Leisetreter Nissan Leaf mit Jet-Geräuschen

Nissan Leaf

Nissan startet mit dem Leaf in das elektrische Zeitalter. Das leise Elektroauto warnt mit einem Summton etwaige Fußgänger. Verkehrsteilnehmer in Deutschland müssen aber noch gut ein Jahr auf das Fahrzeug warten.

Von Benjamin Palm

Der Startknopf wird gedrückt. Vom Motor ist im Nissan Leaf nichts zu hören, wie beim Hochfahren eines Computers ertönt jedoch eine Begrüßungsmelodie. Sie verrät dem Fahrer, dass das japanische Elektroauto fahrbereit ist. An ein solches Prozedere werden sich viele Autofahrer erst noch gewöhnen müssen. Doch mit dem Aufkommen der "E-Mobile" endet die Zeit einer geräuschvollen Motorzündung. Der fünftürige Kompaktklässler kommt im Dezember in Japan und den USA auf den Markt, Anfang 2011 folgen die europäischen Länder wie Portugal und die Niederlande. Der Preis liegt bei rund 30.000 Euro. Mangels steuerlicher Anreize ist der Verkaufsstart in Deutschland erst zum Jahresende 2011 vorgesehen.

Aerodynamische Passform

Ein elektrifizierter Antrieb muss nicht immer nur in Kleinwagen zum Einsatz kommen. Das zeigt Nissan mit seinem neuen E-Mobil, das ausreichend Platz für fünf Personen und im regulär 330 Liter fassenden Kofferraum sogar ausreichend Stauraum für Gepäck bietet. Optisch ist der 4,45 Meter lange Stromer unaufgeregt gestaltet und unterscheidet sich nicht allzu stark von anderen Modellen.

Auf möglichst aerodynamische Passform ausgelegt, ist die Motorhaube mit dem kleinen Kühlergrill verhältnismäßig kurz geraten, da sich unter ihr kein großes Verbrennungsaggregat versteckt. Die eckigen langgezogenen Scheinwerfer sollen den Wind optimal ableiten und so den Luftwiderstand gering halten. An der Seite stehen die "Muskeln" hervor, das vorgewölbte Schrägheck wird von markanten Rückleuchten eingerahmt.

Ab Tempo 50 wird es zäh

Kräftiger Anzug bis Tempo 50 Foto: Nissan

So gewöhnlich das Aussehen, so fortschrittlich ist der Antrieb, den ein 80 kW/109 PS starker Elektromotor übernimmt. Ist ein Gang über die Automatik eingelegt und wird das Bremspedal losgelassen, rollt der Nissan Leaf an. Mit einem Tritt aufs Gaspedal steht sofort ein Drehmoment von 280 Nm bereit, der kompakte Flitzer fährt blitzschnell an. Erst ab Tempo 50 wird es zäh. Die an der Ampel eben noch stehen gelassenen Sportwagen schließen auf - und ziehen vorbei. Mit dem Nissan Leaf sind in der Spitze zwar Geschwindigkeiten von 144 km/h möglich, allerdings schrumpft die Reichweite dann erheblich.

Trotz der ausgeschalteten Klimaanlage und der umsichtigen Fahrweise vermindert sich die theoretisch mögliche Distanz von 160 Kilometern bei Fahrten am bauartbedingten Speedlimit ruck-zuck auf nur noch rund 80 Kilometer. Es empfiehlt sich deshalb ein vorwiegender Einsatz in der Stadt. Aufgrund des zähfließenden Verkehrs durch die Ampelstopps wird die Bremsenergie häufiger zurückgewonnen als etwa auf der Autobahn, was nicht nur der Umwelt, sondern auch der Reichweite zuträglich ist.

Surrton bei niedrigen Geschwindigkeiten

Im Innenraum kann es schon mal nerven Foto: Nissan

Damit Fußgänger und Radfahrer nicht von dem völlig lautlosen Fahrzeug überrascht werden, ertönt bei niedrigen Geschwindigkeiten ein Surrton ähnlich eines beschleunigenden Düsenjets. Dadurch werden die Passanten auf das Fahrzeug aufmerksam. Auch im Innenraum ist dieses nervtötende Geräusch ab und an zu hören, was die Stimmung der Insassen drückt und den Wunsch nach den vertrauten Tönen eines Verbrennungsmotors stärkt.

Stadttauglich ist der Wendekreis von nur 10,4 Metern, da er in Verbindung mit der präzisen Lenkung und den kompakten Abmessungen das Einparken und Manövrieren erleichtert. Die gute Rundum-Sicht tut ihr Übriges, die Federung ist selbst auf Kopfsteinpflaster sehr komfortabel. Sind die im Fahrzeugboden untergebrachten Lithium-Ionen-Akkus dann doch einmal leer, wird einfach eine öffentliche Ladestation oder ein privates Wohnhaus angesteuert, wo sich die Energiespeicher wieder füllen lassen.

Rund 30.000 Euro in anderen Ländern

330 Liter Fassungsvermögen bietet der Kofferraum Foto: Nissan

Da die benötigte Infrastruktur in Deutschland de facto noch nicht vorhanden ist, wird der Japaner zuerst in Länder mit großem Ladestationsnetz wie beispielsweise Portugal ausgeliefert, wo Elektroautobesitzer bereits an rund 1450 Stationen "auftanken" können. Dafür muss der Autofahrer nur das Ladekabel aus dem Kofferraum nehmen und an einen der beiden unter dem Nissan-Logo angebrachten Ladeanschlüsse andocken. Mit ersterem lassen sich die Batterien an einer passenden Schnellladestation in nur 30 Minuten zu 80 Prozent mit Strom "füllen", mit dem anderen für die haushaltübliche Steckdose geeigneten Anschluss wird binnen acht Stunden voll geladen.

Fazit: Optisch wie vom Antrieb her ist der Nissan Leaf ein Leisetreter. Um im Straßenverkehr aufzufallen, haben die Entwickler ihm serienmäßig einen Geräuschsensor verpasst. Dies reduziert die Gefahren für Passanten, belastet allerdings das Ohr der Insassen. Ansonsten kann der kompakte Stromer durchaus überzeugen, ist er mit seinem überzeugenden Antrieb doch ein wahrer Umweltfreund. Um ihn zu erstehen, muss man jedoch tief in die Tasche greifen: Während die deutschen Preise noch nicht bekannt sind, werden in anderen Ländern rund 30.000 Euro fällig. (mid)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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