Zurück in die Sechziger: Triumph Bonneville

Die Bonneville T100 von Triumph setzt auf einen klassischen, stehenden Paralleltwin-Motor. Der passt bestens zu dem Motorrad, dass einem Sechziger-Jahre-Modell entlehnt ist.

Von Thilo Kozik

Als Motorradhersteller lebt es sich gut von Traditionen. Das trifft nicht nur auf Ducati, Moto Guzzi oder Harley-Davidson zu. Auch die wieder auferstandene britische Marke Triumph zehrt von alten Zeiten - auch wenn das heutige Unternehmen in Hinckley nur wenig gemein hat mit dem Vorgänger, der legendären Motorrad-Manufaktur im nahe gelegenen Meriden. Aus dessen Hoch-Zeit ist vielen Motorradliebhabern noch die Bonneville bekannt, ein zu seiner Zeit sportliches Zweirad mit Hochgeschwindigkeitsgarantie.

Wie aus einem alten Teilelager

Speichenräder und ein tropfenförmiger Tank. Foto: Werk

Um diesen erinnerungsträchtigen Namen haben die cleveren Briten eine ganze Familie kreiert, die sich in Optik aber auch Technik stark an das klassische Vorbild anlehnt: Typische Speichenräder, der dicke, tropfenförmige Tank mit davor montiertem klassischem Rundscheinwerfer, zwei verchromte Stereo-Federbeine und die gerade Sitzbank, alles sieht so aus, als hätte jemand ein Teilelager von 1963 gefunden und die Komponenten entsprechend den alten Bauplänen zusammen gefügt.

Durch Hinzufügen ausgesuchter Stilelemente zum puristischen Bonneville-Stil gelingt dem T100 Roadster eine innige Verbindung zu den klassischen Sportlern der Sechziger Jahre. Verchromte Motordeckel sorgen für angebrachten Glanz, entsprechend dem sportiven Auftritt gibt ein Drehzahlmesser zusätzlich zum Tachometer die Motordrehzahl an.

Ein stehender Paralleltwin

Was die «modernen Klassiker», so die hauseigene Bezeichnung, letzten Endes so authentisch macht, ist vor allem die in den heutigen Zeiten des Leistungswahns unübliche Antriebseinheit, ein klassischer stehender Paralleltwin mit Luftkühlung. Während die Basisversion der Triumph Bonneville nach wie vor mit dem bekannten 790-Kubik-Twin vorlieb nehmen muss, beschert der T100 ein größerer Hubraum von 865 cm3 mit dem neuen Hub-/Bohrungsverhältnis von 90 zu 68 mm und einem Verdichtungsverhältnis von 9,2:1 sowie die 360°-Zündfolge eine Extraportion Pfeffer.

Damit stellt der quirlige luftgekühlte Paralleltwin unterm Strich zwar nur drei PS mehr Leistung bereit, doch für die T100 ist der Drehmomentzuwachs von 60 auf 68 Newtonmeter im Fahrbetrieb wichtiger. Damit schiebt der reinrassige Paralleltwin die gerade mal 205 Kilo schwere Fuhre insbesondere im unteren und mittleren Drehzahlbereich voran, dass man sich vorkommt wie bei einem jener legendären englischen Straßenrennen, die in den Sechzigern auf der Insel so populär waren.

Gurgeln aus den Schalldämpfern

Die Motorendeckel sind verchromt. Foto: Werk

Für stilechtes Ambiente sorgt zudem die Untermalung durch den tiefen Gurgelton aus den beiden Pea-Shooter-Schalldämpfern. Im letzten Drehzahldrittel holt einen jedoch die Gegenwart wieder ein - oben herum wirkt der Motor zäh, teigig und drehunwillig, das können moderne Motorkonstruktionen um Klassen besser. Doch diese Charakteristik harmoniert besser mit der artgerechten Fortbewegung der T100, die lässig und drehmomentorientiert über Land bewegt werden will und abseits von Alltagsstress und Hektik für die besinnlichen Momente im Motorrad-Kosmos sorgt.

Dafür sorgt auch ein völlig unkompliziertes Fahrwerk, das mit einem soliden Stahl-Schleifenrahmen, einer konventionellen 41er Telegabel und verchromten Stereo-Federbeinen aufwartet. Nicht zuletzt dank der sehr niedrigen Sitzhöhe von 775 Millimeter und der handlichen Lenkstange genießt der Fahrer eine ausgezeichnete Kontrolle über das Fahrgeschehen. Moderate Reifendimensionen sorgen für mühelose Lenkarbeit und ein lässiges Handling, genau so, wie man es von einem Motorrad auf Bonneville-Basis auch erwarten darf.

Gleiches gilt leider auch für die Verzögerungsorgane, die Wirkung der Doppelkolbenzange der Einzelscheibe vorn im Zusammenspiel mit der hinteren verlangt vom Piloten eine etwas vorausschauende Fahrweise. Aber so war das vor vierzig Jahren eben, als in den Sechzigern die klassischen Speedster echte Wirbelwinde waren.

Handbemalt

Auch heutzutage drückt eine T100 Stil und Individualität aus. Wie vor 40 Jahren werden die feinen Zierlinien allesamt von Hand aufgetragen, praktische Tankpads aus Gummi bescheren nostalgischen Charme. Wem diese Art Motorrad zusagt, und wer seinen Fahrspaß aus der adäquaten Fahrweise gewinnen kann, für den wird sich die Investition von 8350 Euro auszahlen. Denn durch den unverwechselbaren Charakter des Bikes braucht er sich und sein Motorrad keinem Vergleich auszusetzen.

Keine Beiträge vorhanden