Mitsubishi L200: Zwischen den Welten

Das Nischensegment der Pickups zieht langsam an. Der Klassiker Mitsubishi L200 verdeutlicht aber trotz vieler Vorzüge, dass das Konzept zwischen Lastesel und Familienkutsche nicht ganz aufgeht.

Von Thomas Flehmer

Die Tendenz ist deutlich sichtbar. Ebenso wie im Segment der kleinen Nutzfahrzeuge wandeln sich auch die Modelle im Segment der Pick-Ups. Früher als reine Lastwagen unterwegs, wollen die Hersteller nun die kleinen Trucks zugleich familientauglich machen. So könnten Kleinunternehmer den Pickup zugleich als Arbeitsutensil und als Freizeitmobil nutzen. Auch der Klassiker Mitsubishi L 200 wurde bei der nun bereits dritten Generation diesem Trend angepasst.

Drehmoment wichtiger als PS-Zahl

Zwar macht der Mitsubishi mit seinen fünf Metern Länge den bulligsten Eindruck unter den Mitbewerbern, doch die eckigen Formen sind völlig verschwunden. Eine runde Sache ist die Frontpartie, die an den Dakar-Seriensieger Pajero erinnert, an dem man sich zum Teil orientiert hat. Der Kühlergrill mit den drei Mitsubishi-Diamanten sowie die Scheinwerfer sind fast deckungsgleich und symbolisieren auf diesem Wege Kraft und Dynamik, die in diesem Sports Utility Truck (SUT) auch stecken.

100 kW/136 PS scheinen auf den ersten Blick für den 1,9-Tonner recht wenig. Doch das maximale Drehmoment von 314 Nm, das bereits bei 2000U/min anliegt, bringt den 2,5 Liter-Commonrail- Turbodiesel mit Euro 4-Norm relativ flott in Schwung. Sportwagenwerte dürfen natürlich nicht erwartet werden. Immerhin dauert es 14,6 Sekunden, ehe der L200 die 100 erreicht, bei 167 km/h soll die Nadel spätestens stehen bleiben. Auf den Testfahrten aber ging der Zeiger rund zehn km/h weiter. Überholen war weder bei kleineren noch bei größeren Geschwindigkeiten ein Problem.

Kleiner Wendekreis

Viel Ladefläche nur bei einer Einzelkabine Foto: Werk

Allerdings wurde im Bereich der Höchstgeschwindigkeit auch die Windanfälligkeit größer und es fiel schwerer, den Minitruck auf Spur zu halten, was noch bei einem Tempo von 150 km/h problemlos möglich war. Dank eines neuen Motorsteuergeräts, das zu Beginn des Verkaufs im März 2006 noch nicht verbaut wurde, konnten auch störende Fahrgeräusche gut gemindert werden. Gespräche in der Doppelkabine waren jederzeit möglich. Genial sind die lediglich 11,80 Meter, die der kleine Lastwagen Wendekreis benötigt.

Ebenso gut bewegt sich der L200 im Gelände. Steigungen werden dank des permanenten Allradantriebes in der höchsten Ausstattungsvariante «Intense» hervorragend gemeistert. In den anderen Ausstattungen muss der Vierrad-Antrieb zugeschaltet werden. Nicht ganz zu halten ist der von Mitsubishi angegebene Verbrauch von 8,6 Litern im Drittelmix. In den zwei Wochen Testzeit pendelte sich der Verbrauch um die zehn Liter ein und wies damit eher auf das Segment der kleinen Nutzfahrzeuge hin.

Kombi-Gefühle im Innern

Schmucker Innenraum Foto: Werk

Im Innenraum, der mit der Top-Variante «Intense» ausgestattet war, kommen dagegen die Annäherungen zum PKW am meisten zum Tragen. Keine Spur von hart arbeitenden Kerlen, sondern eine angenehm familiäre Atmosphäre umströmt die Insassen. Dank eines gewachsenen Radstandes auf glatte drei Meter hat auch der Innenraum profitiert, der um 15 Zentimeter angewachsen ist.

Beinfreiheit ist genügend vorhanden, Ledersitze sowie eine angenehm erscheinende Mittelkonsole erfüllen hohe Ansprüche. Für den Fahrer sind alle Anzeigen gut einsehbar, Ablageflächen sind genügend vorhanden.

Pfiffige Heckfenster-Lösung

Das mittlere Heckfenster kann elektrisch versenkt werden Foto: Werk

Der Übergang zur Ladefläche geschieht durch das Heckfenster, dessen Mittelelement elektrisch versenkt werden kann, damit Latten oder Stangen hindurch geschoben werden können. Sehr pfiffig. Aber die Doppelkabine fordert auch ihren Tribut. Die 1,32 Meter Laderaumlänge - bei einer Einzelkabine sind es immerhin 2,22 Meter - lassen das Konzept zwischen gewerblichen Einsatz und Familienkutsche platzen.

Für den gewerblichen Transport ist die Ladefläche trotz genialem Heckfenster zu klein, für den Familienurlaub muss ein Hardtop optional geordert werden. Dann ist aber auch nur so viel Platz wie in einem Kombi. Bis 2,7 Tonnen Anhängelast sind möglich. Auch wären Einparksensoren angebracht gewesen. Diese sind für 140 Euro erhältlich. Angesichts eines Anschaffungspreises von 29.490 Euro in der Topvariante «Intense» wären diese Euros nicht mehr ins Gewicht gefallen.

Kein großer Schritt zum Kombi

Keine Schwierigkeiten im Gelände Foto: Werk

Wenn aber noch das Premium-Paket mit Lederausstattung, Sitzheizung vorn und elektrisch verstellbarem Fahrersitz für 1.900 Euro hinzukommt, der Partikelfilter für 690 Euro und eventuell noch die Vierstufen-Automatik für 1450 Euro und Metallic-Lackierung (540), dann sind 34.000 Euro schnell erreicht, vom Hardtop ganz abgesehen. Für den gewerbetreibenden Familienvater ist dann der Schritt hin zum Kombi dann doch nicht mehr soweit, es sei denn, er hat ein Faible für Cowboyhüte.

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