Audi TT: Stilikone statt Sportskanone

Die Stilikone der späten 90er Jahre ist erwachsen geworden. Auch die zweite Generation des Audi TT ist vor allem eines – ein typischer TT. Ganz befriedigen kann der Neue die Erwartungen jedoch nicht.

Von Stefan Grundhoff

Keine Frage: Er sieht klasse aus und macht jede Menge Eindruck. Mit seinen rundlichen Formen hat sich der neue Audi TT seinen femininen Charme bewahrt; wirkt trotz alledem kraftvoller und bulliger als bisher. Front und Blick sind geschärft, dazu die muskulöse Schulterlinie und die markant ausgestellten Kotflügel. Das Stummelheck bliebt abgesehen von dem nun ausfahrbaren Spoiler nahezu unverändert, hat jedoch deutlich mehr Sexapeal.

«Erotische Rundungen»

Auch Audi-Chef Martin Winterkorn spricht fast verträumt von erotischen Rundungen, als er das 4,18 Meter lange Sportcoupe betrachtet. Nein, der neue Audi TT macht nicht auf Kraftprotz wie Porsche Cayman oder BMW Z4 Coupe. Er treibt sich eher mit seinen gleichermaßen designorientierten Freunden Chrysler Crossfire oder Nissan 350Z herum. Brüllen sollen andere.

Dieser Eindruck setzt sich im Innenraum fort. Hier hat sich im Vergleich zum Vorgänger zwar einiges getan; grundlegend anders zeigt sich der kleine Bruder des neuen Supersportlers Audi R8 jedoch nicht. Instrumente und Bedieneinheiten zeigen die sanften Züge einer Evolution. Alles ist da, wo es hingehört und ist exzellent verarbeitet. Die Sitze bieten guten Seitenhalt, das Steuer liegt gut in der Hand und die Schaltung scheint wie für die rechte Hand des Piloten erschaffen worden zu sein. Dabei ist der TT alles andere als ein reinrassiger Sportwagen.

Komfortables Fahrwerk

Macht eine gute Figur Foto: Werk

Das Fahrwerk ist für ein Sportcoupe dieser Klasse gelungen, aber ungewöhnlich komfortabel abgestimmt. Das ändert sich auch nicht, wenn man per Knopfdruck das 1000 Euro teure Magnetic Ride einschaltet. Der vermeintliche Sportmodus ist kaum straffer als die normale Fahrt und muss nicht sein.

Federung und Dämpfung arbeiten auch so einwandfrei und harmonisch zusammen. Ambitionierte Sportwagenfans dürften bei einem solchen Sportmodus jedoch zu Recht enttäuscht sein. Hier hätte man mit Blick auf die Hauptkonkurrenten aus Stuttgart und München durchaus etwas mehr erwarten dürfen. Etwas mehr Härte und Rückmeldung von der Fahrbahn würde auch dem TT gut zu Gesicht stehen. So glänzt allein die steife Karosserie.

Echte Sportversion erwünscht

Das 3.2-Liter Aggregat im TT Foto: Werk

Das gilt auch für die Lenkung, die sich gerade bei geringen und mittleren Geschwindigkeiten als zu leicht erweist. Zum gnadenlosen Sportwagenimage hat auch das bekannte 3,2-Liter-Aggregat zu wenig auf den Rippen. 184 kW/250 PS und 320 Nm maximales Drehmoment sind zusammen mit 250 km/h Spitze alles andere als eine Enttäuschung, doch die Konkurrenz schlägt mittlerweile kraftvollere Töne an. So wird Audi beim 1,4 Tonnen schweren TT der zweiten Generation kaum um eine echte Sportversion mit dem Zusatz «S» oder «RS» herumkommen.

Der TT verspricht Sportlichkeit Foto: Werk

Die hatten bereits beim Vorgänger viele erwartet - vergeblich. Diesmal dürfte Sie kommen und deutlich mehr als 300 PS in der Hinterhand haben. Der neue Audi TT fährt sich dank intelligenten Leichtbaus nicht mehr derart kopflastig wie sein Vorgänger. Rund 70 Prozent der Karosserie bestehen aus Aluminium. Um mehr Gewicht ans Heck zu bringen, wurde hier überwiegend Stahl eingesetzt.

Bis dato bleibt der TT 3.2 V6 das Topmodell und ist mit dem obligatorischen quattro-Antrieb ausgestattet, der die Motorleistung souverän und geradezu lässig auf die Straße bringt. Den Spurt 0 auf 100 km/h schafft der dynamische Bayer in 5,9 Sekunden. Noch etwas schneller und entspannter geht es mit dem optionalen DSG-Getriebe, bei Audi S-Tronic genannt. Dann eilt die 100er-Marke bereits in 5,7 Sekunden vorbei.

Guter Verbrauch

Noch eindrucksvoller sind die Einsparungen beim Verbrauch. Hier stehen mit S-Tronic 9,4 statt 10,3 Liter SuperPlus auf 100 Kilometer zu Buche. Diese Werte zeigen, dass der Sechszylinder im Gegensatz zum kaum trägeren TT 2.0 TFSI mit seinen 200 PS nicht mit der modernsten Motorentechnik unterwegs ist. Der Zweiliter-Direkteinspritzer mit Turboaufladung verbraucht nur 7,7 Liter, schafft 240 km/h und einen Spurt in 6,6 Sekunden. Doch leider ist der kleine Vierzylinder zum Marktstart nach den Sommerferien nicht mit Allradantrieb zu bekommen.

Das Cockpit im TT Foto: Werk

Der soll später ebenso folgen wie ein Regen- und Lichtsensor oder das obligatorische Bildschirmnavigationssystem. Bis zur ersten Modellpflege muss man sich dagegen wohl gedulden, bis man einen externen Öffnungsmechanismus für die Heckklappe bekommt. Sie lässt sich sonst nur per Schlüssel oder von innen öffnen. Dabei macht das Gepäckabteil ansonsten einen überaus ordentlichen Eindruck. 290 Liter im Normalzustand sind weit weniger aussagekräftig als die 700 Liter, die zur Verfügung stehen, wenn man die teilbare Rückbank umklappt oder mit Taschen bepackt. Schließlich können auf den zwei Einzelsitzen sowieso nur Kleinkinder Platz nehmen.

Die Sitze im TT bieten guten Seitenhalt Foto: Werk

Mit dem neuen TT ist Audi nicht ein derart großer Wurf wie 1998 gelungen. Doch eine derartige Stilikone gibt es eben nicht alle Jahre wieder. «Wir konnten mit dem ersten Audi TT komplett neue Kundengruppen erschließen», so Ulrich Hackenberg, Leiter Audi-Fahrzeugentwicklung, «wir hoffen, dass uns dies auch bei der zweiten Generation gelingt.» Nichts ganz unwichtig ist dabei auch der Preis. Der Audi TT 2.0 TFSI beginnt bei 31.900 Euro, das Topmodell TT 3.2 quattro kostet mit S-Tronic satte 10.100 Euro mehr. Bleibt abzuwarten, wann der 2.0 TFSI mit Vierradantrieb kommt. Er könnte dieser große Wurf sein.

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