Neues EU-Label für Autoreifen

Ab November Pflicht

Neues EU-Label für Autoreifen
Bei Reifen sollte aufs Alter geachtet werden. © ADAC

Die EU führt ein neues Label ein. Wie Waschmaschinen oder Neuwagen erhalten demnächst auch Autoreifen ein Energieeffizienzlabel.

Von Christoph Walter

Mit einer Farbskala auf Waschmaschinen und Kühlschränken fing es 1998 an: Der Öko-Aufkleber auf Elektrogeräten trennt seither Stromfresser von Sparmeistern. Im Dezember 2011 folgte ein Energieeffizienzlabel für Neuwagen. Nun kommt per EU-Verordnung das nächste Label - diesmal für Reifen.

Spezial- und Motorradreifen ausgenommen von der Pflicht

Ab dem 30. Mai dürfen Reifenhersteller mit dem neuen Label über die Eigenschaften ihrer Pneus informieren. Am Stichtag 1. November 2012 wird die Kennzeichnung Pflicht: Kunden müssen dann beim Händler für jedes Reifenmodell entsprechende Informationen an die Hand bekommen, erläutert Hans-Jürgen Drechsler. Ausgenommen sind dem Geschäftsführer des Bundesverbands Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk (BRV) zufolge rundumerneuerte Pneus, Motorradreifen und einige Spezialreifen.

Das Reifenlabel ist in drei Bereiche unterteilt. Am auffälligsten ist die Farbskala oben links zur Bewertung des Rollwiderstands, der den Benzinverbrauch von Autos beeinflusst. In dieser Kategorie reichen die Klassen von der grün markierten Stufe A für besonders gut hin zur schlechtesten Klasse G in Rot. «Zwischen den Kategorien A und G liegen 7,5 Prozent Kraftstoffersparnis oder sogar noch mehr», sagt Lars Netsch, Reifenexperte beim TÜV Süd.

Reifen eingeteilt von A bis G

Rechts oben auf dem Label werden mit Buchstaben von A für sehr gut bis G für sehr schlecht die Bremseigenschaften auf nasser Fahrbahn beurteilt. Netsch erklärt auch hier die Abstufung: «Mit Reifen der Klasse A verkürzt sich der Bremsweg eines Pkws von Tempo 80 bei Nässe im Vergleich zu Reifen der Kategorie F um bis zu 18 Meter.»

Am unteren Rand des Labels findet sich schließlich noch ein Hinweis auf die Geräuschentwicklung beim Abrollen. Entscheidend ist dabei die Anzahl der gefetteten Schallwellensymbole: Drei dick gedruckte Wellen bedeuten, dass ein Reifen beim Fahren nahezu viermal mehr Lärm macht als ein Pneu mit nur einer gefetteten Welle.

VCD kritisiert Eigenregie-Tests

«Das Label kann helfen, einen ersten Eindruck von Umwelt- und Sicherheitseigenschaften eines Reifenmodells zu bekommen», sagt Gerd Lottsiepen, Verkehrspolitischer Sprecher beim Verkehrsclub Deutschland (VCD). Aber Verbraucher müssten sich im Klaren darüber sein, dass weitere wichtige Leistungsmerkmale von Reifen unberücksichtigt bleiben.

Hinzu kommt, dass die Hersteller ihre Pneus nach EU-Vorgaben in Eigenregie testen und bewerten. Lottsiepen kann sich zwar nicht vorstellen, dass große Marken bei der Selbstzertifizierung mogeln. Für unbekannte Billigreifen-Anbieter will er das aber nicht ausschließen. Der VCD-Experte fordert deshalb unabhängige Kontrollen.

Industrie drängt auf staatliche Kontrollen

Auch die Industrie pocht darauf: «Wir drängen auf staatliche Kontrollen, um uns selbst und andere zu verpflichten», sagt Frank Titz, Mitglied der Geschäftsführung bei Goodyear Dunlop. Verbraucher sollten auf jeden Fall skeptisch werden, wenn ihnen Pneus mit Bestnoten bei Nassgriff und Rollwiderstand unterkommen, betont TÜV-Mann Netsch: «A-A-Reifen wird es vorerst nicht geben, weil das technisch noch nicht machbar ist.»

Alexander Bahlmann bestätigt das: «Auf Rollwiderstand optimierte Reifen können unter anderem wegen der unterschiedlichen Gummimischung nicht gleichzeitig beim Nassgriff Bestleistungen erbringen», erläutert der Continental-Sprecher. Nach aktuellem Stand der Technik hält Bahlmann «Reifen der Klassen C-A, A-C oder B-B bei Rollwiderstand und Nassgriff für vorstellbar».

Solange es keine A-A-Reifen am Markt gibt, rät Netsch generell zu Pneus, die «keine übertriebene Optimierung in eine Richtung» haben. Er empfiehlt zusätzlich die Lektüre von Testberichten, um ein Reifenmodell zu finden, das die persönlichen Anforderungen an Sicherheit und Umweltschutz bestmöglich erfüllt. (dpa/tmn)

Vorheriger Artikel7er BMW: Treuer Begleiter
Nächster ArtikelHonda CRF250L: Enduro für Gelände und Asphalt
Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

Keine Beiträge vorhanden