Volvo S80 V8: Schwedischer Edelschlitten

Wie stellt man sich einen schwedischen Familienvater vor? Groß, schlank, blonde Haare und wohl ökologisch interessiert. In leitender Position fährt der auch gerne einen S80; dezent, elegant, souverän und seit einigen Monaten auch mit V8-Power zu bekommen.

Von Stefan Grundhoff

Wer sagt, dass die Schweden nur gemütlich über ihre endlosen Landstraßen gleiten wollen? Volvo hat die Zeichen der Zeit erkannt und will den zumeist deutschen Premiumherstellern nicht allein das Feld der Luxuslimousinen überlassen. Zugegeben, es geht ihnen längst nicht nur um Schweden oder Europa.

Kooperation mit Yamaha

Bereits die erste S80-Generation fand nicht nur in Skandinavien, sondern insbesondere den USA redlichen Absatz. Besonders der nordamerikanische Markt forderte seit Jahren mehr Leistung und mehr Zylinder. Und auch die skandinavische Oberschicht freut sich nicht nur hinter dem vorgehaltenen grünen Daumen über einen S80, der nicht mehr von aufgeblasener Turbopower, sondern einem echten Achtzylinder angetrieben wird.

Bereits beim beliebten Edel-SUV XC90 hat sich der gemeinsam mit Yamaha entwickelte Achtzylinder einen Namen gemacht. Zwar kann man mit 4,4 Litern Hubraum und 315 PS nicht ganz dem Tatendrang von vergleichbaren Triebwerken aus Stuttgart, München oder Ingolstadt folgen, doch auf dem Volumenmarkt USA interessiert das bekanntlich nur wenige. Logische Folge, dass auch der neu entwickelte Volvo S80 als Aushängeschild der Marke mit dem Langhuber zu bekommen ist.

Allrad serienmäßig

Dynamische Seitenlinie Foto: press-inform

Wer meint, dass der drehmomentstarke Commonrail-Diesel mit knapp 2,5 Litern Hubraum und 185 PS die Idealbesetzung für einen wie den S80 ist, hat noch keine zehn Kilometer im V8 zurückgelegt. Man kann darüber streiten, ob man bei einem derart komfortabel abgestimmten Cruiser mehr als 300 PS benötigt, aber Kraftentfaltung und Geräuschniveau lassen selbst die Zweifler skandinavischer Fahrkultur mit der Zunge schnalzen. Kein Vergleich zum mitunter nicht allzu harmonischen Turbosechszylinder, der seine Leistung wenig gentleman-like an die Vorderachse brachte.

Der neue S80 V8 setzt serienmäßig auf Allradantrieb - wenngleich auf keinen wirklich guten. Im normalen Fahrbetrieb bringt der Schwede nahezu die komplette Motorleistung an die Vorderachse. Das spürt man deutlich im Steuer; besonders beim starken Beschleunigen und bei rutschiger oder glatter Fahrbahn. Erst wenn an der Vorderachse Schlupf auftritt, wird ein Teil der Kraft per Haldexsystem an die Hinterachse gebracht. Im Vergleich mit den Systemen von BMW (xDrive), Mercedes (4matic) und Audi (quattro) fährt man in punkto Fahrdynamik hier das schwächste Paket.

Hoher Verbrauch

Der V8-Motor Foto: press-inform

Trotzdem hilft der Allradantrieb, die satte Leistung von 232 kW / 315 PS und 440 Nm bei 3.900 U/min, auch bei glatter Straße auf selbige zu bringen. 0 auf 100 km/h in 6,5 Sekunden und eine abgeregelte Höchstgeschwindigkeit von 250 km/h zeigen, dass Volvo längst nicht mehr allein auf Sicherheit und Schwedencharme setzt. Ähnlich wie beim XC90 ist der Achtzylinder auch beim S80 quer eingebaut.

Der angekündigte Durchschnittsverbrauch von knapp zwölf Litern Super auf 100 Kilometern lässt sich wohl nur auf amerikanischen Highways und in den Weiten Schwedens erfahren. Im deutschen Alltagsgeschäft muss man mit mindestens 13,5 Liter pro 100 Kilometern kalkulieren. Wem das zu viel ist, sollte sich lieber für den kraftvollen, aber recht lauten D5-Motor entscheiden.

