Zweiter Dieselgipfel ohne praktische Hilfestellungen

Weitere 500 Millionen Euro für Kommunen

Zweiter Dieselgipfel ohne praktische Hilfestellungen
Bundeskanzlerin Angela Merkel beim zweiten Dieselgipfel © dpa

Mit einer Zusage über zusätzliche 500 Millionen Euro für die Kommunen ist der zweite Dieselgipfel geendet. Kritik hagelte es erneut von den Umweltschutzverbänden, da auch vor dem dritten Gipfel im November praktische Vorschläge zur Reinhaltung der Luft ausblieben.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat zusätzliche 500 Millionen Euro für Kommunen in Aussicht gestellt, um die Luftverschmutzung durch Diesel-Abgase zu reduzieren. Das Geld stehe bereits im laufenden Haushalt zur Verfügung, sagte sie am Montag in Berlin nach einem Treffen mit Vertretern von Städten und Bundesländern. Es werde «sofort» eine Koordinierungsstelle von Bundesministerien, Ländern und Kommunen eingerichtet, um über förderfähige Projekte in den Städten beraten zu können.

Weil die Belastung der Luft mit gesundheitsschädlichem Stickoxid in vielen deutschen Städten zu hoch ist, könnten Gerichte die Politik schon bald zu Fahrverboten erzwingen. Auch die EU macht deswegen Druck auf Deutschland.

Fahrverbote sollen verhindert werden

Alle seien der Meinung, dass pauschale Fahrverbote für einzelne Antriebsarten oder Fahrzeugtypen verhindert werden sollten, sagte Merkel: «Die Zeit drängt, und wir sind uns alle einig, dass es ein großer Kraftakt ist.» Parallel liefen die Gespräche mit der Autobranche weiter, etwa zu Software-Updates für neuere Diesel und Umtauschprämien für ältere Modelle.

Beim Dieselgipfel von Politik und Autobranche Anfang August hatte die Bundesregierung bereits einen Fonds «Nachhaltige Mobilität für die Stadt» angekündigt, der Pläne für einen möglichst abgasarmen Verkehr für 28 besonders belastete Regionen finanzieren soll. Bisher war geplant, dass die Autobranche mit 250 Millionen Euro die Hälfte übernimmt. Insgesamt solle der Fonds nun auf eine Milliarde aufgestockt werden, sagte Merkel.

Außenminister und Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD) sagte, die Autobranche könne seiner Ansicht nach «durchaus mehr» als 250 Millionen Euro beitragen. «Was wichtig ist, ist, dass wir die Städte und Gemeinden in Deutschland nicht mit dieser Aufgabe alleine lassen», sagte er, denn diese könnten «am wenigsten» für die aktuelle Lage. Gabriel warnte vor «überzogenen Hoffnungen» in einen schnellen Durchbruch der Elektromobilität bei Privatautos und mahnte, nicht die Potenziale der Verbrennungsmotoren der Zukunft außer Acht zu lassen.

Fonds als Beruhigungsmittel in Wahlkampfzeit

Kritik kam erneut von den Umweltschutzverbänden, die konkrete Zusagen forderten. «Der heutige Gipfel soll das politische Versagen der Bundesregierung im Abgasskandal auf die Kommunen abwälzen. Der Mobilitätsfonds ist nicht mehr als ein Beruhigungsmittel in der heißen Wahlkampfzeit. Der jetzt zugesagten einen Milliarde Euro für Kommunen, die unter besonders hoher Stickoxidbelastung leiden, stehen etwa acht Milliarden Euro gegenüber, die dem Fiskus jährlich entgehen, weil Dieselkraftstoff geringer besteuert wird», sagte Hubert Weiger, Vorsitzender des Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND).

Weiger fordert weiter, dass die Bundesregierung «beim nächsten Dieselgipfel im November muss die neue Bundesregierung endlich Gesundheit, Umwelt- und Klimaschutz prioritär behandeln und das heißt: klare Kante gegenüber den Konzernen zeigen. Ohne Nachrüstungen der Hardware, die Blaue Umweltplakette und einen Verkaufsstopp für Diesel-Neuwagen mit zu hohen Realemissionen wird es bei Scheinlösungen zugunsten der Autokonzerne bleiben. Die Bundesregierung muss das Verursacherprinzip endlich auch gegenüber der Autolobby durchsetzen, die sich gegen Hardware-Nachrüstungen sperrt und dafür verantwortlich ist, dass zu dreckige Fahrzeuge auf den Straßen fahren.»

VCD fordert Blaue Plakette

Die Einführung der Blauen Plakette für Diesel-Fahrzeuge forderte der ökologische VCD. «Die Städte brauchen die Blaue Plakette, um die Fahrverbote für Dreckschleudern aussprechen zu können und für saubere Pkw verhindern zu können», sagt Gerd Lottsiepen, verkehrspolitischer Sprecher des VCD, «nur mit einer Blauen Plakette können Polizei und Ordnungsämter überprüfen, welche Fahrzeuge die Grenzwerte tatsächlich einhalten oder nicht. Mit der Einführung der Blauen Plakette würden die Autohersteller schnell in die Gänge kommen, nur noch saubere Fahrzeuge neu auf den Markt zu bringen und geeignete Nachrüstungen bei Gebrauchtwagen vorzunehmen.» (AG/dpa)

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Thomas Flehmer
Der diplomierte Religionspädagoge arbeitete neben seiner Tätigkeit als Gemeindereferent einer katholischen Kirchengemeinde in Berlin in der Sportredaktion der dpa. Anfang des Jahrtausends wechselte er zur Netzeitung. Seine Spezialgebiete waren die Fußball-Nationalelf sowie der Wintersport. Ab 2004 kam das Autoressort hinzu, ehe er 2006 die Autogazette mitgründete. Seit 2018 ist er als freier Journalist unterwegs.

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