Die Aufholjagd

Fahrbericht Jaguar XF 3.0d S

Die Aufholjagd
Der Jaguar XF 3.0d S © Foto: Jaguar

Großbritannien im Jahr 1999: Jaguar ist stolz auf seinen historisch gezeichneten S-Type, der mit organischen Formen und betagten Benzinmotoren auf Kundenfang geht. Zehn Jahre später ist bei den Briten nichts mehr so wie es war

Von Stefan Grundhoff

Innerhalb von einer Dekade hat Jaguar eine Wendung um 180 Grad vollzogen. Sieht man die Produktpalette, das Motorenangebot und besonders das Styling scheint es, als wollten sich Briten unter dem Dach des mächtigen Tata-Konzerns zu höherem aufschwingen. Bestes Beispiel ist der noch junge Jaguar XF. Optisch hat er abgesehen vom Logo nichts mit seinem Vorgänger S-Type gemein. Moderne Formen orientieren sich in Richtung Zukunft. Im Fokus: der US-Markt. Auch wenn kleinere, effiziente Aggregate mit Direkteinspritzung und Turboaufladung erst im Versuchsstadium existieren, so hat sich auch bei den Triebwerken mächtig etwas getan. Noch eindrucksvoller als bei dem Fünfliter-V8-Benziner wird dies bei der neuen Diesel-Generation.

Fehlstarts ins Dieselzeitalter

Vor zehn Jahren konnten sich nur wenige bei einem Hersteller wie Jaguar einen Dieselmotor vorstellen. Seidenweiche Katzen mit dunklen Rußschwaden und nagelnden Motoren? Der auf der vergangenen Generation des Ford Mondeo basierende Jaguar X-Type musste den Schneeräumer spielen. Erst kam er als Kombiversion namens Estate und dann gleich noch mit Diesel-Power. Doch der X-Type floppte. Der gemeine Jaguar-Kunde hielt ihn nicht für exklusiv genug. Applaus und ebenso kritische Blicke gab es, als Jaguar dem S-Type den zusammen mit PSA und Ford entwickelten V6-Diesel mit doppelter Turboaufladung implantierte. Konnte man bei der ersten Generation noch über das Leistungsdefizit gegenüber der deutlich stärkeren Konkurrenz hinwegsehen, so war die Enttäuschung groß, als der neue XF trotz des Aufbruchs zu neuen Wegen auf das gleiche Triebwerk setzte.

Aufgeholt

Der Jaguar XF 3.0d S Foto: Jaguar

Doch bei Jaguar wussten um die Schwäche gegenüber der Konkurrenz und legten nach. Dabei machen die Ingenieure keinen Hehl daraus, dass sie bei der Entwicklung des neuen Triebwerks nur eines im Auge hatten: das Beste - und dieser Sechszylinder-Commonrail-Diesel kommt seit geraumer Zeit von BMW. „Wir haben uns bei der Entwicklung unserer neuen Diesel an den BMW-Triebwerken orientiert, die für uns hier klar Benchmark sind“, so Neil Hume, bei Jaguar für die Entwicklung der Dieseltriebwerke zuständig. Wer die ersten Kilometer im Jaguar XF 3.0d S zurücklegt, wird Neil Hume da kaum widersprechen wollen. Fuhr man bisher den Kraftprotzen aus deutschen Landen hinterher, so hat man sich in die erste Liga hinaufgearbeitet.

Gewaltiger Unterschied zum S-Type

Das Cockpit des Jaguar XF 3.0d S Foto: Jaguar

Seit kurzem kann der XF-Kunde daher aus dem Vollen schöpfen: Aus drei Litern Hubraum und sechs Brennkammern holt der nach wie vor überaus leise säuselnde Doppelturbo 202 kW / 275 PS. Der drehmomentstarke Diesel ist mit seinen 600 Nm maximalem Drehmoment die ideale Besetzung für den 1,8 Tonnen schweren Hecktriebler. Lässig und ohne jede Anstrengung schwimmt der XF im Alltagsgeschäft mit. Mit einem Tritt auf das Gaspedal stellt er seine Leistung jedoch ohne große Verzögerungen zur Verfügung und drückt Fahrer und Mitreisende in die Sitze. Der Unterschied zum Jaguar S-Type: gigantisch. Grund für die überaus harmonische Leistungsentfaltung des XF sind die beiden nacheinander geschalteten Turbolader. Bei normaler Fahrt wird die Luft allein von einem großen Lader mit variabler Turbinengeometrie verdichtet. Erst oberhalb von 2.800 Touren wird der zweite, kleinere Lader zugeschaltet. Beginnt dieser seine Arbeit, geht der Fahrspaß erst richtig los. 0 auf 100 km/h in 6,4 Sekunden und abgeregelte 250 km/h zeigen, wie sportlich ein Diesel in dieser Liga sein kann.

Sparpotenzial

Der Jaguar XF 3.0d S Foto: Jaguar

Die Sechsstufen-Automatik tut sich angesichts von 600 Nm Drehmoment leicht, jederzeit auf der Höhe zu sein. Da geht es untertourig und auch einmal etwas bissiger. Allein bei hohen Drehzahlen geht dem Briten langsam etwas die Puste aus. Wer sportlich unterwegs ist, hat sich jedoch deutlich vom versprochenen Durchschnittsverbrauch von 6,8 Litern Diesel auf 100 Kilometern entfernt. In der Praxis gibt sich der doppelte Turbo mit 8,3 Litern Diesel zufrieden. Dieser Wert ließe sich durchaus noch nach unten drücken, wenn die gemeinsam werkelnden Motorenentwickler von Jaguar, PSA und Ford alle Möglichkeiten ausgeschöpft hätten. Haben sie jedoch nicht, denn ein regeneratives Bremssystem oder entkoppelbare Nebenaggregate bleiben auch bei der neuen XF-Generation ebenso außen vor wie eine Start-Stopp-Automatik.

Ab 51.200 Euro

Der Jaguar XF 3.0d S Foto: Jaguar

Neben dem Doppelturbo mit 275 PS kann der Jaguar-Interessierte auch eine leicht abgespeckte Version mit 177 kW / 240 PS bekommen. Die Hardware mit sechs Zylindern, drei Litern Hubraum und doppelter Aufladung ist identisch. Eine geänderte Motorelektronik riegelt jedoch bei 240 PS, 500 Nm Drehmoment und 240 km/h ab. Das Fahrwerk des Jaguar XF 3.0d S ist bekannt ausgewogen. Die elektronische Dämpfereinstellung arbeitet dezent im Hintergrund. Der Basispreis des Jaguar XF 3.0d S liegt bei 54.500 Euro. Die etwas schwächere 3.0d-Version startet bei 51.200 Euro. Komplett sind Serien- und Sicherheitsausstattung der XF-Modelle. So sind elektrische Ledersitze und eine Klimaautomatik ebenso serienmäßig Alufelgen, Automatikgetriebe, Bluetooth-Schnittstelle, Keyless Go und Einparkhilfe serienmäßig.

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