Porsche Cayenne GTS: Auffallen um jeden Preis

Knallige Farben

Porsche Cayenne GTS: Auffallen um jeden Preis
Der Porsche Cayenne GTS begeistert nicht nur mit poppigen Farben © Porsche

Porsche hat dem Cayenne GTS poppige Farben spendiert. Wer sich dann noch nicht umdreht, wird spätestens vom Sound eingeholt.

Von Patrick Broich

Ein bisschen Farbe gefällig? Manch glückliche Kunden, die ab Juli den neuen Porsche Cayenne GTS in Empfang nehmen dürfen und mindestens 90.774 Euro auf den Tisch gelegt haben, können sich über zwei besonders schillernde Töne freuen: Die Marketingstrategen entschieden sich dafür, den GTS gleich ab Marktstart in sogenanntem Peridotmetallic und in Karminrot anzubieten; dabei handelt es sich um jenes auffällige Gelb-Grün, das mutige Käufer bereits auf dem Cayman R spazieren fahren oder ein leuchtendes Rot.

Zurückhaltende Manieren beim Porsche Cayenne GTS

Letzteres ist genau die richtige Wahl für den bis zu 2,4 Zentimeter tiefer kauernden, 309 kW/420 PS starken GTS mit seinem gegenüber der S-Variante modifizierten 4,8-Liter-V8. Wenn der vernehmlich bollernde Geländewagen um die Ecke biegt, drehen sich Passanten mit großer Wahrscheinlichkeit um – dafür haben die Sounddesigner schon gesorgt. Sie verschärften das Ansauggeräusch, den Rest macht die aus den anderen Varianten bekannte Sport-Abgasanlage, beim GTS Teil der Serienausstattung. Um die Ohren auch innerhalb der Fahrgastzelle zu verwöhnen, spendierten die Techniker dem Allradler spezielle Kanäle, die das begehrte Achtzylinder-Timbre in die Hohlräume der Karosserie befördern sollen – auf Knopfdruck kann der Tongenuss starten.

Hoffentlich haben es die Porsche-Spezialisten nicht zu gut gemeint. Erste Runden mit der zweitstärksten Cayenne-Ausführung bescheinigen dem Schwaben allerdings eher zurückhaltende Manieren. Richtung Begrenzer wird der Otto fast kehlig, während er bei Teillast lässig bollert. Aufdringlichkeit? Fehlanzeige – selbst in Zimmerlautstärke kommunizierende Insassen werden durch den Motor kaum aus der Ruhe gebracht.

Porsche Cayenne GTS zwischen drei Welten

Der Porsche Cayenne GTS begeistert nicht nur mit poppigen Farben
Der Porsche Cayenne bietet Spaß auf der Landstraße Porsche

Eher soll die Mitwelt etwas von der hohen Maschinenbaukunst haben – daher trompetet der Verbrenner die Gewalt seiner acht Töpfe gerne nach außen. Eine kurze Fahrt durch den Tunnel mit geöffneten Fenstern beweist dies eindeutig. Freilich müssen sich die Macher schneller Geländewagen immer wieder die Frage nach dem Sinn dieser Fahrzeugart stellen lassen. Kann man mit einem 4x4 überhaupt sportlich unterwegs sein?

Klar, beim Thema Schwerpunkt hat auch ein niedrigerer Cayenne das Nachsehen gegenüber reinrassigen Fahrmaschinen – aber als solche darf er auch nicht verstanden werden. SUV wie der Cayenne sind eher so etwas 3-in-1-Produkte: Heute gemütlich weite Strecken absolvieren, morgen den Oldtimer auf dem Trailer ziehen und danach Spaß haben auf der Landstraße.

Porsche Cayenne GTS in 5,7 Sekunden auf 100 km/h

Der Porsche Cayenne GTS begeistert nicht nur mit poppigen Farben
Die Pilotenkapsel ist auch beim Porsche Cayenne GTS obligatorisch Porsche

Zackig-direkt folgt das satt auf der Straße liegende SUV ambitionierten Lenkbewegungen – da muss etwa ein weit leichterer Kompaktwagen erst einmal hinterherkommen. Im Vergleich zum S marschiert der GTS deutlich giftiger nach vorn. Denn er verfügt nicht alleine über 20 weitere Pferdchen unter der Haube, sondern hat auch die kurze Achse der Sechszylinder-Modelle. Das Werk gibt den Standardsprint auf 100 Sachen mit 5,7 Sekunden an – ein Elfer liegt nur eine gute Sekunde darunter. Bei 261 km/h ist Schluss, genug Speed also, um die meisten sogenannten Performance-Offerten souverän zu überholen. Schließlich wird in der Regel ab 250 km/h eingebremst.

Eine durchaus geschmeidig schaltende Achtgang-Automatik ist obligatorisch. Der luftgefederte Testwagen (1 951 Euro Aufpreis) konnte im Komfort-Modus selbst über hartgesottene Querfugen nur müde lächeln. In der Sport-Einstellung reicht das Fahrwerk aggressive Wellen schon deutlicher spürbar an die Passagiere weiter. Die auf den ersten Blick unübersichtliche Schalterlandschaft wirkt gleichzeitig faszinierend und lässt sich nach etwas Eingewöhnung auch beherrschen. Ordentliche Platzverhältnisse entschädigen für das eventuelle Studium der Bedienungsanleitung – wie sollte es auch anders sein bei einer Länge von 4,85 Metern und über zwei Metern Breite (mit Außenspiegeln). Selbst 1 800 Liter Gepäckraumvolumen gehen über das hinaus, was man bei Lifestyle-Vertretern stillschweigend erwartet.

Verbesserte Serienausstattung im Porsche Cayenne GTS

Ach ja, mit dem Cayenne GTS erwirbt man übrigens weder ein besonderes Schnäppchen noch ein überteuertes Angebot. Der Mehrpreis von rund 15.000 Euro gegenüber dem Basis-V8 ergibt sich zu großen Teilen aus einer verbesserten Serienausstattung. Auch über Verbräuche im zweistelligen Bereich kann man einem fast fünf Liter großen Benziner nicht wirklich böse sein – das sollte man vor dem Kauf einpreisen. Für Interessenten mit dem Wunsch nach einem betont sportlichen SUV ist der Cayenne GTS wohl die beste Wahl.

Dass er reinrassige Offroadfahrten nicht so ernst zu nehmen scheint, merkt der Kenner schnell: Ein Verteilergetriebe mit kürzerer Geländeübersetzung ist nicht zu haben. Halbherzige Differenzialsperren, die zum Teil über ein Bremsmoment geregelt werden, hingegen schon. Für die fein asphaltierte Flaniermeile wird es schon reichen. (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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