Angriff ohne Gegner

Fahrbericht Passat CC

Angriff ohne Gegner
VW Passat CC © Foto: Press-Inform

Volkswagen will emotionaler werden. Eine Aufgabe, die insbesondere dem gerade vorgestellten viertürigen Passat Coupe zufällt und das Auto nicht schlecht aussehen lässt.

Von Martin Woldt

Seit der VfL-Wolfsburg ein paar Plätze in der Bundesliga nach oben gestiegen ist, hört man von den VW-Gewaltigen Töne, als würden sie bald im Championsleague-Finale stehen. «Wir wollen jetzt voll auf Angriff spielen», wiederholte Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg die Worte seines Chefs Martin Winterkorn, den man vor dem geistigen Augen schon im VfL-Trikot den lieben langen Tag Flanken und Abseits mit der Belegschaft üben sieht. Hackenberg blies zum Angriff als er gerade das neueste Modell, den Passt CC vorstellte. Was unwillkürlich die Frage aufwirft, wen er damit eigentlich angreifen will?

Der unbekannte Gegner

Es gibt gar kein anderes viertüriges Coupe um die 4,80 Meter Länge, das bei 30.000 Euro einsteigt. Könnte eher sein, er hat die Barschaft der Kunden im Auge. Defensivtaktik ist es jedenfalls nicht, wenn man für ein bisschen gebürstetes Aluminium im Cockpit gleich 450 Euro extra verlangt. Aber einen direkten Wettbewerber? Bezogen auf die Länge gibt es das 407 Coupe von Peugeot, aber nur mit zwei Türen. Vier hätte der Mercedes CLS, aber der ist zwölf Zentimeter länger und gut 25.000 Euro teurer.

Der Mercedes CLS als Spiritus Rector

Knackiges Heck Foto: VW

Und doch deutet manches auf den CLS hin. Allerdings eher im Sinne eines Ideengebers. CLS bedeutet soviel wie Coupe-Limousine und trifft auch das Selbstverständnis des neuen Wolfsburgers, sagen wir eine Klasse tiefer. Auch VW geht es es darum, an der Spitze einer Modellreihe das traditionell eher nüchterne Design des Passat mit einem emotional und technologisch aufgerüsteten Grenzgänger zu erweitern. Damit in Europa Kunden zu halten, die sich sonst woanders umsehen und in den USA, wo man über 50 Prozent des Absatzes erwartet, dringend benötigte Achtungserfolge zu erzielen. Auch dem CC fällt die Aufgabe zu, einer gewissen Biederkeit in der traditionellen Baureihe zu begegnen, ohne beim Komfort in der zweiten Reihe all zu deutlich einzubüßen. Bis zu einer Körpergröße von etwa 1,80 Meter muss man sich allerdings keine Sorgen machen, auch wenn die Dachhöhe gegenüber dem normalen Passat um fünf Zentimeter eingezogen wurde. Dafür ist die Breite um 3,6 Zentimeter gewachsen.

Der Technologieträger

Viel Aluminium an Cockpit und Türen Foto: VW

Außerdem: kein anderer VW kommt mit derart vielen Fahrassistenten daher und beansprucht auf diese Weise, zumindest für den Moment die Technologieführerschaft innerhalb der Wolfsburger Baureihen. Zu den Premieren gehören etwa die Fahrspurhilfe «Lane Assist», die für einen wirklich kaum spürbaren Eingriff in das Lenkverhalten sorgt, sollte man unbeabsichtigt über die Mittellinie oder den Randstreifen geraten. Das Gegenlenken erfolgt so dezent, dass der Fahrer nur einen leichten Widerstand spürt, der Beifahrer von dem Manöver gar nichts mitbekommt. Der oft kolportierte Gedanke, solche Technik könnte bevormundend auf den Fahrer wirken kommt eigentlich nicht auf. Weil auch in Fahrsituationen, in denen man bewusst die von einer Kamera dedektierten Fahrbahnlinien, zum Beispiel beim Ausweichen, überschreiten will, lässt sich der Widerstand im Lenkrad leicht überwinden. Der Korrektureffekt aber kann immerhin lebensrettend sein, wenn man abgelenkt für Sekundenbruchteile die Richtung nicht hält.

Weniger dramatisch, aber sehr komfortabel ist die adaptive Fahrwerksregulierung DCC. Auf Knopfdruck in der Mittelkonsole stimmen sich die Dämpfer nach den Kategorien sportlich, komfortabel oder normal ab. Mag sein, dass die Normalposition für 90 Prozent aller Fahrsituationen ausreicht. Aber beim Belagwechsel von Asphalt auf Kopfsteinpflaster die Komforttaste drücken zu können, macht nicht nur einen akustischen Unterschied. Der Wagen wird viel sanfter aufgefangen. Weniger komfortabel ist allerdings, dass VW den Umschaltknopf schlecht einsehbar hinter der Gangschaltung platziert hat.

Zunächst drei Motorisierungen

V6 mit 300PS Foto: VW

Drei Motorisierungen hat VW zunächst im Angebot. Für den Grundpreis von 30.300 Euro gibt es einen 1,8 Liter TSI-Benziner, der 118kW/160 PS leistet. Ein seidenweicher Motor, der jederzeit druckvoll in den Sprint übergehen kann und 7,6 Liter auf 100 Kilometern verbraucht. Den Sprintspargedanken hält eher der103 kW/140 PS starke 2,0 Liter TDI CR hoch, der mit 5,8 Liter angegeben ist. Er hat einen eher gutmütigen Charakter und liebt die Reisegeschwindigkeit. Der Einstiegspreis beträgt hier 30.775 Euro. Beide Motorvarianten sind mit einem manuellen Sechsganggetriebe erhältlich. Und wohl eher an Amerika und zusätzlichem Fahrspaß orientiert ist Variante Nummer drei, ein Sechszylinder FSI-Benziner mit 220 kW/300 PS, der 10,1 Liter über die 100 Kilometerdistanz verbraucht und in 5,6 Sekunden aus dem Stand die 100-km/h-Marke erreicht. Das geht ausgesprochen flüssig, denn der Motor ist an ein Doppelkupplungsgetriebe gebunden. Der Preis dieser Kombination im Passat CC beträgt mindestens 40.800 Euro.

Lange Optionsliste

Komfortabler Zustieg in die zweite Reihe Foto: VW


Aber natürlich ist die Sache damit finanziell längst nicht ausgereizt. Wie immer bei VW kann man per Optionsliste in ganz andere Preisregionen aufsteigen. Günstig erscheint fast noch der so hilfreiche Fahrspurassistent mit 515 Euro. Das adaptive Fahrwerk verlangt dann schon 1025 Euro. Aber auch schon für die simple Anschlussmöglichkeit externer MP3-Spieler werden 165 Euro fällig.

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