Mission «Polo-Klasse»

Fahrbericht VW Polo 1.4

Mit drei Benzinern und einem Dieselaggregat startet der neue Polo im Juni. Er soll den Golf-Erfolg von Volkswagen endlich auch im Kleinwagensegment durchsetzen.

Von Martin Woldt

Als sich der Golf II 1984 anschickte, zum Patron einer gesamten Klasse zu werden, hatte er 3,98 Meter zwischen den Puffern und 1,68 Meter zwischen den Rückspiegeln. Die Werte halten sie in Wolfsburg längst für magische Zahlen und für auserwählt, eine neue Mission zu erfüllen. Volkswagen will sich mit dem neuen Polo (3,97 x 1,68 Meter) zum Hegemon im Kleinwagensegment aufschwingen. Nur die Höhe hat man als Konzession an das aktuelle Raumempfinden bei 1,46 Meter - fünf Zentimeter mehr als damals - veranschlagt.

Die Mission

Die Mission «Polo-Klasse» wie sie etwa Entwicklungsvorstand Ulrich Hackenberg einfordert, fußt auf der bewährten VW-Strategie, das ausgewogenste Auto im Wettbewerb auf die Räder zu stellen. Letztlich Golf-Niveau auf einer Kleinwagenplattform zu etablieren. Ist das gelungen? Beinahe. Tatsächlich wirkt der neue Polo ambitionierter als sein Vorgänger. Wo der mit seinen Tränensack-Scheinwerfern stets ein wenig ungläubig auf die Welt blickte, hat der Neue ein aggressiveres Blinzeln im Antlitz. Unter einer Art Lidstrich wirken die Doppelrundscheinwerfer unbeirrt auf ein fernes Ziel fixiert.

Das hat etwas von jener Entschlossenheit, wie sie sonst BMW und insbesondere zuletzt Audi zelebrierten. Das Heck hingegen wirkt etwas verspielter. Die Rückleuchten lassen einen ähnlich deutlichen Akzent vermissen und trösten erst bei Dunkelheit mit einem Lichtspiel, das einem heiteren Augenpaar in einem kantigen Gesicht ähnelt.

Das Fahrergefühl

Das Heck des neuen Polo Foto: Volkswagen

Das Fahrerumfeld im Innern ist vielleicht die deutlichste Einladung zu einem Versuch, den Kleinwagen künftig als erwachsen zu betrachten. Wo sonst der Kostendruck des Herstellers allzu offensichtlich wird, hat VW viel Wert darauf gelegt, die Golf-Haptik zu etablieren. Lenkung und Schaltung machen in den von uns getesteten Motorisierungen tatsächlich keinen Unterschied mehr. Sie vermitteln jene Gratwanderung zwischen Genauigkeit und Komfort, die das Gefühl ausprägen, im richtigen Auto zu sitzen. Die gewachsene Schulterfreiheit kaschiert die übliche Kleinwagenenge, die für normale Staturen noch etwa im Knieraum zu spüren ist. Da mag sich auf der Langstrecke schon noch der Druck am rechten Knie bemerkbar machen. Weil natürlich die Mittelkonsole für ein nachhaltiges Pilotengefühl nicht zu schmal ausfallen durfte.

Raum und Übersicht

Das Cockpit des neuen Polo Foto: Volkswagen

Die Sprache der Bedienelemente ist klar und übersichtlich. Keine billige Reiseweckeroptik sondern fahrerzugewandte Armaturen in Schwarz-Weiß mit dem VW-typischen digitalen Infofeld in ihrer Mitte. Die Oberflächen wurden in «Slush-Technik» gearbeitet. Was immer das ist, man fast es gerne an und es wirkt belastbar. Das Handschuhfach hätte ein eigenes Kapitel verdient, weil es nicht nur passt, es passt sogar etwas hinein. Das ewig störende Bordbuch verschwindet unter einem Deckel. Es gibt ein Aufbewahrungsfach für eine Brille. Es lassen sich noch zwei drei Bücher und diverser Kleinkram unterbringen; es ist kühlbar; und der Beifahrer muss keine Artistenschule besucht haben, wenn er unterwegs etwas hervor kramen will. Ansonsten fällt der Stauraum trotz Doppelbecherhalter, Flaschenständer in den Türen und Schubfächern unter den Sitzen nicht gerade üppig aus. Am meisten vermisst man eine gescheite Ablage für das in der Hosentasche drückende Handy, die zwei schmalen Schlitze neben der Handbremse taugen nur für Tempo-Packungen.

