Mercedes A 170 punktet gegen BMW 116i

Die Einstiegsmodelle der beiden Premiummarken Mercedes und BMW sind die großen Zukunftshoffnungen der Unternehmen. Im Vergleichstest stehen der A170 und der BMW116i auf dem Prüfstand.

Von Stefan Grundhoff und Stefan Zaumseil

Die Premiummarken Mercedes und BMW haben beide ein Problem. Die Kundschaft überaltert, junges Blut tummelt sich oftmals bei anderen Herstellern. Da sind die Hoffnungen in die frischen Einstiegsmodelle groß. BMW 1er und Mercedes A-Klasse gelten als dynamisch, erschwinglich und haben ein glänzendes Image. Wer ist der bessere?

Image ist nicht alles

Unterschiedlicher können Autos in einer Klasse kaum sein. Der BMW mimt mit seinem dynamisch-gedrungenen Design, den konvexen und konkaven Linien und der langen Motorhaube den Sportler. Als Sahnestück bietet er als einziger in der Kompaktklasse einen Heckantrieb.

Die Mercedes A-Klasse ist dagegen selbst als zweitürige Coupeversion nicht derart sportlich positioniert, soll aber trotzdem jüngere Kunden ansprechen. Der Stuttgarter liegt deutlich satter als sein allzu hochbeiniger Vorgänger auf der Straße. Doch dynamisch ist zweifellos anders. Der viertürige BMW lockt die Gefühle, der zweitürige Mercedes den Kopf. Die Unterscheidung zwischen BMW 116i und Mercedes A 170 ließe sich problemlos in höhere Klassen übertragen. Doch Image ist eben nicht alles. Wie schlagen sich beide Modelle im Alltagsbetrieb? Hat der Nachwuchs eine Chance? Die Optik des 116i deutet es bereits an: hier kommt eine Sportskanone. Die Optik mit weit hinten platzierter Fahrgastzelle erinnert an einen Roadster.

Träges Triebwerk

Kaum Sportlichkeit zu erwarten Foto: press-inform

Doch wer glaubt, mit dem 1,3 Tonnen schweren 116er dynamisch durch die Lande wedeln zu können, wird maßlos enttäuscht sein. Das träge Triebwerk macht aus dem Kurvenräuber einen müden Krieger. Der 1,6 Liter große Vierzylinder leistet 85 kW/115 PS. Subjektiv könnten es auch 90 Pferdestärken sein, die den Bayern mühevoll nach vorne drücken.

Durchzug, Beschleunigung und höheres Autobahntempo - all das kennt man von einem BMW - nichts davon bietet dieses Triebwerk. So viel Trägheit hätte keiner von einem betont dynamisch positionierten 1er BMW erwartet. Bei 4300 U/min steht das maximale Drehmoment von 150 Nm zur Verfügung. Beim Spurt 0 auf 100 km/h in knapp elf Sekunden und einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h schlägt sich der Hecktriebler noch ganz redlich, aber bei höheren Geschwindigkeiten oder niedrigen Drehzahlen geht gleichermaßen nicht viel.

Selbst auf der Autobahn kommt man an längeren Steigungen nicht umhin, in den fünften oder gar vierten Gang zurückzuschalten. Ein schneller Überholgang auf der Landstraße? Keine Chance! Wer die Gänge bis ans Limit ausdreht, bekommt etwas mehr Pfeffer. Doch der versprochene Durchschnittsverbrauch von 7,5 Litern Super auf 100 Kilometern ist in weite Ferne gerückt. In der Praxis liefen knapp neun Liter durch die bajuwarischen Einspritzdüsen.

Mercedes sparsamer als BMW

Der BMW hat die dynamischere Linie Foto: press-inform

Nun ist auch der Mercedes A 170 mit seinem Coupestyling alles andere als eine Sportskanone. Die Leistung des 1,7 Liter großen Vierzylinders ist mit 85 kW/116 PS weitgehend identisch, jedoch hat er sein maximales Drehmoment von 155 Nm bereits ab 3500 U/min. Kleine Unterschiede - große Wirkung. Die nur 3,84 Meter lange A-Klasse fährt sich deutlich sportiver als der subjektiv allzu lahm erscheinende BMW. Dazu trägen auch 100 Kubikzentimeter mehr und das um rund 100 Kilogramm geringere Leergewicht der Stuttgarter Sandwichkonstruktion bei.

