Fisker Karma: Grüne Alternative für die Oberklasse

Zwei Elektromotoren mit 400 PS

Fisker Karma: Grüne Alternative für die Oberklasse
Der Fisker Karma kostet mindestens 101.800 Euro © Fisker

Mit einem guten Jahr Verspätung startet der Fisker Karma nun auch in Deutschland. Die äußerst sportliche Oberklasselimousine hat einen Range Extender an Bord und verbraucht weniger als ein Toyota Prius.

Von Benjamin Bessinger

An der ökologischen Orientierung der Besserverdiener hat Hendrik Fisker so seine Zweifel: "Es mag ja sein, dass gerade hier in Hollywood viele Promis einen Toyota Prius für ihr grünes Image gekauft haben", sagt der dänische Designer, der vor ein paar Jahren nach Kalifornien übergesiedelt ist. "Aber der stand nur vor der Garage, während sie tatsächlich heimlich mit ihrem Mercedes oder Lexus davongefahren sind." Kompromisse will in dieser Preisklasse keiner machen, ist Fisker überzeugt. Und er weiß, wovon er spricht. Schließlich ist er nicht selbst halbwegs wohlhabend und obendrein ein passionierter Schnellfahrer. Vor dem Start seiner eigenen Automobilfirma hatte er auch schon bei BMW den Z8 und bei Aston Martin den DB9 entworfen.

Fisker Karma benötigt 2,4 Liter auf 100 Kilometern

Mit Kompromissen wie etwa beim Prius, der zu wenig Platz und Prestige bietet, oder dem Tesla Roadster, dem es an Alltagstauglichkeit fehlt, will Fisker jetzt Schluss machen. Als erste wirklich grüne Alternative für die Oberklasse bringt er deshalb den Karma an den Start. In Amerika gibt es den stattlichen, zwischen Limousine und Coupé angesiedelten Viertürer schon seit letztem Herbst. Mit einem guten Jahr Verspätung startet er nun auch in Deutschland: Mindestens 101.800 Euro muss man einem der sieben Händler des Generalimporteurs Emil Frey überweisen, wenn man künftig mit gutem Gewissen auf die Überholspur starten will.

Dafür gibt es ein Auto, das bislang seinesgleichen sucht: Fünf Meter lang und mit hinreißenden Linien gezeichnet, ist der Karma fast so flach wie ein Lamborghini, so elegant wie ein Maserati Quattroporte, bietet beinahe so viel Komfort wie eine Mercedes S-Klasse und lässt beim Sprint manchen Porsche Panamera stehen. Das ist schon mal nicht schlecht. Aber das Beste ist der Verbrauch: Mit einem Prüfstandswert von 2,4 Litern ist der Prunkwagen sparsamer als ein Prius.

Fisker Karma schafft 80 Kilometer rein elektrisch

Das Elektroauto Fisker Karma.
Der Fisker Karma fährt mit einem Range Extender Fisker

Möglich macht das ein Antriebskonzept, wie man es von Chevrolet Volt und Opel Ampera kennt. Genau wie bei den Stromern von GM, setzt Fisker nicht nur auf Elektromotoren und Lithium-Ionen-Akkus, sondern zudem auf einen Benziner als Range Extender. Er springt immer dann ein und an, wenn entweder der Akku zur Neige geht oder es der Fahrer etwas eiliger hat.

Wo bei Volt und Ampera allerdings die Vernunft regiert, bleibt beim Karma das Vergnügen nicht auf der Strecke: Die beiden E-Motoren an der Hinterachse haben zusammen etwas mehr als 400 PS und holen aus dem 20 kWh großen Akku im Mitteltunnel genügend Saft für einen Sprintwert von 7,9 Sekunden sowie ein Spitzentempo von 153 km/h. Wer das nicht allzu oft ausprobiert, kommt mit diesem gespenstisch leisen und alles andere als spaßfreien "Stealth-Mode" rund 80 Kilometer weit, verspricht Fisker.

Kein Wettbewerber für Fisker Karma in Sicht

Bis zu 80 Kilometer schafft der Fisker Karma im Elektro-Modus Fisker

Schaltet sich automatisch oder auf Knopfdruck der Range Extender zu, ein 2,0-Liter-Turbo von GM mit 190 kW/260 PS, kommt mehr Strom ins Spiel: Bei Vollgas im Sport-Programm sind Tempo 100 dann schon nach 5,9 Sekunden erreicht, auf der Autobahn schafft der Karma dann immerhin 200 km/h, und an die Box muss man erst nach knapp 500 Kilometern. Natürlich weiß auch Fisker, dass sein Auto gerade für die deutschen Kunden damit noch immer etwas zu langsam ist. Doch ein neues Getriebe soll bald Abhilfe schaffen. Und bis dahin bleibt als Trost der Blick auf den Bordcomputer. Die 2,4 Liter, die dem Karma für 100 Kilometer reichen, braucht mancher Konkurrent schon zum Warmlaufen.

Apropos Konkurrenz. Streng genommen gibt es für den Karma noch keinen Wettbewerber. Denn der Ampera wirkt im Vergleich einfach zu popelig und alle anderen Autos verbrauchen zu viel. Doch weil Fisker den Besserverdienern eben keine Kompromisse abringt, sieht er sein Auto in einem Feld mit Fahrzeugen wie dem Porsche Panamera, dem Mercedes CLS oder dem Audi A7.

Mängel bei Verarbeitung des Fisker Karma

Noch nicht ganz ausgereift ist der Fisker Karma Fisker

Für den Preis mag das stimmen, und für die Fahrleistungen überall außerhalb Deutschlands vielleicht auch. Aber dort, wo nicht die visionäre Strahlkraft, sondern solide Handwerkskunst zählt, hat der Newcomer noch eklatante Mängel: Dass man auf den beiden Sesselchen im Fond diesseits des Kindergartenalters kaum sitzen kann, das mögen die Käufer vielleicht noch verschmerzen. Denn bis man mal 100.000 Euro für ein Auto zusammen hat, sind die Kinder wahrscheinlich ohnehin schon aus dem Haus. Und wenn die Rückbank leer bleibt, sieht man womöglich auch über den winzigen Kofferraum hinweg. Aber was nutzt einem die schönste Lack- und Lederlandschaft im wunderbar schlichten Innenraum, wenn bei den Vorführfahrzeugen die Verkleidungsteile abfallen, die Karosseriefugen sich wie der Grand Canyon durchs Blech winden und Zierleisten lose im Fahrtwind flattern?

Wenn Fiskers Produktionspartner Valmet in Finnland da nicht ganz schnell nachbessert, werden ihm das vor allem die qualitätsversessenen Kunden in Deutschland um die Ohren hauen. Dabei braucht er die grünen Genießer für seinen Erfolg. "Denn Deutschland ist in Europa der wichtigste Markt für uns", schmeichelt der Däne dem Heimatland seiner Konkurrenz. "Hier haben die Kunden nicht nur genügend Sinn für gehobene Fahrzeugklasse, für souveräne Fahrleistungen und für umweltfreundliche Antriebe", ist der Designer und Firmenchef überzeugt. "Sondern dort kann man sich solche Autos auch noch leisten." (SP-X)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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