Einstandsgeschenk für den Emir

Porsche Panamera

Porsche schließt die Lücke zwischen dem Cayenne und dem 911. Der Panamera ist dabei mehr Sportwagen als Familienkutsche.

Von Thomas Flehmer

Der Zeitpunkt passt haargenau. Während die Verhandlungen mit dem Emir von Katar über den Einstieg bei Porsche auf die Zielgerade einbiegen, bringen die Zuffenhausener ihre vierte Baureihe auf den Markt und lösen so die aufkeimenden Probleme des Herrschers aus dem Wüstenstaat. Der musste bisher - wollte er nicht auf den klobigeren Cayenne zurückgreifen - bei der Fahrt durch sein Reich mit einem 911er, Boxster oder Cayman jeweils zwei seiner insgesamt drei Frauen daheim lassen. Mit dem Panamera ist dieser Gewissenskonflikt gelöst. Mit dem sportlichen Viersitzer hilft Porsche nicht nur dem Scheich Hamad bin Chalifa Al Than, sondern ist zugleich in das Segment der Gran Turismo, der viertürigen Reiselimousinen eingestiegen, das bisher einem Maserati Quattroporte, einem Mercedes E 63 AMG oder einem Jaguar XF-R vorbehalten war.

Mix aus 911 und Cayenne

Das Design ist eine gelungene Mischung aus 911 und Porsche Cayenne. Mit knapp fünf Metern Länge erreicht der Panamera SUV-Ausmaße, mit einer Höhe von 1,42 Metern bewegt sich der Gran Turismo auf Sportwagenniveau. Die typischen Kotflügel, die die Motorhaube überragen, der Lufteinlass im Frontbereich anstatt Kühlergrill sowie die typische Heckscheibe, die oben breiter ist als unten, zeichnen den Panamera als volles Familienmitglied aus. Auch im Innenraum empfangen einen die Lederverkleidungen in den bekannten Porsche-Farben.

Erschlagend sind zunächst die vielen Knöpfe. Ganze 27 Knöpfe oder Schalter sind es auf der aufsteigenden Mittelkonsole, die dem Carrera GT nachempfunden wurde. Am Navi-CD-Radio gibt es weitere 15, sowie vor dem Schiebedach elf. Genauso schnell wie der Schock darüber auftrat, ist er auch schon wieder verschwunden, da viele Knöpfe selbsterklärend sind und einfach zu bedienen. Porsche will damit die ansonsten per Drehknopf anzuklickenden computerähnlichen Menüs und Untermenüs verhindern, die noch mehr während der Fahrt ablenken.

Zum Schnelltransporter mutiert

Typisches Design, neue Mittelkonsole Foto: Porsche

Was nicht verhindert werden konnte sind die nervigen Spiegeleien des Armaturenbrettes auf der Frontscheibe. Dieses fällt ebenso negativ auf wie die fehlende Übersicht beim Radfahrerblick, die der coupéhaften Form geschuldet ist und mit der auch die Mitbewerber zu kämpfen haben, wenn Aussehen vor Sicherheit gehen soll. Wer vorsichtig fährt, kann diesen Makel ausgleichen. Doch das ist gerade die Gefahr beim Panamera. Im Innenraum wird die Geschwindkeit kaum gefühlt. Hier können es sich die Insassen je nach Gusto entweder bequem in den komfortablen Leder- oder härteren Sportsitzen bequem machen.

Trotz der Coupéform können auch größere Personen den Platz im Fond genießen, da die Sitze ähnlich tief angebracht sind wie beim Elfer. Und ein Radstand von 2,92 Metern ist nicht zu verachten. Bleiben die hinteren Plätze frei, bietet der bereits in der Basis 445 Liter fassende Kofferraum Einblick in eine neue Porsche-Welt, nicht weit entfernt vom gewöhnlichen Kombi. Sind die Sitze umgeklappt, passen nämlich sogar 1250 Liter hinein und der Panamera mutiert zum Schnelltransporter.

Sportwagentaugliches Fahrgefühl

500 PS und 700 Nm Drehmoment Foto: Porsche

Und schnell ist der Begriff, der mit Porsche verbunden wird. Bereits der Einstiegs-Achtzylinder des Panamera S sowie die Allrad-Variante Panamera 4S weist 294 kW/400 PS und ein Drehmoment von 500 Newtonmeter auf. Dabei bot der lediglich per Hinterrad angetriebe 4,8 Liter-Sauger bei der Beschleunigung die eindeutig agilere Performance. Der Allradler hatte doch mehr mit den gut zwei Tonnen der Reiselimousine zu tun. Nach spätestens 5,4 Sekunden sind die 100 km/h erreicht. Gar 1,2 Sekunden schneller passiert der ebenfalls 4,8 Liter große Turbo mit 368 kW/500 PS die 100 km/h-Marke. Hier macht sich das um 200 Newtonmeter höhere Drehmoment bemerkbar, dass per Overboost sogar 770 Nm an die Kurbelwelle weitergibt.

Allen gleich ist das absolut sportwagentaugliche Fahrgefühl, das über drei Modi «Komfort», «Sport» und «Sport Plus» variiert werden kann. Dank eines aktiven Wankausgleichs und einem niedrigem Schwerpunkt nimmt der Panamera die Kurven wie ein Elfer, auch wenn die Lenkung einen Tick straffer hätte ausfallen können.

3,2 Liter Verbrauchs-Einsparungen

Neue Gefühle in der zweiten Sitzreihe Foto: Porsche

Das Siebengang-Doppelkupplungsgetriebe sorgt für weiteren zugfreien Fahrspaß. Verbunden mit der ebenfalls erstmals eingesetzten Start-Stopp-Automatik sowie einer schnellen Motorenerwärmung und reduzierten Reibungsverlusten werden somit 3,2 Liter auf 100 Kilometern eingespart.

Der Panamera S soll so lediglich 10,8 Liter Superplus verbrauchen, der Turbo 12,2 Liter. Ein Hybridmodell soll folgen, um noch mehr Treibstoff einzusparen. Zunächst kommt aber im kommenden Jahr ein Sechszylinder mit lediglich 300 PS. Dagegen ist ein Dieselmotor noch fraglich.

Lange und teure Aufpreisliste

Sportliche Seitenlinie Foto: Porsche

Rund 20.000 Einheiten waren zunächst eingeplant, bevor die Finanzkrise nicht nur hochtrabende Absatzträume zerstörte. Einige tausend Vorbestellungen sollen für den ab 12. September erhältlichen Panamera vorliegen. 94.575 Euro müssen für den Panamera S investiert werden, der Allradler kostet mindestens 102.251 Euro, der Top-Turbo gleich 135.154 Euro.

Das Buch mit der Aufpreisliste weist die Seitenzahl des Telefonbuchs einer deutschen Kleinstadt auf, so kostet die Doppelkupplung allein 3510 Euro. Kunden wie der Scheich zücken kommentarlos das Scheckbuch, Hauptsache alle Frauen sind an Bord und sind zufrieden.

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