Mit gutem Gewissen abschalten

Smart 1.0 mhd

Die Start-Stopp-Technik im Smart funktioniert tadellos im Stadtverkehr. Aber beim Kraftstoffverbrauch kann das Auto nicht überzeugen.

Von Martin Woldt

So populär wie Rotkäppchen wäre der Smart Micro Hybrid Drive (mhd) wahrscheinlich auch gern. Warum sonst tischt er uns ein ganz eigenes Märchen auf. Von einem zweiten Motor, den er gar nicht hat. Denn der «Micro Hybrid» ist purer Zeitgeist, eine Illusion, die man vergeblich neben dem Dreizylinder-Triebwerk sucht, das die ganze Antriebsarbeit alleine leistet.

Geschickte Abschalt-Elektronik

Dass man sich darüber überhaupt nicht wundert, liegt an einer geschickt arbeitenden Elektronik, die immer dann den Benziner abschaltet, wenn man sich bei Geschwindigkeiten unter acht km/h einer Ampel oder einem Stauende nähert und auf die Bremse tritt. Und den Motor ohne weiteres Zutun wieder startet, wenn man den Fuß wieder hebt. Herzstück dieser Technik ist ein Startergenerator, der sowohl Strom für das Bordnetz erzeugt und gleichzeitig als Anlasser fungiert.

Spezielle Batterie

Der Start-Stopp-Betrieb bedingt heftige Lade- und Entladewechsel, die einen herkömmlichen Bleiakku schnell überfordert hätten. Weshalb im Smart mhd eine spezielle Batterie verbaut wurde, deren Elektrolyt in einer Art Vlies verpackt ist, was sie widerstandsfähiger macht. Dieses aufwendige aber gegenüber der Basisversion nur 351 Euro teurere Start-Stopp-System funktioniert so mühelos, dass man Mitleid mit all den anderen vor sich hin grummelnden Autos ringsum bekommt, die im Stand sinnlos Sprit verschleudern. Während man selbst locker aus dem Fußgelenk auf die vermeintlich ökologische Bremse tritt. Sich aber fragt, warum Start-Stopp nicht zur Serienausstattung gehört?

Enttäuschender Praxisverbrauch

Erwachsenes Auto Foto: Smart

Das wäre zeitgemäß. «19 Prozent Benzin bei 100 Prozent Leistung» will Smart mit dem System im Stadtverkehr sparen. Gegenüber dem normalen auch 71 PS starken Modell soll der Kraftstoffverbrauch von 4,7 Liter auf 4,3 Liter auf 100 Kilometer sinken. Das sind unter Sonderbedingungen ermittelte Werte, die wir leider im üblichen Fahrbetrieb nicht bestätigen konnten. Mit Start-Stopp kamen wir nach je 100 Stadtkilometern auf 6,7 Liter, ohne dann auf 7,0. Beide Größen sind für einen 750 Kilogramm schweren Zweisitzer nicht berauschend. Und ökologisch? Da muss man wohl noch auf den zur Zeit in London in der Erprobung befindlichen Elektro-Smart warten.

Start-Stopp-Technik bald amortisiert

Automatik-Schalter Foto: Smart

Aber ökonomisch betrachtet, rechnet sich Start-Stopp auf der Basis unserer Praxiswerte bei gegenwärtigen Spritpreisen in gewisser Weise schon nach etwa 3 500 Kilometern. Das sind ungefähr sechs Monaten Autofahren, wenn man durchschnittlich 8 000 Kilometer im Jahr zurücklegt. Das ist schon eine Überlegung wert, denn der Smart hat ja auch noch andere Vorzüge, und komfortabel ist das an ein automatisches Fünfgang-Getriebe gekoppelte System allemal. Wenngleich man sich die Schaltvorgänge auch harmonischer vorstellen könnte. Die Zugkraftunterbrechung beim Hochschalten provoziert manchen Ruckler, den das Fahrwerk mit seinem kurzen Radstand unnötig ausbügeln muss.

Erwachsenes Auto

Alles in allem ist auch dieser Smart ein längst erwachsenes Auto mit keineswegs beengendem Raumgefühl, wie man von außen leicht vermutet. Er lenkt sich bei guter Rundumsicht recht passabel. Mit 145 km/h in der Spitze und 13,3 Sekunden für die Beschleunigung von null auf hundert, schwimmt man selbst auf der Landstraße ganz ordentlich mit. Das größte Ärgernis ist seine lange Aufpreisliste, denn abgesehen von ESP oder einer Zentralverriegelung ist die Serienausstattung dürftig. Selbst für Steinalt-Technik wie eine Servolenkung( + 460 Euro) bittet Smart noch ordentlich zur Kasse. Unser Testwagen mit Klimaanlage, Servolenkung und Seitenairbags kostet mal ebenso 14 800 Euro.

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