Innenraum mit Oberklasseniveau

Eleganter Innenraum Foto: press-inform

Die Optik des 4,85 Meter langen Volvo S80 ist dezent und unterscheidet sich kaum auffallend vom Vorgänger. «Rund 95 Prozent der Teile sind neu. Wir haben den neuen S80 bewusst an der Optik des Vorgängers angelehnt, um den Sprung für den Kunden nicht allzu groß zu machen», so S80-Produktmanagerin Silvia Gullsdorf, «die Marktanteile des komplett neuen Volvo S80 sollen so deutlich gesteigert werden.» Alles neu, aber keiner sieht’s - auch das ist Understatement.

Der Innenraum zeigt sich auf Oberklasseniveau und im bekannt klaren Volvo-Styling. Die elektrischen Ledersitze sind bequem, etwas zu hoch und lassen sich Fahrer und Beifahrer jeder Größe einstellen. Etwas mehr Seitenhalt wäre schön, aber das ist abgesehen von den R-Modellen einfach nicht die Stärke der Schweden. Auch im Fond lässt es sich prächtig reisen. Kopf-, Bein- und Schulterfreiheit sind üppig. Die Bank wie auch vorn eine Spur zu weich und die Sitzheizung auch hinten einfach nur angenehm.

Prunkstück Mittelkonsole

Nicht nur für den schwedischen Familienvater Foto: press-inform

Die Mittelkonsole ist das Prunkstück des Innenraums - eine Vielzahl an Knöpfen und trotzdem einfach zu bedienen. Wieso es zwei Displays für Soundsystem und Navigationsbildschirm gibt, bleibt ein Geheimnis. Ein großes Display in der Mitte würde sich besser machen und täte der Bedienfreundlichkeit keinen Abbruch.

Gestartet wird bei vielen per Starterknopf. Eine tolle Sache, aber nur dann, wenn man den Schlüssel in der Tasche lassen kann. So bringt das ganze nicht die Spur eines Mehrwerts. Der Kofferraum liegt mit 485 Litern auf Klassenniveau. Die Zuladung liebt bei 504 Kilogramm.

Start bei 57.450 Euro

Das Heck des Volvo S80 V8 Foto: press-inform

Ein echter Mehrwert ist das unverständlicherweise nur optionale Fahrwerkssystem Four-C, wobei der Pilot die Möglichkeit hat, das Fahrwerk seiner Fahrweise abzustimmen. Ohne Four-C ist der S80 ein prächtiger Cruiser, aber eben auch nicht mehr. Bei schnell gefahrenen Kurven, Lastwechseln oder forschen Autobahnpassagen wünscht man sich schnell ein strafferes Fahrwerk. So ist der 1,8 Tonnen schwere Schwede zu weich und schwammig. Auch Lenkung und Bremsen könnten mehr Biss vertragen. So bleibt der S80 das, was er schon immer war - eine ideale Reise- und Langstreckenlimousine - egal in nördlich von Stockholm, zwischen Nürnberg und Frankfurt oder in der Los-Angeles-Area.

Trotz aller Motorleistung und mehr Tatendrang kommt auch beim neuen S80 das Thema Sicherheit nicht zu kurz. Wer Extras wie Kurvenlicht oder den intelligenten Abstandstempomaten einmal schätzen gelernt hat, möchte sie schnell nicht mehr missen. Ebenfalls pfiffig, den bereits seit zwei Jahren erhältlichen Überholassistenten, der dem toten Winkel des Schrecken nimmt. Der Preis für den Volvo S80 V8 Momentum beginnt bei 57.450 Euro; die exzellent ausstaffierte Ausstattungsvariante Executive schlägt mit 68.120 Euro zu Buche. Das Volumenmodell, der 185 PS starke D5-Motor mit Partikelfilter beginnt bei 37.550 Euro, lässt in Sachen Serienausstattung jedoch einige Wünsche offen.

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