Harter Krawallbruder

Honda Civic Type R

In der Kompaktklasse hat Hondas Civic Type R einen Ruf wie Donnerhall. Doch abseits von Rennstrecke und Kurvenhatz zeigt der Japansportler deutliche Schwächen.

Von Stefan Grundhoff

Der aktuelle Honda Civic ist bereits ein paar Jahre auf dem Markt. Doch noch immer sorgt man mit ihm für Aufsehen. Auf dem Parkplatz, in der Hauseinfahrt oder an der Ampel kann man sich regelmäßig neugieriger Blicke sicher sein. Die starke Keilform passt gut zu einem kompakten Sportler wie dem Type R, doch nur Freunde macht sich der Civic damit nicht. Er polarisiert in einem Volumensegment wie kaum ein anderer. In der Kompaktklasse gibt es eine Reihe von sportlich überaus ambitionierten Konkurrenten. VW Golf GTI, Mazda 3 MPS, BMW 130i, Audi S3 oder Ford Focus ST bieten bei ähnlichen Abmessungen das gleiche Modell: rund 4,20 Meter Länge, jede Menge Power und eingebauten Fahrspaß. In Sachen Motorleistung steht der Civic Type R mit seinem hoch drehenden Vierzylinder jedoch ungewöhnlich weit hinten an. 148 kW / 201 PS sind in der Liga der sportlichen Dünnbrettbohrer das unterste der Gefühle. Die meisten Konkurrenten bieten 30 bis 50 PS mehr, einige sogar über 100.

Komfortanspruch egal

Unbeirrt modernster Motorentechnik hält der Type R als Nachfolger des fast schon legendären Honda CRX an seinem bekannten Konzept fest. Zwei Türen, Frontantrieb und einen bissigen Vierzylinder, der überaus willig bis an die 8.000-Touren-Grenze dreht. Macht auf der kurvenreichen Landstraße immer wieder eine helle Freude; auf der Autobahn fallen einem dagegen die Ohren ab. Denn während sich die meisten anderen Hersteller um eine größtmögliche Spreizung zwischen Alltagstauglichkeit und Sportpotenzial bemühen, scheint dem Japaner jeglicher Komfortanspruch weitgehend schnurz zu sein.

Er zerrt bei forscher Gangart gerne am Steuer wie ein großer und hat nicht nur in engen Kehren nennenswerte Probleme, seine Leistung entsprechend in Szene zu setzen. Die harte Federung haut einem die Plomben aus den Zähnen. Stimmig sitzt man in echten Rennstühlen, die trotz aller Straffheit alles andere als unbequem sind; jedoch eine Spur zu hoch. Die Seitenwangen sind stramm und geben einem auch im Grenzbereich das nötige Vertrauen an die Umgebung.

Zerklüftetes Armaturenbrett

Der Startknopf ist rot unterlegt Foto: press-inform

Dazu kann man den Fahrbahnbelag durch die präzise Lenkung feinfühlig ertasten. Leider haben die Innenraumingenieure des Honda Civic einen fragwürdigen Job erledigt. Nichts gegen Extravaganz und Individualität, doch dieses zerklüftete Armaturenbrett hat in einem Auto der Neuzeit nichts zu suchen.

Der Verstellbereich des Lenkrades ist ebenso deutlich zu klein wie der der Sitze. Groß gewachsene Fahrer freuen sich über die bequeme Sitzposition und viel Platz zum Dachhimmel; können den Drehzahlmesser und das Zentraldisplay jedoch nur anteilig bestaunen.

Nervender Startvorgang

Schon der Startvorgang nervt. Erst wird rechts der Schlüssel gedreht und vermeintlich gezündet. Der Motor röhrt jedoch erst nach einem Druck auf den roten Starterknopf an der linken Seite. So etwas braucht kein Mensch. Wenn schon Starterknopf dann bitte auch kein Schlüsseldreh. Sonst wird das ganze zu pseudo-sportlichen Farce.

