Die Entdeckung der Langsamkeit

Honda Insight

Bisher werden Hybridfahrzeuge zumeist mit Toyota verbunden. Auch beim neuen Honda Insight rückt der Vergleich mit dem japanischen Konkurrenten immer wieder in den Vordergrund.

Von Michael Hoffmann

Dass Honda Hybridautos anbietet, ist in der öffentlichen Wahrnehmung noch nicht so richtig durchgedrungen. Bislang heimst allein Wettbewerber Toyota die Lorbeeren für die alternative Antriebstechnik ein, die lange belächelt wurde und nun plötzlich als Allheilmittel auf dem Weg in die Zukunft gilt. Während der japanische Wettbewerber für das Pioniermobil Prius mehr als 25.000 Euro aufruft und ansonsten nur hochpreisige Premium-Hybridmodelle der Luxustochter Lexus anbietet, will Honda sich künftig vornehmlich im volkstümlichen Preissegment bewegen. Bei 19.550 Euro geht die Preisliste für den seit Ende April erhältlichen Insight los, der in Abmessungen und Raumangebot mit Kompaktwagen wie dem VW Golf konkurriert.

Bescheidene Freude

Bei der Beschäftigung mit dem Insight ist der Toyota Prius allgegenwärtig - beim Vergleich von Preis und Technik und schon allein deshalb, weil sich die beiden Hybridmodelle auf den ungeübten Blick zum Verwechseln ähnlich sehen. Dummerweise ist dies eine Automobilform, die auf europäische Augen bislang nicht sonderlich attraktiv wirkte und daher auch die Marktaussichten des Insight etwas trüben dürfte. Ein Achtungserfolg wie in Japan, wo der neue Honda-Hybrid im April mit 10.000 Einheiten die Zulassungs-Charts anführte, wird sich hier nicht wiederholen. In Deutschland freut man sich schon über 500 Kundenbestellungen in den ersten vier Wochen seit der Markteinführung. Mehr Breitenwirkung könnten die beiden Hybridneuheiten entfalten, die Honda für die nächsten Jahre in Aussicht stellt: das kleine Sportcoupé CRZ und den Kleinwagen Jazz.

Hybridfahren ist in Deutschland kein umweltpolitisches Statement dem Nachbarn oder den Freunden gegenüber, sondern eine kühle Kosten-Nutzenrechnung. Insofern könnte der Insight durchaus manche Rationalisten überzeugen. Mit seinem Einstiegspreis unterbietet der Honda den Prius um 6000 Euro, verbraucht aber kaum mehr: 4,4 Liter je 100 Kilometer gibt der Hersteller an, bei sehr bewusster, zurückhaltender Fahrweise sind in der Realität Werte unter fünf Litern problemlos zu erreichen. Der 1,3-Liter-Vierzylinder-Benziner mit 65 kW/88 PS wird von einem 10 kW/14 PS starken Elektromotor unterstützt. Im Gegensatz zum Prius kann der E-Motor den Insight nicht aus dem Stand alleine beschleunigen. Honda betont jedoch, dass es zumindest theoretisch möglich ist, unter bestimmten Voraussetzungen kurzzeitig rein elektrisch zu fahren. Auf das Spritsparen hat dies allerdings so gut wie keinen Einfluss.

Erziehender Spritspartrainer

Plastiklandschaft im Innenraum Foto: press inform

Für das Erreichen eines niedrigen Verbrauchswertes viel wichtiger ist der sogenannte «Eco Assist», eine Art Spritspartrainer, der dem Fahrer eine effiziente Fahrweise anerziehen will. Je sparsamer der Pilot unterwegs ist, desto mehr Blätter wachsen in der Instrumentenanzeige auf den virtuellen Bäumen. Außerdem wechselt die Farbe der Hintergrundbeleuchtung des Tachos vom erstrebenswerten Grün auf das tadelnswerte Blau, sobald man das Gaspedal mehr als nur streichelt. Ohnehin reagiert die Drosselklappe auf Gasbefehle des Fahrers viel träger, wenn man den Eco Assist aktiviert hat; «übertrieben starke Gaspedalbetätigungen» sollen so unterbunden werden.

Auf dem Weg zum Spritsparrekord muss man es dann auch hinnehmen, dass man auf der Landstraße öfters überholt wird. Auch abruptes Bremsen sieht der virtuelle Spritspartrainer nicht gern; langsames Verzögern ist ihm aufgrund der dann zurück zu gewinnenden Bremsenergie lieber. Das sollte allerdings mit der Verkehrssituation vereinbar sein. Noch einen Vorteil hat die aufwändige Anzeige im Cockpit: Sie lenkt die Blicke von der reichlich tristen Plastiklandschaft im Innenraum ab.

Aufpasser inklusive

Dem Prius sehr ähnlich Foto: press inform

Wer sich auf den Insight einlässt, kann dabei durchaus einen gewissen Spar-Ehrgeiz entwickeln und einigermaßen effizient unterwegs sein. Wer eine dynamischere Fahrweise bevorzugt, wird hingegen gleich zweifach enttäuscht. Denn dann ist der Japaner weder sparsam noch spritzig. Um solchen Enttäuschungen von vornherein entgegenzuwirken, sitzt bei einer Probefahrt beim Honda-Händler immer ein geschulter Autohaus-Mitarbeiter auf dem Beifahrersitz: Neben dem virtuellen Spritspartrainer gibt es also noch einen sehr realen Aufpasser. (mid)

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