Es gibt nicht viele Fahrzeuge, die so ein Aufsehen erregen. Trotz seiner 432 PS eignet sich der Chevrolet Camaro hervorragend dazu, den Hinschauenden genügend Zeit zum Betrachten zu geben.
Von Thomas Flehmer
Sie waren die Stars vergangener Hollywoodfilme – die Muscle Cars. In Zeiten, in denen das Öl nur Anfang der siebziger Jahre kurzfristig und punktuell in der Krise war, machten die Gran Turinos, Dodge Charger, Transams oder Chevrolet Camaro mächtig Eindruck ohne das grüne Gewissen zu belasten. Wenn Starsky und Hutch oder Burt Reynolds durch die Städte oder über die Highways bretterten, wollte der ein oder andere schon den Part des Helden übernehmen.
Chevrolet Camaro Cabrio bietet Platz für vier Personen
Chevrolet bietet die Heldenrolle mit der Neuauflage des Camaro an, sowohl als Coupé als auch als Cabrio. Beide Modelle unterstreichen die Bezeichnung Muscle Car äußerst eindrucksvoll. Eine grimmige Front mit schmalem Kühlergrill und ebenso schmalen Scheinwerfern machen selbst dem härtesten Türsteher alle Ehre. Die hohe Seitenlinie verkörpert eine durchtrainierte Karosserie, dagegen fällt das breite Heck ein wenig ab, aber das ist auch Geschmackssache.
Der Innenraum überrascht den europäischen Autofahrer. Von amerikanischer Kargheit, die früher in der Neuen Welt in war, ist kaum etwas übrig geblieben. Sicher, ein wenig Plastik ist schon vertreten, aber ebenso mit Ziernähten versetztes Leder an Armaturenbrett, Lenkrad und Schaltknauf. Auch die Ledersitze sind äußerst bequem und geben den nötigen Halt. Und – auch das ist nichts Alltägliches – auf den beiden hinteren Sitzen können selbst Erwachsene sitzen, auch wenn der Ein- und Ausstieg etwas beschwerlich ist.
Kompromisse bei der Sitzposition im Chevrolet Camaro
Und auch der Fahrer muss bei der Sitzposition Kompromisse eingehen. Ist der Sitz ganz unten eingestellt, kann nicht jeder den rechten vorderen Rand der langen Motorhaube sehen. Wird der Sitz etwas erhöht, stößt der Kopf an das Stoffverdeck und auch das Sichtfeld wird schon durch den oberen Rand der Frontscheibe eingeengt.
Deshalb bietet sich die offene Fahrt stets an, um mehr Platz für die Sicht zu schaffen. Handgestoppte 14,8 Sekunden benötigt die Konstruktion nach der manuellen Entriegelung, um sich hinter den Rücksitzen zu verstecken. Wird das Dach wieder geschlossen, vergehen vier Sekunden mehr Zeit, immer noch ein guter Wert.
Viel Aufmerksamkeit für das Chevrolet Camaro Cabrio
Und offen beginnt mit dem Drücken des Startknopfes auch der Genuss. Der Sound ist kein Röhren, sondern eher ein Brüllen oder Donnern. Reine Sportwagen hören sich eleganter an. Doch der Camaro ist kein Sportwagen, sondern ein Muscle Car, das Aufmerksamkeit erheischt und auch bekommt. Im Alltag drehten sich fast alle Verkehrsteilnehmer nach dem Camaro um. Zwischen Anerkennung und Protzerei schwankten dabei die Meinungen und Gesichtsausdrücke. Wer Camaro fährt, muss sich dieser Aufmerksamkeit bewusst sein.
Die roten Rallyestreifen auf der weißen Motorhaube verströmen hohen Retrogehalt und heizen die Diskussionen weiter an, ob nun ein muskelbepackter Meister Propper hinter dem Steuer sitzt oder Vin Diesel. Die Mehrzahl hat die Schublade offen.
Chevrolet Camaro Cabrio ab 43.990 Euro
Dabei bietet der Camaro trotz seiner 318 kW/432 PS, gewaltigen 6,2 Litern Hubraum und 569 Newtonmetern Drehmoment mehr Schein als Sein. Zwar sind die 100 km/h bereits nach 5,4 Sekunden erreicht, doch der Camaro eignet sich eher zum Cruisen anstatt zum Rasen. Besonders die Personen auf den Rücksitzen sind dankbar für jeden Stundenkilometer weniger. Denn bei der offenen Fahrt sind die Verwirbelungen schon bei 80 km/h sehr stark, bei 120 km/h nicht mehr auszuhalten.
Zudem fühlt sich der Camaro bei Tempo 200 etwas weich an. Landstraßentempo steht dem Muscle Car besser zu Gesicht, da ist der Camaro unschlagbar. Mit einem dröhnenden Blubbern beim Herunterschalten geht es zum Überholen, ehe dann schnell wieder der sechste Gang eingelegt werden kann, damit das Cruisen nicht allzu sehr auf Portemonnaie schlägt. Schon bei zurückhaltender Fahrweise müssen mit 11,8 Litern in der Stadt bei einem hohen Stadtautobahnanteil gerechnet werden – Superplus versteht sich. Auf der Autobahn waren es bei einem hauptsächlichen Tempo zwischen 120 und 140 km/h zwei Liter mehr.
Dafür kann der Besitzer bei der Anschaffung sparen. Denn mit einem Einstiegspreis von 43.990 Euro avanciert der Bolide gar zum Schnäppchen. Und Hollywood ist dann ganz nah.