Oben der LCD-Tacho, schlecht abzulesen und meilenweit entfernt die digitalen Anzeigen für Motortemperatur und Tankvolumen. Bedienung und Anzeige der Klimatisierung lassen ebenfalls viel Verbesserungspotenzial für die nächste Modellpflege. Dass Honda als einziger Hersteller in Segment der kompakten Sportler für stattliche 579 Euro Aufpreis nur eine Nachrüstnavigation mit Schwanenhals anbietet, komplettiert den schlechten Eindruck des Innenraums.

Schlechte Rundumsicht

Schicker Spoiler, schlechte Sicht Foto: press-inform

Dabei hat der Honda Civic Type R auch hinter dem knackig geschnittenen Blechkleid durchaus seine Qualitäten. Das Platzangebot kann sich vorn wie auch hinten sehen lassen. Der Kofferraum ist nicht nur leicht zu beladen, sondern mit grandiosen 456 Litern auch geräumiger als bei den meisten anderen. Die Zuladung ist mit 362 Kilogramm jedoch dürftiger.

Leider ist es mit der Rundumsicht nicht weit her. Der mittig in der Heckscheibe positionierte Heckspoiler nimmt einem jede Sicht nach hinten.

Kein Leisetreter

Futuristische Form Foto: press-inform

Das Motorenkonzept mit einem drehfreudigen Vierzylinder, der sich in ungeahnte Höhen empor schraubt, ist nach wie vor einzigartig. Ein Blick auf die größtenteils innovativere Konkurrenz zeigt jedoch, dass der Type R davon kaum einen realen Nutzen hat. Zwei Liter Hubraum mit einem Output von 148 kW / 201 PS sind heutzutage alles andere als beeindruckend. Das maximale Drehmoment von gerade einmal 193 Nm liegt bei 5.600 Touren an. Unten herum geht beim Honda Civic Type R daher nur allzu wenig. Die zweite Luft bringt erst ab 4.500 U/min Sturm in die Angelegenheit.

Den Spurt 0 auf 100 km/h schafft die 4,27 Meter lange Sportskanone in 6,6 Sekunden. Die Höchstgeschwindigkeit von 235 km/h ist ordentlich. Wirklich erleben möchte man Geschwindigkeiten von über 160 km/h jedoch nicht. Spätestens dann wird es im Type R ohrenbetäubend laut. An ein Gespräch mit dem Sitznachbarn oder am Telefon ist nicht zu denken. Alles andere als zurückhaltend zeigt sich auch der Verbrauch. Durchschnittlich verbrauchte der Sport-Honda im Praxistest stattliche 10,3 Liter Superkraftstoff pro 100 Kilometer.

Große Stunde auf der Landstraße

Die große Stunde des Type R schlägt im mittelschnellen Tempo auf der Landstraße. Außerhalb der überfüllten Städte, genießt man das straffe Fahrwerk, das einen Minuten zuvor noch zur Verzweiflung brachte. Die Seitenneigung des 1,4 Tonnen schweren Fronttrieblers ist selbst in extrem schnellen Kurven minimal und so lassen sich prächtige Radien in den Asphalt zaubern. Bei der Gangwahl gibt es mit einem manuellen Sechsgang-Getriebe solide Hausmannskost.

Unter dem Strich gibt es bessere Kompaktsportler als den Honda Civic Type R. Der bietet bisweilen zwar einen mächtigen Fahrspaß, hat im Alltagsbetrieb jedoch zahlreiche Makel. Eines ist der stattliche Preis. Mit einem Basispreis von 27.590 Euro ist man alles andere als günstig unterwegs. Ein vergleichbarer Ford Focus ST oder ein Mazda 3 MPS sind deutlich alltagstauglicher und kosten bei ähnlichen Fahrleistungen knapp 4.000 Euro weniger. Selbst ein deutlich breiter aufgestellter Golf GTI kostet nur 26.650 Euro. Über den Mehrpreis täuscht auch die sehr ordentliche Serienausstattung mit Sportsitzen, Xenonlicht, Tempomat und Klimaautomatik nicht hinweg. Sitzheizung, Lederstühle oder ein integriertes Navigationssystem gibt es nicht einmal gegen Aufpreis.

Keine Beiträge vorhanden