Audi S3: Muskeln und Manieren

In 4,8 Sekunden auf 100

Audi S3: Muskeln und Manieren
Der Audi S3 greift auf gleich 300 PS zurück. © Audi

Audi weckt das sportliche Potenzial des A3. Als S3 avanciert der Kompakte zur Kraftmaschine ohne dabei seine Eleganz abzulegen.

Der Audi A3 lässt die Muskeln spielen: War bislang beim 132 kW/180 PS-Benziner Schluss für den noblen Golf-Bruder, definieren die Bayern nun mit dem S3 die Leistungsspitze in der Kompaktklasse neu. Denn an seine 220 kW/ 300 PS kommt bis dato kein anderes Modell diesseits von M 135i aus München und A 45 AMG aus Stuttgart heran. Und die wollen die Herren der Ringe nicht so recht als Konkurrenten gelten lassen.

Bestnoten für Audi S3 in der Kurve

Zwar bleibt der A3 auch als S3 ein feiner Schnösel mit elegantem Auftritt und guten Manieren. Doch jetzt zeigt der Snob, was er für ein engagierter Sportler ist: Wenn der zwei Liter große Turbo seine maximal 380 Nm ausspielt, dann kennt die Fuhre kaum ein Halten mehr. Gierig stürmt der S3 nach vorn, in nur 4,8 Sekunden hakt man in der Version mit DSG-Getriebe die 100er-Marke ab, und auf der Autobahn werden die 250 km/h zur kleinen Formsache. Denn beim Kickdown auf der Überholspur hat der S3 noch so viel Dampf, dass man ihm gut und gerne auch 280 km/h abnehmen würde – wenn die nicht für den RS3 reserviert wären.

Was noch mehr beeindruckt als das schiere Beschleunigungsvermögen, sind Straßenlage und Kurvendynamik des kompakten Kraftmeiers: Flotte Geraden sind die Pflicht. Aber die Kür ist die schnelle Kurvenhatz, bei der sich Audi für den S3 nur Bestnoten verdient. Gut ausbalanciert, 60 Kilo leichter als der Vorgänger, mit einer direkter übersetzten Lenkung, breiterer Spur und längerem Radstand macht der Athlet im Anzug im Hinterland eine beeindruckend gute Figur und lässt sich fast narrensicher auch über den kurvigsten Kurs führen. Der Allradantrieb ist leicht hecklastig ausgelegt, die Lenkung scharf und präzise, das Fahrwerk stramm und das Getriebe knackig – so carvt man über die Landstraße wie der Skifahrer über den Slalomhang und freut sich bei der Autobahnfahrt auf jede Umleitung.

Vergleichsweise dezenter Auftritt des Audi S3

Dabei markiert der Audi zwar vor allem im Sportmodus mit giftigen Schaltrucken, feinen Zwischengas-Fanfahren, dem Brüllen des von zwei Schallklappen ermutigten Sportauspuffs und dem Dröhnen des Soundsystems an der Spritzwand den rasenden Rabauken. Doch mehr als je zuvor achtet der Sportler auf seine Manieren. Im Sportmodus ist er tatsächlich härter und knackiger als früher. Aber den Drive Select-Schalter auf Komfort stellt, erlebt ein angenehm knochenschonendes Quattro-Fahrwerk mit überraschenden Langstrecken-Qualitäten.

Muskeln und Manieren – dieser Maxime sind auch die Designer gefolgt. Denn der S3 ist kein protziger Poser, sondern hat auch mit den neuen Schürzen und Schwellern sowie den größeren Rädern und dem kleinen Heckflügel an der Dachkante einen vergleichsweise dezenten Auftritt. Dazu gibt es innen Sportsitze mit spürbar besserem Seitenhalt, ein griffiges Lenkrad und den üblichen Zierrat aus Karbon und Aluminium.

Audi S3 doppelt so teuer wie Basismodell

Der Audi S3 greift auf gleich 300 PS zurück.
Sportliches Ambiente im Cockpit des Audi S3. Audi

Wie immer im Leben muss man auch bei Audi für das Vergnügen ein paar Opfer bringen. Beim Händler, weil der S3 mit einem Grundpreis von 38.900 Euro fast doppelt so viel kostet wie das Basismodell und man spielend noch einmal 10.000 Euro für Extras ausgeben kann.

Und an der Tankstelle, weil der gegenüber dem Vorgänger sogar um 1,5 Liter reduzierte Normverbrauch von 6,9 Litern für das DSG-Modell und 7,0 Liter für den Handschalter natürlich nur graue Theorie ist, die mit jedem tieferen Tritt auf Gaspedal in noch weitere Ferne rückt.

Kurze Wartezeit auf Audi RS3

Der Audi S3 greift auf gleich 300 PS zurück.
Audi S3 als sportliche Speerspitze Audi

Fürs erste markiert der S3 die Leistungsspitze nicht nur bei Audi, sondern im ganzen modularen Querbaukasten des VW-Konzerns. Doch die Schwestermarken drängen von unten nach und scharren schon nervös mit den Hufen. Nicht umsonst kommt zum Beispiel aus Wolfsburg wohl noch in diesem Jahr ein Golf R, dem mindestens 290 PS nachgesagt werden.

Doch die Bayern lassen sich davon nicht beeindrucken. Denn auch sie haben für den A3 noch ein As im Ärmel: Den RS3. Und nach dem unerwartet großen Erfolg des Vorgängers, so heißt es aus Ingolstadt, wird der diesmal nicht wieder so lange auf sich warten lassen. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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