Sportlicher Kampfpanzer

Porsche 911 GT 3

Einst waren es Märklin-Modellzüge, Carrera-Bahnen oder Big Jim. Männer hören nie auf, ihre Spielzeuge zu lieben. Wenn die Freizeitgestaltung dann noch einen echten Lustgewinn bringt, heißt sie nicht erst ab Mai Porsche 911 GT3.

Von Stefan Grundhoff und Wolfgang Gomoll

Roland Kussmaul ist kein Mann der großen Worte. Der Porsche-Mann antwortet in bester Ingenieurs-Manier präzise und in klaren Worten. Nur lachende Augen verraten den Schalk des legendären Schraubers und ehemaligen Chef der Zuffenhausener Performance-Abteilung. Eines seiner Babys ist der neue GT 3: Der neue Straßenkünstler basiert auf dem Porsche 911 GT 3 RSR, der in der American Le Mans Series eingesetzt wird. «Zwischen beiden Modellen herrscht eine direkte Verwandtschaft, da wir den GT 3 als Homologationsmodell für den GT-Sport verwenden», erklärt der langjährige Renn-Einsatzleiter.

Grenzbereich ohne Grenzen

Man steigt in das enge Volant und weiß sofort, was Sache ist. Die Sportschalensitze sind eng, aber durchaus auch im Alltagsgebrauch noch bequem. Lenkrad und Schaltknüppel sind mit Wildleder bezogen und bieten eine grandiose Griffigkeit. Die Karbonteile im Innern sind Geschmacksache. Schön ist anders, aber hier geht es zumindest im Renntrimm um jedes Gramm. Die ersten GT-3-Meter verlaufen unspektakulär. Der 3,8 Liter große Boxer brüllt nicht und von der zarten Leistungssteigerung von 415 auf 435 PS ist kaum etwas zu spüren. Auf den kurvigen Landstraßen der Umgebung sieht es ganz anders aus. Auch wenn der GT 3 315 km/h Spitze läuft - sein Zuhause ist das Kurvengeschlängel. Wenn schon keine Nordschleife oder das Auf und Ab von Spa zur Verfügung stehen, dann bitte ab ins Voralpenland oder die Schwäbische Alb.

Hinter dem Steuer kann man nicht viel falsch machen. Einfach nur den Drehzahlmesser nicht unter die 5.000 Touren fallen lassen und grinsen, lachen oder strahlen. Der Grenzbereich des neuen 911 GT 3 scheint schon wegen den 305er Reifen im Heck keine Grenzen zu kennen.

Neuer Heckflügel

Ein neuer Doppelflügel ziert das Heck Foto: Porsche

Einlenkverhalten, Bremsen und die bissige Schaltung - der Lustgewinn ist gigantisch. Wie zu befürchten, ist man bereits nach wenigen Augenblicken mit dem knapp 1,5 Tonnen schweren Boliden verschmolzen. Jede noch so kleine Lenkbewegung setzt der Schwabe um. Bissig, aber nie zu spitz, hungrig aber nie ungestüm. Eine faszinierende Welt zwischen Einlenkpunkt, Gegenlenken und Anbremsen. Passierte Fahrzeuge werden im Rückspiegel in Sekundenbruchteilen winzig klein. Viel ist von ihnen durch den nervigen Heckflügel sowieso nicht zu sehen. Der muss wegen des Anpressdrucks gigantisch sein.

Sobald es um den «Neuen» geht, kommt sogar der zurückhaltende Schwabe Roland Kussmaul ins Schwärmen und bezeichnet ihn als «wirklich großen Schritt». Die Entwicklung begann vor drei Jahren und ein Hauptaugenmerk wurde auf die Verbesserung des aerodynamischen Anpressdrucks gelegt. Mission possible: Die wurde um den Faktor 2,5 gesteigert und ist Resultat akribischer Detailarbeit. Am auffälligsten sind der neue Heckflügel und die radikal geänderte Kühler- bzw. Luftführungs-Architektur, die direkt vom Rennsport abgeleitet sind. Die neu gestalteten Schlitze vor der Kofferraum-Haube zeigen, dass die Luft aus Front und Mittelkühler nicht unter das Fahrzeug sondern darüber geleitet wird. Damit erhöht sich der Anpressdruck und die Fahrstabilität beim Bremsen wird verbessert.