Auch bei Höchstgeschwindigkeit und Spurtvermögen trennen die beiden Kontrahenten keine Welten. Der Mercedes benötigt von 0 auf 100 km/h elf Sekunden; die Höchstgeschwindigkeit liegt mit knapp 190 km/h allerdings deutlich hinter dem Münchner. Dafür ist man in dem schwäbischen Fronttriebler auch eine ganze Ecke sparsamer unterwegs. Statt der knapp neun Liter des BMW begnügt sich der A 170 mit 7,7 Litern Super auf 100 Kilometern.

A-Klasse sammelt Pluspunkte

Ansicht der Kofferräume Foto: press-inform

Während der A-Klasse-Pilot ähnlich wie in einem Van über der Straße thront, versprüht der BMW auch innen echten Sportwagencharme. Die Sitzposition ist exzellent, die optionalen Sportstühle geben den gewünschten Seitenhalt und kosten leider jede Menge extra. Nachdem der Mercedes schon die Motorenwertung für sich entscheiden konnte, lässt er den BMW trotz deutlich geringerer Außenabmessungen auch in Sachen Innenraum und Platzverhältnisse hinter sich.

Auch die Sitze des Mercedes können abgesehen von der zu hohen Sitzposition überzeugen. Dazu ist das Armaturenbrett derart übersichtlich und hochwertig, wie man es sonst fast nur aus höheren Fahrzeugligen kennt. Zudem kann man beim A 170 auch in der zweiten Reihe sehr gut sitzen. Der Einstieg über die weit nach vorne fahrenden Frontstühle funktioniert problemlos. Kopf- und Beinfreiheit sind kein Vergleich zum hier mehr als eng geschnittenen BMW.

Trotz der serienmäßigen vier Türen können im Bayern-Fond nur Kinder Platz nehmen. Hinter der weit öffnenden Heckklappe des Mercedes befindet sich leicht zu beladender Kofferraum, der 435 Liter fasst. Durch Umklappen der Rückbank sind es 1370 Liter. Erwartungsgemäß hat der 116i auch hier das Nachsehen. Doch die 330 bis 1150 Liter sollten für die meisten Transporte ebenfalls ausreichen.

BMW in der Fahrwerkswertung vorn

Besseres Fahrwerk beim 116i Foto: press-inform

In der Fahrwerkswertung schlägt endlich die große Stunde des 4,23 Meter langen BMW. Hier hat der ebenfalls alles andere als enttäuschende Mercedes A 170 keine Chance. Durch die 50:50-Gewichtsverteilung, die straffe Feder-Dämpfer-Abstimmung und perfekte Kombination aus direkter Lenkung und knackiger Handschaltung distanziert der BMW 116i seinen Kontrahenten deutlich. Beim Stuttgarter Sprössling fällt insbesondere die allenfalls mittelmäßige Handschaltung auf, die nur über fünf Schaltstufen verfügt. Das knackige BMW-Gegenstück hat derer sechs.

Der Basispreis des mittelprächtig ausgestatteten Mercedes A 170 liegt bei 20.648 Euro. ABS, ESP, Klimaanlage und Airbags sind bereits an Bord. Aus der endlos langen Aufpreisliste sollte man zumindest Xenonlicht (957 Euro), Klimaautomatik (574 Euro) und Navigation (ab 2041 Euro) ordern. Das Selbstverständlichkeiten wie eine Armauflage vorn (220 Euro) oder eine Komfortschaltung für die Fensterheber (80 Euro) extra bestellt werden müssen, ist absolut unverständlich. Doch BMW macht es nicht besser. Im Basispreis von 20.650 Euro ist neben der kompletten Sicherheitsausstattung nicht einmal das nötigste dabei. Nicht im Serienumfang: Fensterheber hinten (370 Euro), Armauflage (150 Euro), Getränkehalter (40 Euro), Klimaautomatik (1500 Euro) oder Nebelscheinwerfer (200 Euro).

Besseres Paket aus Stuttgart

Unter dem Strich bieten Mercedes und BMW in ein und derselben Fahrzeugklasse zwei völlig unterschiedliche Konzepte. Der BMW mutet sportlich an, doch sein enttäuschender 1,6-Liter-Motor lässt jede Dynamik verfliegen. Darum ist der deutlich kompaktere Mercedes A 170 das bessere Paket. Er bietet mehr Platz, einen besseren Motor und hat den deutlich größeren Alltagsnutzen. Für die Fahrdynamiker ist er ebenfalls nicht das richtige. Ein Großteil der so heiß umworbenen jungen Kundschaft dürfte sich mit beiden Modellen daher schwer tun.

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