Wie im Glashaus

Porsche 911 Targa

Wie seine Modell-Brüder erhält auch der Porsche 911 Targa eine Frischzellenkur. Ob sie dem Sportwagen mit XXL-Glasschiebedach gut tut, zeigt unser Test.

Von Wolfgang Gomoll

Porsche-Puristen, für die der Heckantrieb unumstößliches Dogma ist, müssen jetzt ganz tapfer sein. Den Porsche 911 Targa gibt es nur in der Allrad-Variante. Das macht ihn für Freunde der Zuffenhausener Tradition des Querfahrens zum «No Go»: Nicht Fisch und nicht Fleisch, also nicht Coupé und nicht Cabrio, lautet die naserümpfende Etikettierung des Glaskuppel-Fahrzeugs mit XXL-Schiebedach durch die orthodoxen 911er-Jünger.

«Perfekte Synthese»

Erhard Mössle bringen solche Ansichten nicht aus der Ruhe. «Das sehe ich anders. Für mich ist der 911 Targa die perfekte Synthese aus Cabrio und Coupé für Kunden, denen das eine Modell zu offen und das andere zu geschlossen ist», erklärt der Gesamtprojektleiter der Baureihen Porsche Turbo, Carrera 4 und Targa 4.

Zehn Prozent der 911er-Kunden sollen sich für den Targa entscheiden. «Der Targa-Fahrer genießt das Cruisen und die Landschaft», sagt Mössle, ein drahtiger Mann mit hellen blauen Augen, der gerne Mountainbike fährt. Deswegen ist der Targa mit einem komfortablen Fahrwerk, sprich etwas weicheren Federn und Dämpfern, bestückt. Wer den Glashaus-Porsche mit dem adaptiven PASM (Porsche Active Suspension Management, Serie für Targa 4S sonst 1547 Euro Aufpreis) ordert, hat von beiden Welten etwas. Im Normal-Modus ist der Komfort spürbar. Standard-Unebenheiten filtert das Fahrwerk ziemlich souverän. Doch ein Porsche wird nie eine Sänfte a la Citroën DS werden. So weit geht dann die Komfortliebe der Zuffenhausener dann doch nicht. Und das ist auch gut so. Wer einen Porsche fährt, will über die Asphalt-Beschaffenheit informiert werden.

PDK erhöht Fahrspaß

Das Cockpit im Porsche 911 Targa Foto: Porsche

Denn auch im Komfort-Modus lässt sich der Targa ziemlich dynamisch bewegen. Dazu trägt das Doppelkupplungsgetriebe PDK (Porsche Doppelkupplungsgetriebe) ein gutes Stück bei. Es erhöht den Fahrspaß mit unmerklichen Gangwechseln, lässt dem Lenker aber immer die Wahl zwischen entspanntem Gleiten und sportlicher Fahrweise mit manuellem Schalten.

Die «Sport»-Variante setzt noch einen drauf. Kurven werden dann zur Freude. Einen maßgeblichen Anteil hat der vom Porsche-Turbo übernommene Allrad-Antrieb, der die Kraft blitzschnell (maximal 100 Millisekunden) zwischen der Vorder- und Hinterachse entsprechend der Fahrsituation verteilt. So können auch mäßig begabte Piloten die 340- (Targa 4) bzw. 385- PS (Targa 4S) des 6-Zylinder-Boxermotors bändigen. Der Vierrad-Antrieb bügelt auch grobe Fehler aus, die bei früheren Modellen zu einer brachialen Kaltverformung geführt hätten. Trotz all dieser technischen Helferlein bleibt der 911er Targa immer noch ein Porsche. Nur wahre Könner merken einen Unterschied zum Coupé. Das bestätigt auch Porsche-Chef-Tester Walter Röhrl.

Immerhin ist der Targa mit 1530 Kilogramm rund 52 Kilogramm schwerer als das Coupé. Der Löwenanteil des Zusatz-Specks geht auf das Glasdach. Doch wer einmal in einem Targa gesessen hat, nimmt dieses vermeintliche Manko gerne in Kauf. Gerade bei schlechtem Wetter verbreitet die Glaskuppel aufgrund des Mehr-Lichts gute Laune. Wärmeabsorbierende Scheiben sorgen dafür, dass das Glashaus nicht zum subtropischen Gewächshaus mutiert. «Das war eine Forderung der Heiß-Märkte», erklärt Mössle. Wem das immer noch nicht genügt, der kann ein elektrisches Sonnen-Rollo ausfahren lassen, das 96 Prozent des Lichtes schluckt. Beim Vorgänger waren es lediglich 50 Prozent.

Offen in sieben Sekunden

Das Glasdach des Porsche 911 Targa Foto: Porsche

Doch auch ein Targa macht nur offen so richtig Spaß. Selbst dann ist der Targa noch Toupet-kompatibel. Selbst bei hohen Geschwindigkeiten weht kein echter Sturm durch den typischen Porsche-Innenraum. Hat ein bisschen was von Aquarium-Feeling. Innerhalb von sieben Sekunden verschwindet die 1,54 Quadratmeter große Decke unter der Heckscheibe. Die lässt sich übrigens bei geschlossenem Dach separat öffnen. Das macht den Targa einzigartig unter den 911ern. Bei umgelegter Rückbank ergibt sich so ein Stauraum von 230 Litern. Da kann man ja fast von Nutzwert sprechen.

Auch beim Design kocht der Targa sein eigenes 911er-Süppchen. Die Dachlinie ist von der A-Säule mit einer Chromleiste verziert und fällt zum Heck hin langsamer ab als beim Coupé und mündet in einem spitzeren Knick. Da das Heck aufgrund des serienmäßigen Allrad-Antriebs 44 Millimeter breiter ist als beim Standard 911er, verhilft es dem Glas-Porsche zu einem grandios schönen Knack-Po. Der wird von dem Heckleuchtenband und den LED-Rückleuchten nur noch betont. Das kennt man ja schon von den anderen Post-Facelift-911er-Modelleben, ebenso wie die Front mit LED-Tagfahrlicht.

Das Heck des Porsche Targa 4 Foto: Porsche

Diese grandiose An- bzw. Rundumsicht lassen sich die Zuffenhausener natürlich auch dementsprechend entlohnen. Ein Targa kostet mindestens 97.907 Euro und ist somit um 8330 Euro teurer als ein Carrera-4-Coupé. Doch dieser Aufpreis dürfte der Sanguinker-Zielgruppe nicht besonders viel ausmachen. Der Targa-Fahrer ist etwas älter und auch etwas solventer als der «normale» Porsche-Fahrer. Na dann. Willkommen in der Glaskuppel.

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