Focus Turnier: Pampers und Außendienst

Wer ein verbrauchsarmes Fahrzeug sucht und trotzdem auf ein hohes Maß an Variabilität nicht verzichten will, sollte sich den Ford Focus Turnier anschauen. Vor allem mit dem 1.6-Liter-Diesel-Motor überzeugt er, wie unser Test zeigt.

Von Stefan Zaumseil

Junge Familien und mittelständische Unternehmen haben eines gemeinsam: Sie müssen auf die Kosten schauen. So auch beim fahrbaren Untersatz für Babysitz, Monteur oder Vertreter. Schafft der Ford Focus Turnier den Spagat zwischen Pampers-Bomber und Außendienstler-Shuttle?

13 Zentimeter länger als die Limousine

Der aktuelle Focus ist zunächst einmal alles andere als langweilig. In der Frontansicht wirkt er durch große Klarglasscheinwerfer, den einteiligen Kühlergrill und die schräge Windschutzscheibe sehr sportlich. Mit der nach hinten sanft abfallenden Dachlinie und der deutlich ansteigenden Seitenlinie hat der Turnier von allen Focus-Modellen die ausgewogensten Proportionen.

Dabei gibt es bis zur B-Säule keinen baulichen Unterschied zu Limousine und Schrägheck. Nach hinten jedoch ist der Kölner Kombi noch einmal 13 Zentimeter länger als die Schräghecklimousine. Die große und weit öffnende Heckklappe wird flankiert von hoch angesetzten schmalen Rückleuchten, die die Verwandtschaft zum großen Bruder Mondeo deutlich zeigen.

Üblicherweise zählen bei einem Kombi - der heißt bei Ford bekanntlich Turnier - die inneren Werte. Und hier hat der Focus Turnier einiges zu bieten. Der Innenraum ist solide verarbeitet, die Optik und Haptik der verwendeten Materialien ist gut. Das Armaturenbrett und die Türverkleidungen wirken mit andersfarbigen Applikationen nicht ganz so einförmig und großflächig wie einst. Ablagen und Getränkehalter sind in genügender Zahl vorhanden. Das Cockpit ist übersichtlich, die Instrumente klar gegliedert und gut ablesbar. Alle Bedienungselemente sind da, wo man sie vermutet und problemlos zu bedienen.

Straffe Sitze

Lediglich die Bedienungselemente des Lenkrades sind gewöhnungsbedürftig, weil sie größeren Fahrern beim Lenken schlicht im Weg sind. Die Sitze sind straff gepolstert, komfortabel und bieten sehr guten Seitenhalt. Großen Fahrern dürften die höhenverstellbaren Vordersitze auch in der tiefsten Stellung jedoch zu hoch sein. Dank des höhen- und längsverstellbaren Lederlenkrades lässt sich aber auch jenseits der 1,90 Meter Körpergröße eine gute Sitzposition finden.

Harmonische Silhouette: Seitenansicht des Focus Turnier Foto: Press-Inform

Die Rundumsicht ist hervorragend und macht das Park-Pilot-System für 390 Euro eigentlich überflüssig. In der zweiten Reihe ist ebenfalls genügend Platz für Kinder, Kegel, Aktenordner oder auch Kollegen - zumindest so lange es nur zwei sind. Denn wie in dieser Klasse üblich, ist der mittlere Sitz allenfalls als Notsitz zu gebrauchen. Die Kopffreiheit hinten ist auch für Erwachsene gut, ganz im Gegensatz zur Schräghecklimousine. In den Kofferraum passen 475 Liter Gepäck, die sich durch einfaches Umklappen der Rücksitzlehnen auf 1525 Liter vergrößern lassen. Mit den umgeklappten Rücksitzlehnen entsteht ein ebener Laderaum von 1,68 Meter Länge - Licht, Steckdose, Ladehaken und Gepäckrollo sind beim Focus Turnier serienmäßig.

1.6er eine gute Wahl

Der 1.6 Liter große Common-Rail-Diesel mit 109 PS ist sowohl für junge Familien als auch Handelsvertreter eine sehr gute Wahl: er ist sparsam, durchzugstark und recht leise. Mit den 240 Newtonmetern Drehmoment vergehen 11,1 Sekunden bis Tempo 100, bei nicht ganz 190 Kilometern pro Stunde ist die Höchstgeschwindigkeit erreicht. Das ist allemal ausreichend, zumal der tägliche Vertreterstrom auf Deutschlands linken Autobahnspuren in der Regel sowieso mit 120 bis 140 Kilometern pro Stunde dahin fließt.

Der 1,4 Tonnen schwere Turnier lässt sich genau so agil bewegen wie die Limousine. Das Fahrwerk ist straff und gleichermaßen komfortabel abgestimmt, die Lenkung sehr präzise und direkt. In der Stadt nur durch die Länge von fast 4,50 Metern in seiner Wendigkeit eingeschränkt, spielt der Focus außerhalb der Stadt seine Stärken aus: Leicht untersteuernd mit minimaler Seitenneigung ist er auf kurvigen Landstraßen in seinem Element, von behäbiger Familienkutsche nicht die Spur.

Platz für 475 Liter: Mit umgeklappter Heckbank fasst der Focus sogar mehr als das Dreifache Foto: Press-Inform

Das Motorengeräusch des kleinen Diesels ist dabei je nach Drehzahl unauffällig bis kernig, ohne nervig laut zu werden. Die Bremsen entsprechen dem Niveau des Fahrwerkes und packen auch noch nach mehreren Bremsmanövern kräftig zu. Die sportliche Fahrweise hat natürlich seinen (Kraftstoff-) Preis und auch auf der Autobahn stellt Focus Turnier 1.6 TDCi mit etwas über 8 Litern pro 100 Kilometer keine Verbrauchsrekorde auf. Die Durchzugsstärke im unteren Drehzahlbereich bringt im morgendlichen Berufverkehr aber durchaus Vorteile mit sich und so steht gegen Ende des Testzeitraumes der Gesamtverbrauch bei 6,63 Litern pro 100 Kilometer.

Und weil Käufer Platz, niedrige Unterhaltskosten und natürlich einen günstigen Preis erwarten, ist der Ford Focus 1.6 TDCi Titanium ab 23.375 Euro zu haben. Sicher kein Schnäppchen, dafür sind aber Lichtsensor, Regensensor, Nebelscheinwerfer, Klimaautomatik, elektrische Fensterheber und ein automatisch abblendender Innenspiegel serienmäßig an Bord - ein vergleichbar ausgestatteter Opel Astra Caravan kostet etwas über 1000 Euro mehr.

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