Lautlos ins Gelände

Nissan X-Trail FCV

Nissan will bis 2015 die Brennstoffzelle zur Serienreife bringen. Wir konnten bereits mit dem 1,3 Millionen Euro teuren Wasserstoff-X-Trail einige Kilometer hinter uns bringen.

Von Thomas Flehmer

Als «Kohle der Zukunft» bezeichnete Jules Verne 1876 das Wasser. Gute 132 Jahre später scheint der französische Dichter Recht zu bekommen. Angesichts der seit über einem Jahr anhaltenden CO2-Diskussion sowie der zuletzt stark steigenden Kraftstoffpreise geraten die Autohersteller immer mehr unter Druck und öffnen nun so langsam ihre Forschungslabore, um den Weg in die automobile Zukunft aufzuzeigen. Und frei nach Jules Verne soll der Wasserstoff zum hauptsächlichen Antrieb in mittelbarer Zukunft avancieren. In der Gegenwart aber umhüllt Wasserstoff und Brennstoffzelle noch etwas Mysteriöses.

Machbarkeitsstudie vor zwölf Jahren

Honda, VW und Mercedes sowie BMW haben schon Modelle vorgestellt, in denen der Wasserstoff über Brennstoffzellen einen Elektromotor emissionsfrei antreibt. Nissan zieht jetzt nach. 1996 war es nur eine Machbarkeitsstudie, die die Ingenieure des japanischen Herstellers präsentierten. Seit 2004 gibt es eine eigenst entwickelte Brennstoffzelle, die nur Luft und Wasser ausstößt. Dieser Antriebsstrang wurde dann in einen X-Trail der damaligen Generation eingesetzt.

Insgesamt 25 Prototypen - jeder einzelne 1,3 Millionen Euro wert - fahren derzeit weltweit mit dem Elektroantrieb und Brennstoffzelle herum. 90 kW/123 PS leistet der Elektromotor, bis 150 km/h kann man den Geländewagen hochdrehen. Französische Kollegen haben laut Lichtbild auch schon 152 km/h geschafft. Eigentlich fährt sich der rund 400 Kilogramm schwerer als das normale Serienmodell wiegende FCV (Fuel Cell Vehicle) wie ein normales Auto - und doch anders.

Verwirrende Stille

Unter dem Rücksitz befindet sich der Tank, unter dem Vordersitz die Brennstoffzelle Foto: Nissan

Es ist die Stille, die immer noch verwirrt, auch wenn man schon mit Hybriden oder Brennstoffzellen-Fahrzeugen unterwegs war. Auf dem Display steht «Ready», doch kein Motorengeräusch ist zu vernehmen. Ein Druck auf das Gaspedal und der Wagen setzt sich in Bewegung. Von Beginn an stehen die 280 Nm bis zu 3170 U/min zur Verfügung. Geschaltet wird nicht, es gibt nur einen Gang, eine Doppelkupplung ohne Zugunterbrechung wird beim FCV nicht benötigt. Bis zu einer Geschwindigkeit von ungefähr 70 km/h zieht der Wagen mächtig an.

Doch je höher der Geschwindigkeitszeiger klettert, um so mehr nimmt der Beschleunigungsfaktor ab, weil der Energieaufwand für höhere Geschwindigkeiten (und somit auch Umdrehungen) deutlich höher ist als bei der Beschleunigung. Rund 14 Sekunden benötigt der X-Trail deshalb, um die 100 km/h-Marke zu erreichen. Überholmanöver auf der Autobahn sind für den Nissan keine Hürden, anders würde es auf einer Landstraße aussehen. Hier sollte die Gegenfahrbahn über eine längere Strecke nicht belegt sein.

Serienreife 2015

Der Tankvorgang unterscheidet sich nicht großartig vom Befüllen mit Benzin oder Diesel Foto: Nissan

Auf dem Display ist das Zusammenspiel der Komponenten Brennstoffzelle, Elektromotor, Lithium-Ionen-Batterien sowie des Inverters und des Tank sichtbar. Aus dem unter den erhöhten Rücksitzen befindlichen Tank gelangt der Wasserstoff in die Brennstoffzelle, wo er in elektrischen Strom verwandelt wird und über einen Inverter den Elektromotor antreibt. Lässt man den X-Trail rollen, verteilt der Inverter bis zu 20 kW an die unter dem Kofferraum verbauten zwölf Lithium-Ionen-Batterien. Eine regenerative Kraftübertragung beim Bremsen wird dagegen erst in der nächsten Generation der Nissan-Brennstoffzelle erreichbar sein.

Im Gegensatz zu BMW, die flüssigen Wasserstoff verwenden, benutzt Nissan gasförmigen Wasserstoff, der rund zehn Euro das Kilogramm kostet. Zwei Tankgrößen zu vier und sechs Kilo stehen zur Verfügung, die eine Reichweite von bis zu ungefähr 450 Kilometer garantieren. Nissan will bis 2015 die Serienreife erlangt haben - dann soll auch die Brennstoffzelle eine Lebensdauer von rund zehn Jahren aufweisen können. Und auch eine Temperatur von Minus 25 Grad dürfte den Startvorgang bis dahin nicht behindern.

Knackpunkt Wasserstoff-Herstellung

Die von Nissan entwickelte Brennstoffzelle Foto: Nissan

Doch bis dahin müssen noch viele Hürden überwunden werden. Zum einen die noch fehlende Infrastruktur. in Deutschland existieren derzeit vier Wasserstofftankstellen, in Japan immerhin zehn. Zum anderen der Preis: rund 20 Prozent teurer als das normale Serienmodell wird der X-Trail FCV angeboten werden. Derzeit wären das rund 60.000 Euro, die zu berappen wären.

Doch der große Knackpunkt bleibt weiterhin die Herstellung des Wasserstoffs. Während der FCV ohne Emissionen herumfährt, jagt die Herstellung des Wasserstoffs doch so manches Gramm in die Luft, Kernkraftwerke könnten dem Abhilfe schaffen, stehen aber einmal mehr wegen eventuellen und auch gegebenen Gefahren zur Diskussion. Abhilfe könnte die Weiterentwicklung der Batterientechnologie schaffen. Dann könnte man auf den Wasserstoff verzichten - und würde die These des Erfinders der Science-Fiction-Romane vom Wasser als Kohle der Zukunft in das Reich der Science-Fiction verweisen. Sollte allerdings zur Herstellung des Stroms auf Wasserkraftwerke gesetzt werden, würde der Altmeister 180 Jahre nach seiner Geburt doch den richtigen Blick in die Zukunft geworfen haben.

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