Der Traum geht weiter

Mercedes bringt eine neue SL-Klasse auf den Markt. Der Nachfolger der sechsten Generation stellt dabei nicht nur durch designerische Neuerungen die beiden letzten Vorgänger in den Schatten.

Von Thomas Flehmer

Seit knapp 60 Jahren raubt der Mercedes 300 SL nicht nur männlichen Autoliebhabern den Atem. Ab April 2008 nun wird eine neue Etappe der Atemnot beginnen. Die Stuttgarter schicken den Nachfolger der sechsten Generation in die Startlöcher, um neue Käufer zu gewinnen. Die Chancen stehen sehr gut, nach bisher insgesamt über 635.000 Verkäufen in 55 Jahren weiterhin weltweit die Spitze im Segment der offenen Luxussportwagen zu verteidigen. «Es ist weiterhin die kultivierteste Art, einen offenen Sportwagen zu fahren», sagte Detlef Barthelmes, Leiter Produktmanagement der SL- und SLK-Klasse, bei der Weltpremiere in Sindelfingen.

Betörend schön

Denn der neue SL verzaubert gleich auf den ersten Blick die Sinne. Das liegt vor allem an dem Kühlergrill der komplett neu gestalteten Front mit neuen Scheinwerfern, die weit in die Kotflügel ragen. «Der Grill ist aber der Hauptdarsteller, alle anderen Details haben die Funktionen von Nebendarstellern inne», sagt Hans-Dieter Futschik, Leiter Design bei Mercedes-Benz Personenwagen. Deutlich breiter ist das Element geworden und verfügt nur noch über eine Lamelle. «Wir haben uns da an dem historischen Vorbild orientiert», so Futschik. Das historische Vorbild ist dabei der Roadster, der die zweite 300 SL-Generation von 1957 bis 1963 prägte,

Ebenfalls als Reminiszenz - diesmal an den ersten Dreihunderter - sind die beiden Powerdomes auf der Motorhaube gedacht. Zudem haben die Designer die Nase laut Futschik «etwas in den Wind gestellt», so dass der neue, aber immerhin 1,7 Tonnen schwere «Sport Leicht» (SL) länger und kräftiger wirkt. Auch die Luftauslässe an den vorderen Kotflügeln zollen vom Respekt für den Ur-Vater, der 1952 als Rennwagen sein Debüt gab und nur durch eine Anfrage aus den USA als Serienproduktion gefertigt wurde.

Breitere Kotflügel

Die Seitenansicht des Mercedes SL Foto: Mercedes

Auch die Seitenlinie bekam ein neues Gesicht dank einer Verbreiterung der Kotflügel. So strahlt der neue SL pure Kraft aus ohne dabei bullig oder protzig zu wirken. Er raubt einem eher den Atem. Keine Frage, im Vergleich mit dem neuen SL sehen die beiden letzten Varianten aus der Untertürkheimer Schmiede sehr altbacken, sehr blass aus.

Für weitere Farbe sorgt ein neu konzipierter Sechszylinder, der im SL 350 unter der Haube für sportlichen Vortrieb sorgt. 232 kW /316 PS weisen «ein Leistungsplus von 16 Prozent auf bei einer gleichzeitigen Kraftstoffersparnis von 0,4 Liter aus 100 Kilometern», sagt Jürgen Weissinger, Leiter Entwicklung Personenwagen. Zudem sind die Ingenieure stolz auf die neue Direktlenkung, bei der der Fahrer das Lenkrad weniger bewegen muss als bei einer herkömmlichen Lenkung. Dank einer versetzten Verzahnung an der Lenkstange war die Lösung des Problems denkbar einfach. Das Patent darauf besitzt allerdings der Australier Arthur Bishop - und das seit 1973.

Toller Sound

Der neue Sechszylinder im SL 350 Foto: Mercedes

Mit einem Hochdrehzahlkonzept ausgestattet, das den Motor bis zu 7200 U/min rotieren lässt, sowie einer verbesserten Verdichtung, wird der sportliche Charakter noch mehr unterstrichen. Hinzu kommt der dazugehörige Sound und eine Zwischengas-Funktion im Siebengang-Getriebe für weichere Schaltvorgänge.

Im luxuriösen Innenraum treten dagegen zehn Lautsprecher mit der Kraft von 510 Watt zum Weitstreit mit dem Motorensound an. Der Sieger steht bereits vor dem Start fest. Es ist der Fahrer, der nicht nur zwischen den beiden akustischen Funktionen wählen kann, sondern vollkommen komfortabel untergebracht ist, egal ob das Dach offen oder geschlossen ist. Störend ist nur der auf Aluminium getrimmte Öffnungshebel des Klappdaches, der in diesem Preissegment völlig fehl am Platze ist.

Warmer Kopf

Warme Luft aus der Kopfstütze Foto: Mercedes

Um das Fahren bei geöffnetem Dach so optimal wie möglich zu gestalten, sorgt eine in den Kopfstützen untergebrachte Kopfraumheizung für beste Temperaturen. Mercedes nennt die seit 2004 eingesetzte Innovation Airscarf, was übersetzt «Luftschal» bedeutet.

Dass weitere Features nach Lust und Laune sowie Geldbeutel zur Verfügung stehen, ist ebenso selbstverständlich wie umfangreiche Sicherheitsassistenten. Dass dieses alles seinen Preis hat, auch. Das nach einer Generation Pause wieder eingesetzte Einstiegsmodell des SL 280 startet um die 100.000 Euro. Der Achtzylinder SL 500 sowie das mit zwölf Töpfen ausgestattete Topmodell SL 600 wird den Preis um viele weitere 10.000er in die Höhe treiben. Auch das kann einem den Atem rauben.

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