In 4,1 Sekunden auf 100 km/h

Rasant auf Touren Foto: Porsche

Auch die Abluft der Seitenkühler wird wieder verwertet. Sie geht nicht nach unten, sondern wird zur Bremskühlung gebraucht. Diese Kühlluft ist zwar um 20 Grad wärmer als die Außentemperatur, aber immer noch um einiges kälter als die Bremse, die bis zu 650 Grad warm werden kann. Der Rest wird durch Schlitze in der Heckverkleidung, die wie Mini-Diffusoren wirken, nach außen geführt. Konsequenterweise bildet der Heckflügel den würdigen Abschluss. Der ist nicht mehr S-förmig geschwungen, sondern besteht wie im Rennsport im Grunde aus zwei Stützen und einem Brett, an dem seitliche Leitwerke den Luftstrom lenken.

Dass Porsche beim Motor einen drauf packt, war ohnehin klar: Der Hubraum stieg von 3,6 auf 3,8 Liter und die Leistung auf 435 Pferde. 0 auf 100 km/h in 4,1 Sekunden, 0 auf 200 km/h in 12,3 - da kann man sich auch mit einem in Aussicht gestellten Verbrauch von 12,8 Litern pro 100 Kilometern anfreunden. Die 430 Nm Drehmoment bei 6.250 U/min haben in Zeiten von Turbo, Dieselpower und Drehorgeln ihren Schrecken dagegen verloren. «Da viel Drehmoment früh anliegt, kann man eigentlich alles im sechsten Gang machen», erzählt Kussmaul.

Highlight Motoraufhängung

Das optionale Clubsportpaket mit geschraubtem Überrollkäfig Foto: Porsche

Hinter dem Steuer erscheint das doch alles andere als realistisch. Wer schnell unterwegs sein will, sollte standesgemäß schalten. Eines der Highlights des neuen GT3 ist die Motoraufhängung. Die Motorlager sind nicht aus Gummi. Die Gegen-Bewegungen des Motors werden elektrisch gesteuert. «Das funktioniert ähnlich wie bei einem Magnetic-Ride-Fahrwerk und mit Hilfe von Sensoren», macht Roland Kussmaul klar. Allerdings sind zwei Extra-Kilogramm, die diese Aufhängung wiegt, im Heck eines Ausnahme-Sportlers wie dem GT3 heikel.

Auch Roland Kussmaul war skeptisch: «Als die Techniker mit der Idee kamen, dachte ich nur: 'Hoffentlich kann ich das denen wieder ausreden'», erzählt er. Jetzt hat es jeder GT 3. Auf der Teststrecke in Weissach ergab sich trotz des ungünstig gelagerten Zusatzgewichts ein Rundenzeiten-Vorteil von zwei Zehnteln. Die Kunden, die gerne auch einmal einen Abstecher auf die Rennstrecke machen, wird der technologische Feinschliff ebenso begeistern wie das neue Renn-Stabilitätsprogramm. «Sogar eingefleischte Profis sind auf Rennstrecken bei trockenen Verhältnissen mit eingeschaltetem System nicht langsamer als ohne», erläutert Entwicklungsleiter Andreas Preuninger, «selbstverständlich lässt sich das System jedoch stufenweise oder gar vollständig abschalten.» Vom Vorgängermodell wurden 5.200 Fahrzeuge gefertigt. 1.200 davon als Rennversion 997 GT 3 RSR.

Parallelen zum Kampfpanzer

Und Tschüß Foto: Porsche

Doch Roland Kussmaul hat sich nicht immer an Rennversionen versucht. Als er als junger Porsche-Mitarbeiter bei Krauss-Maffei den Kampfpanzer Leopard II mitentwickelte, musste er Lehrgeld bezahlen. Kussmaul war unter anderem für die Pedalerie des 55-Tonnen-Monstrums verantwortlich. Wie es sich für einen Sportwagen-Spezialisten gehört, versuchte der Schwabe den besten Kompromiss aus Gewicht und Leistung zu erzielen: Da für eine Vollbremsung ein Druckgewicht von 40 Kilogramm reichte, kalkulierte er eine Maximal-Belastung von 100 kg. Es kam, wie es kommen musste: Als ein Panzer wegen etwas zu viel Leerlaufs anruckelte, bekam der Fahrer Panik und trat vehement auf die Bremse. Das Pedal riss ab. Der Leopard durchbrach dann die Backstein-Mauer der Halle und hinterließ seine Silhouette. «Das war wie im Film», lacht Kussmaul.

So unterschiedlich Leo II und GT 3 auch sind. Es gibt Parallelen. Nur wenige haben die Möglichkeit, das ein wie das andere Vehikel einmal zu bewegen. Zumindest den Porsche 911 GT 3 kann sich ab Mai jeder in die eigene Garage träumen. Das Spielzeug fürs Wochenende kostet gerade einmal schlappe 116.947 Euro. Das sollte einem sein Spieltrieb schon wert sein.

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