Chevrolet Camaro: Keine Kompromisse

Sportwagen mit gutem Preis-Leistungsverhältnis

Chevrolet Camaro: Keine Kompromisse
Der Chevrolet Camaro. © Chevrolet

Mehr Leistung und Ausstattung bietet für diesen Preis keiner. Der Chevrolet Camaro kehrt nach einem Monat eindrucksvoll nach Europa zurück, wie unser Fahrbericht zeigt.

Von Sebastian Viehmann

Nach über einem Jahrzehnt Abwesenheit ist er nach Europa zurückgekehrt, in einem aufsehenerregenden Design, sofort erkennbar und absolut modern: Chevrolet hat den Camaro für europäische Straßen auf dem Nürburgring abgestimmt. Mehr Power und Ausstattung für so wenig Geld bietet hierzulande keiner. Das Preis-/ Leistungsverhältnis des amerikanischen Muscle-Cars ist jedenfalls sensationell günstig. Trotz guter Ausstattung und bärigen 432 PS aus 6,2 Litern Hubraum startet der Wagen bei 38 990 Euro. Bleibt die Frage: Coupé oder 5000 Euro extra fürs Cabrio, Automatik oder Schaltung?

Der Camaro macht keine Kompromisse. Massiv und bullig wie ein Preisboxer steht der 4,83 Meter lange Wagen auf der Straße, der Grill mit den kleinen Scheinwerfern schickt seinen bösen Blick in jeden Rückspiegel. In 5,2 Sekunden rennt der Ami-Bolzen mit seinen 432 PS von 0 auf 100 km/h. Wer das ESP ausschaltet, kann mit den fetten, 20-zölligen 275er Hinterrädern schwarze Radierungen auf den Asphalt malen. Als Antrieb kommt in der Europa-Version nur der 6,2 Liter große V8 mit 569 Newtonmetern Drehmoment und nicht der in den USA ebenfalls erhältliche Sechszylinder unter die Haube. Der V8 mit seinem herrlich bollernden Klang ist kein Kostverächter. Unter 13 Litern pro 100 Kilometer im Schnitt geht trotz moderner Zylinderabschaltung gar nichts, bei sportlicher Fahrweise ist die 16 oder 18 vor dem Komma schnell erreicht.

Chevrolet Camaro macht keine Kompromisse

Die Seitenansicht des Chevrolet Camaro Chevrolet

Wer das Musclecar-Feeling voll auskosten will, sollte den handgeschalteten Camaro wählen. Die etwas knorrige Sechsgangbox ist nichts für zarte Hände, der Pilot muss ordentlich zupacken. Doch die knackig-kurzen Wege machen jeden Schaltvorgang bei forscher Gangart zum Vergnügen.

Nicht, dass man im Alltag viel schalten müsste, mit Hubraum und Drehmoment im Überfluss kann man auch in hohen Gängen entspannt dahingleiten, muss das Gaspedal nur streicheln. Die Sechsgang-Automatik wechselt die Gänge weich und ziemlich schnell, doch sie nimmt dem Camaro ein Stück Agilität. Mit Automatik ist der Camaro sparsamer als die handgeschaltete Version, dabei ist die Leistung des Motors von 318 kW432 PS auf 318 kW405 PS reduziert. Zur Effizienzsteigerung hat er eine Zylinderabschaltung, vier Töpfe nehmen bei geringer Leistungsanforderung nicht an der Arbeit teil. Das soll laut Chevrolet den Durst von durchschnittlich 14,1 auf 13,1 Liter drücken. Der bollernde V8-Sound geht dabei aber außer bei Vollgas verloren, man bezahlt das Komfort-Plus der Automatik mit einem niedrigeren Kribbel-Faktor.

Chevrolet hat sein Retro-Musclecar für europäische Straßenverhältnisse mit diversen Änderungen versehen. „Das Ausgangspaket hat uns nicht ganz gefallen“, berichtet Technik-Manager Patrick Herrmann von den ersten Fahrten mit dem US-Camaro auf dem Nürburgring. So wurde der an der Hinterachse etwas überdämpfte Wagen unter anderem mit neuen Stabilisatoren und Lagern, anderen Dämpfern und Reifen sowie stärkeren Brembo-Bremsen versehen. Das Ergebnis überzeugt, jedenfalls meistens. Der Camaro lenkt relativ zackig ein und wankt kaum in Kurven, federt gekonnt ab und steckt Bodenwellen gut weg. Trotzdem bleibt der 1,7 Tonnen schwere Amerikaner ein dicker Brocken und wackelt gern mit dem Hintern.

Camaro wiegt 1,9 Tonnen

Das Heck des Cabrios und des Coupes des Chevrolet Camaro Chevrolet

Das Cabrio bringt sogar 1,9 Tonnen auf die Waage und fährt sich eine Spur behäbiger als das Coupé. Mit offenem Verdeck lässt es sich bis etwa 160 km/h gut aushalten, ohne dass die Frisur zerzaust. Die verwindungssteife Karosserie lässt kein Knirschen oder Knarzen vernehmen. Das Verdeck muss mit einem Handgriff entriegelt werden und braucht dann ziemlich lange, bis es sich elektrisch öffnet. Im Fond kann man auch als Erwachsener sitzen, wegen der geringen Kniefreiheit aber kaum auf langen Strecken. Das Cockpit versprüht nicht gerade Premium-Flair und erschlägt den Piloten mit einer Flut winziger Schalter. Grobe Schnitzer gibt es aber nicht. Erwähnenswert ist das serienmäßige Head-Up-Display, das neben der Geschwindigkeit einen kleinen Drehzahlmesser in die Windschutzscheibe spiegelt.

Der Preis des Camaro (Coupé ab 38.990 Euro, Cabrio ab 43.990 Euro) ist in dieser Leistungsklasse konkurrenzlos. Zur üppigen Serienausstattung zählen unter anderem ESP und Traktionskontrolle, elektrisch verstellbare Ledersitze, Klimaanlage, CD-Radio, Tempomat, Xenon-Scheinwerfer und Einparkhilfe. Minuspunkt: Es gibt auch gegen Aufpreis weder moderne Assistenzsysteme noch Navigationssystem.

Sowohl der Sechszylinder-Camaro als auch die Hochleistungsversion ZL1 sind für den deutschen Markt erst einmal nicht vorgesehen. Dafür kommt die Fahrzeugabstimmung aus "Old Europe" bald in die Neue Welt: „Die europäische Fahrwerksabstimmung mit dem Optionscode FE4 kann man auch in den USA ordern“, sagt Technik-Manager Patrick Herrmann.

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