Der wahre Erbe

Fahrbericht Fiat 500C

Erst mit offenem Dach wird der kurze Italiener zum wirklichen Erben der Legende Fiat 500 Nuova. Und natürlich machte es das Cabrio noch sympathischer. Aber ist er überhaupt ein Cabrio?

Von Martin Woldt

Ob es sich denn wirklich lohnt, 2.800 Euro mehr für ein faltbares Sonnenrollo auszugeben, ist eine dieser typisch deutschen Betrachtungsweisen, die einem Italiener angesichts des Fiat 500C nur die Falten auf die Stirn treiben. Zwar ist es nicht zu bestreiten, dass man genau so viel auf den bisherigen Einstiegspreis von 11.000 Euro legen muss, um den Fiat 500 nun auch «oben ohne» fahren zu können. Doch ist es eher ein lässliches Detail. Aus italienischer Sicht geht es eher um den wahren Fiat 500, dessen historisches Vorbild, der ab 1957 3,7 Millionen mal gebaute Fiat 500 Nuova, eben mit jenem Rolldach in der Erinnerung lebt. Die italienische Verärgerung ließe sich noch steigern, wollten wir jetzt die Frage klären, ob es sich denn beim 500 C überhaupt um ein Cabrio handelt?

Sparvariante ohne Dach

Natürlich nicht, denn weder lassen sich die hinteren Seitenscheiben noch die Dachsäulen versenken oder wie bei den Pluriel-Modellen von Citroën demontieren. Und ein Dachhaltegriff im offenen Cabrio wie hier, dürfte hohen Seltenheitswert im Cabrio-Markt genießen. Im 500 C gibt lediglich das Stoffdach den Himmel frei, die Dachholme bleiben unverrückbar.

Und doch ist das historische Vorbild genauso in Erinnerung. Der «500 Nuova» wurde in den Fünfzigern zum «Cabrio für alle» und galt als geniale Improvisation seines Konstrukteurs Dante Giacosa, der, um teures Blech zu sparen, jenes Kunststoffdach entwickelte. Aufwickeln, festzurren, fertig. Das Erfolgsgeheimnis des Fiat 500, sagt Produktmanager Steffen Enzenbauer, sei seine «Authentizität». Wenn 96 Prozent der Kunden ihn wegen seines Designs kaufen, geht es um mehr als Schick.

Drei-Stufen-Öfffnung

Fiat 500C mit dem Fiat 500 Nuova im Hintergrund Foto: Fiat

Aber um zum Dach zurückzukehren. Natürlich wird es nicht mehr aufgewickelt. Das geht per Knopfdruck, kein Italiener wird da murren, in drei Stufen elektrisch. Stufe 1 ist die Schiebedachposition, Stufe 2 die Dachkante, Stufe 3, die sich hinter den Rücksitzen einklappende Heckscheibe. 16 Sekunden dauert der Vorgang. Das funktioniert bis Tempo 60. Ganz aufgefaltet legt sich das Dach zunächst ein Stück bis über die Heckklappe, das aber automatisch etwas zurückrutscht, wollte man ausgerechnet jetzt an den Kofferraum. Der fasst im übrigen uneingeschränkt weiterhin 182 Liter Stauvolumen. Ein Heckgepäckträger wie für die geschlossene Variante gibt es nicht.

Vergrößerte Windschutzscheibe

Mit geöffnetem Dach Foto: Fiat

Mehr Stauraum (520 Liter) lässt sich also nur über das Umklappen der Rücksitze erreichen. Die immerhin, sind über das offene Dach wesentlich besser zu befüllen, als über die kleine Futterluke am Heck. Womit wir denn ja längst wieder bei der deutschen Sicht auf die Dinge wären. Und halten wir uns an die Zahlen, stellen wir ein höheres Leergewicht von etwa 40 Kilogramm fest, die sich unter anderem mit der vergrößerten Festigkeit der Dachholme erklären. Zudem sind nun Kopfairbags auch für die hinteren Passagiere integriert. Daneben besitzt der 500C eine vergrößerte, weiter nach oben gezogene Windschutzscheibe. Nebenbei hat Fiat auf die Kritik am etwas hart abgestimmten Fahrwerk des Fiat 500 reagiert.

Verbesserter Fahrkomfort

Sehr viele Ausstattungsvarianten Foto: Fiat

Weichere Dämpfer und verstärkte Querstabilisatoren machen das Fahrverhalten des 500 C unauffällig, wo bis lang kurze Stöße von Querrillen kleine Hopser verursachten. Leider ist es bei der sehr synthetisch wirkenden Lenkung geblieben. Im Citymodus spürt man das ausgeführte Lenkmanöver ohne einen recht fassbaren Übergang. Abgeschaltet baut sich eine mitunter irritierende leichte Verzögerung gegen ein festeres Steuer auf. Und leider ist die Lenkung nur dürftig in der Höhe verstellbar.

Aufpreis für Start-Stopp

Der Fiat 500C Foto: Fiat

An den Aggregaten unter der Motorhaube hat sich gegenüber dem geschlossenen Fiat 500 nichts verändert. Bislang ordern drei von vier Kunden den Einstiegsbenziner mit 69 PS. Das wird sich beim noch eher auf den Stadt- und Umlandverkehr abzielenden Cabrio kaum ändern und reicht auch völlig aus (Spitze 160 km/h). In 12,9 Sekunden geht es aus dem Stand auf Tempo 100. Der Verbrauch wir mit 5,1 Litern auf 100 Kilometer angegeben (CO2 119 Gramm pro Kilometer). Allerdings wäre es ein Achtungszeichen gewesen, wäre nun auch die Start-Stopp-Automatik ohne Aufpreis mit im Boot (300 Euro extra). Wie auch ein kleiner Großer sich mit einem ESP-Aufpreis von 350 Euro kaum rühmen kann.

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