Chevrolet Camaro: Schön unvernünftig

V8-Motor mit 432 PS

Chevrolet Camaro: Schön unvernünftig
Der Chevrolet Camaro bietet 432 PS Leistung. © AG/Mertens

Der Chevrolet Camaro ist Kult. Gerade in Deutschland erfreut sich dieses Muscle-Car großer Beliebtheit. Was es zu bieten hat, zeigt unser Test mit dem 432 PS starken Cabrio.

Von Frank Mertens

Wem beim Autokauf nur der Sinn nach Vernunft steht, der braucht jetzt gar nicht weiterlesen. Es geht hier nicht um die Effizienz eines Fahrzeuges, Spritspartechnologien oder kompakte Maße. Nein, es geht hier um den Chevrolet Camaro, ein unter diesen Aspekten total unvernünftiges Fahrzeug.

Doch der Sinn nach einem Hauch Unvernunft scheint auch bei deutschen Kunden ausgeprägt. Seitdem Chevrolet dieses Muscle-Car in Deutschland anbietet, übersteigt die Nachfrage das Angebot. „Wir werden in diesem Jahr wohl auf einen hohen dreistelligen Absatz kommen“, sagt Steffen Raschig, der Deutschlandchef von Chevrolet. Genauer mag er nicht werden.

Nachfrage am Chevrolet Camaro übersteigt Angeot

Doch interpretiert man seine Halbsätze richtig, dürfte man mit den Absatzzahlen des Camaro an der Tausender-Marke kratzen. Wenn man denn ausreichend Autos aus den USA geliefert bekommen würde, könnte man wohl locker 1500 Autos absetzen. Oder noch mehr? Hierzu mag der Deutschlandchef der GM-Tochter nichts sagen. „Das Auto kommt bei unseren Kunden enorm gut an. Für sie ist der Camaro der Inbegriff eines Muscle-Cars. Kein anderer Sportwagen bietet so viel Leistung für so wenig Geld.“

Chevrolet Camaro Cabrio
Das übersichtliche Cockpit im Chevrolet Camaro AG/Mertens

Hier kann man dem Manager nicht widersprechen. Unter der schier endlos erscheinenden Motorhaube verrichtet ein 6,2 Liter großer V8-Motor mit 432 PS seine Arbeit. Dafür muss der Kunde, so er denn zu den Auserwählten gehört, die eines der heißbegehrten Autos überhaupt bekommen, für das Coupé mindestens 38.990 Euro auf den Tisch legen, für das Cabrio werden 43.990 Euro fällig, das sind 101,82 Euro pro PS. Wer die von uns gefahrene Jubiläumsedition „45th Anniversary”sein Eigen nennen will, muss dafür nochmals 2000 Euro zahlen, bekommt dafür dann aber auch Ledersitze, eine Carbon Flash-Lackierung und 20 Zoll-Aluräder.

Zum Vergleich: Wer sich für das Porsche 911 Carrera S Cabrio (Einstiegspreis 114.931 Euro) mit einer Leistung von 400 PS interessiert, der muss für jedes PS 287,32 Euro bezahlen und für den Maserati GranCabrio (132.770 Euro) müssen 301,75 Euro für jedes einzelne der insgesamt 440 PS bezahlt werden, fast dreimal so viel wie beim Camaro. Kein Wunder, dass ein Camaro bei den Kunden so beliebt ist, lässt er doch den Traum von einem Sportwagen für viele erreichbar werden.

Komfortable Ledersitze im Camaro

Chevrolet Camaro Cabrio
Die Seitenansicht das Camaro AG/Mertens

Was der geneigte Chevy-Kunden für sein Geld geboten bekommt, braucht sich dabei keineswegs verstecken. Der Innenraum versprüht zwar nicht so viel Premium wie in einem Porsche oder Maserati, aber seine Verarbeitung ist durchaus wertig und die Qualität der verwendeten Materialien ist absolut in Ordnung.

Wer im Camaro Platz nimmt, findet auf den Ledersitzen unseres Testwagens einen sehr komfortablen Platz vor, der einen auch Langstrecken in diesem recht straff abgestimmten Fahrzeug sehr entspannt überstehen lässt. Dass das Fahrwerk im Camaro sehr hart ausgelegt ist, passt zur Charakteristik dieses Sportwagens: der Camaro will kein Weichspüler sein, er macht ganz auf harten Kerl. So kernig wie der Motorsound des V8 ist dann auch sein Fahrverhalten. Die 432 PS bringt dieses US-Car mit seinem Hinterradantrieb und einem sattem Drehmoment von 569 Nm souverän auf die Straße, wenngleich er seinem Fahrer durchaus im positiven Sinne fordert.

Denn seine Leistungsentfaltung hat es in sich: in flotten 5,4 Sekunden beschleunigt der Camaro auf Tempo 100, die Spitzengeschwindigkeit ist bei abgeregelten 250 km/h erreicht. Das ist, seien wir ehrlich, angesichts der vollen deutschen Autobahnen mehr als ausreichend. Ohnehin werden die Fahrgeräusche im Cabrio mit seinem Stoffverdeck jenseits der 170 km/h doch vernehmlich laut. Wer offen fährt, kann dies bis Tempo 120 tun; selbst Großgewachsene ragen mit ihrem Kopf nicht über die Windschutzscheibe.

Hoher Verbrauch

Doch der Reiz des Camaro geht ohnehin nicht vom Topspeed aus, sondern von seiner unbändigen Kraft: Wer bei Überholmanövern aus dem dritten oder vierten Gang heraus beschleunigt, der bekommt ein breites Grinsen auf dem Gesicht, so locker prescht der Camaro nach vorn.

Chevrolet Camaro Cabrio
Das Heck des Chevrolet Camaro AG/Mertens

Wer das gleiche im sechsten Gang probiert, wird indes überrascht, denn hier muss der Chevy doch reichlich Luft holen, um nochmals auf Touren zu kommen. Apropos Schaltung: Das manuelle Sechsganggetriebe ist knackig abgestimmt, dürfte aufgrund seiner kurzen Schaltwege sportlich ambitionierten Fahrern sehr entgegen kommen. Die werden sich auch über das serienmäßige Head-Up-Display freuen. Es lässt sich nicht nur in der Höhe justieren, sondern ist auch komplett abschaltbar.

Dass ein Sportwagen kein Spritsparmodell ist, versteht sich von allein. Leider ist da auch der 1,9 Tonnen schwere Camaro keine Ausnahme: Mit seinem Gewicht und seiner Leistung soll sich sein Verbrauch bei durchschnittlich 14,1 Litern bewegen. Das entspricht einem CO2-Ausstoß von 324 Gramm pro Kilometer. In der Realität verbrauchte der Camaro 15,2 Liter. Das ist die reine Unvernunft, zugegeben. Aber Unvernunft kann angesichts der Fahrleistungen dieses Chevy manchmal auch schön sein.

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