liter auf 420 Liter. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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