Per Touchscreen ans Ziel

Audi A8

Audi fährt die dritte Generation des A8 vor. Das Flaggschiff aus Ingolstadt ist vollgepackt mit elektronischen Assistenten, die das Leben im Auto so angenehm wie möglich machen sollen.

Von Thomas Flehmer

Es ist mittlerweile ein beliebtes Mittel, nach jedem größeren Fußballspiel spezielle Sequenzen per Touchscreen von Experten erklären zu lassen. Rasant zeichnen die Finger der Fachleute etwaige Spieltaktiken auf, die der Zuschauer auf dem Fernseher dann mitverfolgen kann. Die schnelle Vermittlung des Wissens hat nun auch Audi, immerhin Trikotsponsor des Zweitliga-Absteigers FC Ingolstadt, inspiriert. Im neuen A8, der seit 1994 dritten Generation des ab März erhältlichen Flaggschiffs, können nun Fahrer oder Beifahrer einen ebensolchen Touchscreen benutzen, freilich nicht, um irgendwelche Spielszenen des Drittligisten nachzuzeichnen.

Navi-Fahrt per Google Earth

Audi hat das Touchpad mit dem zentralen Bordcomputer MMI kombiniert. So können die einzelnen Buchstaben der gesuchten Stadt oder Straße intuitiv auf dem kleinen Feld eingetragen werden, um das Navigationssystem zu aktivieren. Selbst eine Krakelschrift, chinesische oder kyrillische Schriftzeichen kann das Gerät lesen. Ist der gesuchte Ort gefunden kann man seine Fahrt per Internet über Google Earth auf dem in der Mittelkonsole integrierten Monitor verfolgen. Natürlich ist auch noch eine freundliche Stimme mit an Bord, die verbal den Weg weist.

Das Touchpad ist nur eines von vielen Assistenten, die mittlerweile eine Oberklasselimousine deutscher Bauart beherbergen zu müssen scheint. Und Audi hat ja Nachholbedarf, schließlich sind eine neue S-Klasse sowie der neue 7er bereits in neuer Ausführung unterwegs. So ist das Touchpad zum einen ein netter Gimmick, den die Konkurrenten nicht bieten, zum anderen wird die Eingabe stark vereinfacht, ohne dass der Fahrer seinen Blick von der Straße nehmen muss. Doch die Konzentration auf den Verkehr wird von weiteren Sicherheitsfeatures zum Teil stark in Anspruch genommen. Da ist zum einen der Nachtsichtassistent, der auf dem Monitor zwischen Geschwindigkeitsanzeige und Drehzahlmesser die Fahrt zum Erlebnis macht, vor einer Playstation zu sitzen. Eine Kamera filmt das Geschehen vor der 5,14 Meter langen Luxuslimousine und übertragen das Bild ins Innere. Menschen am Straßenrand oder solche, die die Straße queren, werden nach Art eines Bewegungsmelders per Wärmebild je nach Abstand des Verkehrsteilnehmers im leuchtenden Gelb oder Rot angezeigt.

Gut funktionierender Abstandstempomat

Links befindet sich das Touchpad Foto: Audi

Große Angst, dass die fehlende Konzentration des Fahrers zu Auffahrunfällen führt, brauchen die Fahrgäste nicht zu haben - soweit der Abstandstempomat eingeschaltet ist, der das Auto fährt und automatisch abbremst, wenn der Abstand zum Vordermann immer minimaler wird. Zwei Radare messen stetig den Abstand zum Vordermann und verringern das Tempo oder verschärfen es, wenn der Fahrer den Blinker setzt und die Spur wechselt. Besser als bei der Konkurrenz aus Stuttgart gibt das Fahrzeug dann selbstständig Gas.

Aufpassen muss der Fahrer aber im Kreisverkehr, wenn der Tempomat noch eingeschaltet ist. Bei der Kurvenfahrt fehlt den beiden Radars plötzlich der Vordermann und führt so zu einer Tempozunahme. Der Tritt auf die Bremse signalisiert dem Fahrer dann aber auch immerhin, dass er selbst für das mindestens 72.200 Euro teure Fahrzeug verantwortlich ist. Denn so gut die Features, die auch in den Konkurrenzmodellen zum Einsatz kommen, sind, so gefährlich kann es werden, wenn der Fahrer die Kontrolle dem Auto überlässt - trotz der Sicherheitsassistenten.