Der Rückraum

Der Rückraum vom VW Polo Foto: VW

Der Reisekomfort im Fond ist besser geworden, aber trotz eines um einen halben Zentimeter gewachsenen Radstandes noch lange kein Freizeitraum für etwa Halbwüchsige. Mit 2,47 Meter soll er jetzt das Niveau des Golf III haben. Dessen Rückraum ist uns dennoch großzügiger in Erinnerung. Das mag an der nach hinten abfallenden Dachlinie liegen, die im Grundschulalter noch keine Kompromisse verlangt. Dürfte aber auch mit dem recht hohen Mitteltunnel zusammenhängen, der den Sitzbankmitte doch deutlich entwertet und das Wort vom Fünfsitzer einigermaßen relativiert. Der Kofferraum wuchs gegenüber dem Vorgänger um zehn auf 280 Liter. Er lässt sich bei angenehm niedriger Ladekante leicht in einen fast ebenen Ladeboden verwandeln, über dem sich 952 Liter Stauvolumen erheben. Auch hier ist die «Mission Polo-Klasse» ins Stocken geraten, sind Wettbewerber wie der Ford-Fiesta oder der Opel-Corsa mindestens ebenbürtig.

Die Sicherheit

Der Kofferraum des neuen VW Polo Foto: VW

Wo VW unbedingt punkten wollte, ist die Sicherheit. Nach den eigenen Crashtests hofft man, auch nach den neuen EuroNCAP-Regularien fünf Sterne zu bekommen. Neben serienmäßigem ESP und überzeugendem Fußgängerschutz soll dies vor allem über eine steifere Fahrgastzelle erreicht werden. Sie wird nach eignen Aussagen insbesondere den sensiblen Fahrerfußraum besser schützen. Serienmäßig hat der neue Polo fünf Airbags an Bord.

Die verfügbaren Motoren

Der 1.4 Liter-Motor im VW Polo Foto: VW

Drei Benziner und eine Dieselvariante stehen zum Start im Juni zunächst zur Auswahl. Die überarbeiteten Dreizylinder-Sauger mit 60 und 70 PS empfehlen sich für Kurzstrecken. Sie sind beide im Stadtverkehr mit 7,3 Liter auf 100 Kilometern vermessen worden, im Mix mit 5,5 Litern. Der 85 PS starke neu justierte Vierzylinder mit sehr angenehmen Geräuschniveau eignet sich auch für längere Ausflüge und verbraucht 5,9 Liter. Er ist als Multitalent unter Kostengesichtspunkten (15.810 Euro für den zunächst nur verfügbaren Viertürer) erste Wahl. Für sportlichere Ambitionen sollte man auf den etwas später folgenden neuen 1,2 TSI warten.

Die Seitenansicht des neuen VW Polo Foto: VW

Der Turbobenziner leistet 105 PS ist mit sechs, statt fünf Gängen bestückt und soll 5,5 Liter verbrennen. In 9,0 Sekunden ist er von null auf Tempo 100 und hängt eng am Gas. Der zunächst verfügbare einzige Diesel ist der neue 1.6 TDI mit 75 PS. Er will Anschaffungskosten und Sparen miteinander verbinden, liegt im Verbrauch bei bemerkenswerten 4,2 Litern, nimmt sich aber bis auf Tempo 100 14 Sekunden Zeit. Er ist ab ab 15.535 Euro zu haben, während die Benzinerpreise bei 12.885 Euro beginnen.



Keine Beiträge vorhanden