Dacia Dokker: Der nächste Streich

Hochdachkombi kostet unter 9000 Euro

Dacia Dokker: Der nächste Streich
Der Dacia Dokker bietet viel Auto für wenig Geld. © Dacia

Der Dacia Dokker kostet unter 9000 Euro. Doch nicht nur der Preis macht den Hochdachkombi der Renault-Tochter für Kunden interessant. Mit dem neusten Modell präsentieren die Rumänen ein stimmiges Paket.

Von Peter Weißenberg

Haben Sie ein Hobby, für das Sie viel Laderaum im Auto brauchen? Weiterlesen. Haben Sie drei Kinder und sind eher knapp bei Kasse? Unbedingt weiterlesen. Lieben Sie beim Autofahren Image, Hightech und Luxus? Dann lesen Sie mal, was auch ohne die Verwirklichung dieser Ansprüche alles möglich ist.

Denn schillernde Markennamen, dicke Lederpolster oder ausgefuchste Direktschaltgetriebe sind nicht die Welt der englischen Hafenarbeiter. Und genau diese „dock worker“ hat sich Dacia zum Vorbild genommen, als die rumänische Renault-Tochter ihren neuen Hochdach-Transporter konzipiert hat. Der heißt darum auch „Dokker“ - und soll ehrlich, bodenständig und vor allem billig sein, was er mit einem Startpreis von knapp unter 9.000 Euro ohne Zweifel ist.

Motoren im Dokker arbeiten anständig

Zunächst einmal - in einer Kategorie entspricht der Dokker nicht dem Klischee des „dock worker“: Ein allzu rauer Geselle ist der Verwandte des Renault Kangoo nämlich nicht. Natürlich dröhnt die leere, tiefe große Höhle hinter dem Fahrer schon mal – was aber in der Praxis selten so sein soll. Denn dann soll der Riesenraum ja prall gefüllt werden. Abroll- oder Windgeräusche haben die Techniker aber gut in den Griff bekommen, und auch die Motoren benehmen sich manierlich, so lange der Fahrer nicht motorsportliche Anwandlungen hat.

Souverän sind die Franko-Rumänen inzwischen auch bei der Innenraumgestaltung. Auch der Dokker versucht erst gar nicht vorzutäuschen, was er nicht halten kann: Die Sitze im Dacia etwa sind bequem, bemühen sich indes nicht um knackigen Seitenhalt. Die Kunststoffe im Cockpit sind hart, aber sauber verarbeitet und nicht so speckig wie in anderen Billigautos. Und die Schalter sind stets da, wo der Fahrer sie erwartet – vor allem der langjährige Renault-Fahrer. Der Ganghebel rutscht angenehm durch die Kulisse, wobei zumindest bei den zum Marktstart erhältlichen zwei Dieseln und dem Benziner wohl auch andere Abstufungen keine Dynamik in den Dokker gezaubert hätten. Der Hafenarbeiter bringt eben Lasten von A nach B – aber relativ gemächlich.

800 Liter Kofferraumvolumen

Der Dacia Dokker bietet viele Ablagemöglichkeiten
Der Dokker bietet ausreichend Ablagemöglichkeiten Dacia

Es dürfen übrigens auch wirklich große Lasten sein: Beim Kofferraumvolumen ist der Dokker mit 800 Litern führend im Hochdachkombi-Segment. Und die nutzt der Dokker auch, weil er nicht mehr als ein Kastenwagen sein will. Daraus folgen beinahe senkrechte Seitenwänden und der Heckabschluss, die nach Umlegen der Rücksitzbank 3.000 Liter Ladevolumen bei einer Ladelänge von 1,57 Metern und Breite von 1,13 Meter ergeben. So passt sogar eine Europalette in Längsrichtung in den Dokker. Besonders wichtig für die Gewerbe-Kunden der Version Express, die auf Seitenfenster hinter der Fahrerreihe verzichtet.

Bei den Motoren gibt es keine Überraschung – sie haben schon Millionenauflagen in Renault-Modellen hinter sich: Zum Marktstart gibt es einen 1,6-Liter-Benziner und zwei Common-Rail-Turbodiesel mit jeweils 1,5 Liter Hubraum. Sparsam, aber zäh sind alle drei. Der 1,6-Liter-Benziner mit 61 kW/83 PS liegt bei 7,5 Liter Super auf 100 Kilo¬meter. Ein Wert, der allerdings in der Praxis nur schwer zu erreichen sein wird. Einfacher wird das mit den Dieselvarianten mit 55 kW/75 PS und 66 kW/90 PS: Der kombi¬nierte Verbrauch liegt dort bei jeweils 4,5 Liter Kraftstoff pro 100 Kilometer – und zumindest im größeren Diesel kommt dank ausreichend Drehmoment auch ein wenig Fahrvergnügen auf.

Ab Anfang kommenden Jahres komplettiert dann der moderne 1,2-Liter-Turbobenziner TCe 115 mit 85 kW/115 PS die Motorenpalette. Er dürfte wohl für Familien mit Spaß an der längeren Urlaubsreise die erste Wahl sein – und ist selbst in Vollausstattung noch einige Tausender billiger als ein VW Caddy in Basisversion.

Apropos Preis: Das ist wie stets die wahre Domäne des Dacia: Der Dokker kostet in der Basisversion 8.990 Euro – die einzige Preisangabe übrigens, die die Rumänen bisher offiziell machen. Zum Vergleich: Der Konzernbruder Renault Kangoo kostet mindestens 15.190 Euro, Marktführer VW Caddy startet bei 17.332 Euro. Die Schiebetür hinten rechts mit Ausstellfenster, umlegbare Rücksitzbank und Tagfahrlicht sind beim Dokker stets dabei.

Einstiegsversion vor allem für Handwerker

Dacia Dokker
Der Dacia Dokker kostet unter 9000 Euro Dacia

Der Haken: Wie schon beim technischen Bruder Lodgy ist die Basis nicht aufzuwerten. Darum dürfte der superbillige Einstieg in die Dokker-Welt eher etwas für Handwerker oder Transportunternehmer sein, die auf kurzen Strecken viel Material befördern wollen. Wer im Sommer eine kühle Brise aus den Luftdüsen haben möchte, kommt an der mittleren Version Ambiance (ab rund 11.000 Euro) nicht vorbei. Der ist dann mit vielen Sonderausstattungen kombinierbar; eben auch einer manuelle Klimaanlage. Ab Ambiance ist auch die hintere Schiebetüren links Serie.

Die Einparkhilfe (rund 200 Euro) gibt es indes erst in der Topversion Laureate – genau wie das sehr gelungene Multimedia-System Media-Nav zum Preis von rund 430 Euro, das neben einer Audioanlage, der Bluetooth-Schnittstelle inklusive Freisprechanlage sowie USB- und Klinken-Anschluss zum Anschließen externer Audioträger ein Navigationssystem mit Sieben-Zoll-Touch¬screen-Monitor umfasst. So bleiben auch bei gehobenen Infotainment-Ansprüchen die Kosten überschaubar.

Und auch andere Kleinigkeiten sparen im Alltag Geld: So können anders als bei vielen anderen Neuwagen die Scheinwerferlampen leicht selbst gewechselt werden, was den teuren Weg in die Werkstatt erspart. Auch so etwas macht den Dokker zum ehrlichen Billigarbeiter. (SP-X)

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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