Hartes Fahrwerk

Per Google Earth zum Ziel Foto: Audi

Doch Audi selbst hat dem Fahrer einen Hallo-Wach-Gimmick eingebaut. Bei dem Spagat zwischen Komfort und Sportlichkeit ist das Fahrwerk für eine Oberklasselimousine äußerst sportlich ausgefallen. Vor allem die Vorderachse bügelt selbst im Komfort-Modus kurze Bodenunebenheiten nicht gerade elegant aus, vor allem dann, wenn die 19 Zöller eingesetzt werden. Da fragt man sich schon, ob die Sportlichkeit in diesem Segment, in dem sich zunehmend älteres Klientel befindet, auch gewünscht ist. Was nicht heißen soll, dass die Silver Ager keinen Wert auf Sportlichkeit legen.

Im Innenraum jedenfalls ist sonst fast alles auf Komfort ausgerichtet. Die Ledersitze bieten fünf verschiedene Massagemodi, das verschieden einstellbare Ambiente-Licht sorgt im Innenraum an verschiedenen Stellen für ein Wohlgefühl, das neu gestaltete MMI ist noch besser bedien- und ablesbar. An den neuen Schalthebel der gut schaltenden Acht-Stufen-Wandlerautomatik muss man sich gewöhnen. Gerade wenn es schnell gehen soll, werden Rückwärts- und Vorwärtsgang zum Teil verpasst.

Drei Motoren zur Auswahl

Das Ambiente Light gibt es in drei verschiedenen Ausführungen Foto: Audi

Und auch die Passagiere auf den hinteren Sitzen müssen mit einer gewissen Platzeinschränkung leben. Nicht, dass Platzmangel herrscht, aber bei zwei längeren Personen hintereinander ist die Kniefreiheit doch begrenzter und man wünscht sich auf den Rücksitz eines Skoda Superb.

Allerdings können alle Fahrgäste das Vorwärtsgleiten voll und ganz genießen, egal, ob mit dem 184 kW/250 PS starken 3.0 TDI Sechszylinder oder den beiden Achtzylindern 4.2 FSI mit 273 kW/372 PS und TDI mit 258 kW/350 PS, die beide den Spaßfaktor mächtig in die Höhe treiben, wobei der Diesel trotz 22 Pferden weniger als der Benziner den Freunden des heruntergedrückten Gaspedals noch ein wenig mehr Fahrspaß verspricht. Und ein Verbrauch von 7,6 Litern ist für dieses Segment nicht von schlechten Eltern.

Ausreichender Allradler

Elegante Linienführung Foto: AG/Flehmer

Doch ebenso wie der Benziner-V8, der laut Audi 9,5 Liter verbrauchen soll, ist dieser Wert angesichts der immer wiederkehrenden verlockenden Kraft der Motoren ein äußerst theoretischer Wert. Für die finanziell Potenten, die allein schon 89.300 Euro plus rund 10.000 Euro für die wichtigsten Assistenzsysteme plus 5000 Euro für die phänomenale Sound-Anlage von Bang und Olufson mit 1450 Watt und 19 Lautsprechern, kein Maßstab. Hinzu kommt dann auch noch die Voll-LED-Lichtanlage, die besonders bei den Scheinwerfern Eindruck schinden wird. Sobald der Blinker gesetzt wird, schaltet sich das Tagfahrlicht ab und macht dem gelben Blinker Platz, bis der Vorgang beendet ist.

Als völlig ausreichend präsentiert sich der Allrad-Sechszylinder, der auch dank Stopp und Start-System mit 6,6 Litern Diesel auskommen soll, was einem CO2-Ausstoß von 174 Gramm pro Kilometer entspricht. Und auch mit der «kleinen» Maschine wird der Sprint von Null auf 100 km/h in 6,6 Sekunden absolviert. Eine Vorderrad-angetriebene Maschine mit einem Verbrauch von glatten sechs Litern folgt im Sommer, etwas später dann auch die zum guten Ton gehörende Hybridversion. Doch letztendlich bleiben die technischen Werte außen vor, denn das Bewegende findet im Innern statt. Und wer möchte nicht auch einmal so agieren wie die vermeintlichen Fußball-Experten im Fernsehen - und sei es auch nur, um die nächst gelegene Straße auf das Navi zu schreiben.

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