Edler Dampfhammer

Jaguar XF

Traditionalisten müssen ein wenig umdenken, wenn sie das neue Design des Jaguar XF sehen. Doch spätestens der neue 3,0 Liter große Dieselmotor überzeugt selbst den schärfsten Kritiker.

Von Holger Holzer

Ein Dieselmotor ist für Fans der englischen Nobelmarke Jaguar traditionell eigentlich nicht die erste Wahl. Mit dem neuen Sechszylinder-Triebwerk im Jaguar XF könnte sich das ändern. Der 3,0-Liter-Motor ist eine sparsame Alternative zu den Sechs- und Achtzylinderbenzinern und lässt die Briten in Sachen Fahrleistung zu den deutschen Selbstzünder-Platzhirschen mindestens aufschließen. Die Preisliste für das neue Diesel-Top-Modell mit 202 kW/275 PS startet bei 54.500 Euro.

Optisch in Richtung Sportwagen

Für Traditionalisten dürfte jedoch nicht in erster Linie der Ölbrenner, sondern das Karosserie-Design des neuen XF gewöhnungsbedürftig sein. Denn statt klassisch-britischem Barock wie beim Vorgänger S-Type prägt nun ein radikal modernisierter Stil die Limousine der oberen Mittelklasse. An Stelle der etwas hochmütig blickenden Doppelrundscheinwerfer prangen nun aggressiv geschlitzte Leuchten an der Front, die abfallende Dachlinie wirkt wie bei einem Coupé und rückt den Viertürer optisch in Richtung Sportwagen.

Das Heck schließt kurz und knackig ab, der großflächige Kofferraumdeckel des Vorgängers ist passé. Trotzdem passen in das Gepäckabteil des Neuen klassenübliche 540 Liter, deutlich mehr als noch im S-Type.

Holz und Leder im Innenraum

Der Innenraum ist elegant eingerichtet - mit kleinen Schönheitsflecken Foto: Jaguar

Im Innenraum setzt sich die Modernisierung fort. Holz und Leder gibt es zwar immer noch, dominierendes Element im klar und übersichtlich gestalteten Cockpit ist aber ein breites horizontales Metallband im Alu-Look. Hinzu kommen nette gestalterische Gags, die für Eigenständigkeit sorgen. So fährt der runde Automatik-Wählhebel erst beim Einschalten der Zündung langsam aus der Versenkung in der Mittelkonsole hoch. Gleichzeitig drehen sich die Düsen der Belüftungsanlage in Aktion.

Doch trotzdem kann die Innenraumgestaltung mit anderen Premium-Anbietern nicht mithalten: Denn hier und da finden sich auch weniger edel wirkende Materialien und Schalter aus den Brot- und Butter-Autos der ehemaligen Konzernmutter Ford wieder.

Twinturbo setzt eigene Akzente

Die Seitenlinie gleicht der eines Sportwagens Foto: Jaguar

Eigene Akzente setzen kann aber der neue Twinturbo-Dieselmotor. Das 3,0-Liter-Triebwerk ist eine Weiterentwicklung des zum Marktstart zunächst angebotenen 2,7-Liter-Motors. Und er ist ein wahres Kraftpaket: Mit 202 kW/275 PS Leistung und einem Drehmoment von 600 Nm gehört der Sechszylinder-Diesel zur Spitzengruppe auf dem Markt. Die imposanten technischen Daten setzen sich in der Praxis in souveräne Leistungsentfaltung, kräftigen Antritt und kraftvollen Durchzug um. Die schnell schaltende Sechsgangautomatik passt sich dabei gut ein. In lediglich 6,4 Sekunden ist Tempo 100 erreicht, die Höchstgeschwindigkeit beträgt 250 km/h.

Als Norm-Kraftstoffverbrauch gibt der Hersteller 6,8 Liter je 100 Kilometer an. In der Praxis sind es jedoch eher mehr als acht Liter, was angesichts der Leistung aber durchaus in Ordnung geht. Einziger kleiner Kritikpunkt: Bei kaltem Motor zeigt sich ein vernehmbares Diesel-Nageln, das nicht so recht zum gehobenen Anspruch der Reiselimousine passen will. Einmal warmgelaufen, ist der Selbstzünder aber kaum noch zu hören - außer beim beherzten Tritt aufs Gas gibt er ein zorniges Fauchen von sich.

Selbst in Kurven agil

Der XF ist auch gern spritzig unterwegs Foto: Jaguar

Das Fahrwerk des Hecktrieblers schlägt sich sowohl auf Autobahnen als auch auf Landstraßen gut. Im ersten Fall überzeugen die satte Straßenlage und das gute Federungsverhalten, zu dem auch der lange Radstand von 2,90 Metern beiträgt. In Anbetracht der Größe der Limousine Fahrzeugs hält sich der Wendekreis mit 11,48 Meter in innenstadttauglichen Grenzen; beim Einparken helfen serienmäßige Parkpiepser für das Heck. Wird es kurvig, zeigt die Raubkatze ihre agile Seite und beruhigt mit neutraler Fahrt. Allerdings bieten die an sich bequemen Sitze, in Kurven recht wenig Seitenhalt. Außerdem kann die Fahrzeugcharakteristik vom Fahrer per Knopfdruck beeinflusst werden: Neben der Normaleinstellung gibt es einen Sportmodus mit einem großzügiger abgestimmten ESP sowie ein Fahrprogramm für Schnee und Eis, das etwas mehr Schlupf zulässt.

Bei der Preisgestaltung setzt Jaguar die Einstiegshürde vergleichsweise hoch. Mindestens 54.500 Euro werden für das Diesel-Top-Modell fällig. Ein vergleichbarer Audi A6 kostet trotz Allradantrieb fast 10.000 Euro weniger, einen Mercedes-Benz E 350 CDI gibt es für rund 3500 Euro weniger. Allerdings lassen sich die deutschen Hersteller zahlreiche Ausstattungsmerkmale extra bezahlen, die der Brite serienmäßig an Bord hat. Unter anderem gehören Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Parksensoren, 18-Zoll-Felgen und eine elektrische Sitzverstellung zum Standard.

Individuelle Alternative

Mal was anderes Foto: AG/Flehmer

Mit Druck und Kraft räumt der neue Jaguar-Diesel die Bedenken von Benziner-Fans aus dem Weg. Er macht die luxuriöse Limousine zum schnellen und komfortablen Reisewagen, der sich weder vor seinem Modellbruder mit V6-Ottomotor noch vor der deutschen Diesel-Konkurrenz zu verstecken braucht. Auch Karosserie-Design, Innenraumgestaltung und Ambiente können überzeugen, so dass der Brite zur individuellen Alternative zu Mercedes, Audi und Co. taugt. (mid)

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