«Unsere Technologie kann so schlecht nicht sein»

DBM Energy-Chef Mirko Hannemann

«Unsere Technologie kann so schlecht nicht sein»
Mirko Hannemann vor dem Audi A2 © AG/Mertens

Mirko Hannemann hat sich große Ziele gesetzt. Nach seiner weltweit beachteten Rekordfahrt im Oktober mit einem Elektroauto plant der Chef von DBM Energy noch für dieses Jahr eine Fahrt über 1000 Kilometer, wie er der Autogazette sagte.

Mirko Hannemann ist entspannt. Dass das Bundesamt für Materialforschung die Sicherheit seiner nach einer Rekordfahrt in Zweifel gezogenen Batterietechnologie attestiert hat, sorgt beim Chef des Berliner Unternehmens DBM Energy für sichtliche Erleichterung.

«Unsere Technologie kann so schlecht nicht sein»

«Seitdem die Ergebnisse der Prüfung vorliegen, haben die Zweifel an der Funktionsfähigkeit unserer Batterietechnologie deutlich abgenommen. Einem solchen Institut glaubt man offensichtlich mehr als uns», sagte Hannemann im Interview mit der Autogazette. Mittlerweile hätten sich auch die Zweifel in der Autobranche gelegt. «Wenn wir mit Vertretern der Autobranche an einem Tisch sitzen, hat sich deren Meinung zu 180 Grad zu unseren Gunsten gedreht. Man sieht dort vor dem Hintergrund der Testergebnisse ein, dass unsere Technologie so schlecht nicht sein kann», so Hannemann, der auch eine Einladung erhalten hat, an der Nationalen Plattform Elektromobilität (NPE) teilzunehmen.

«Meinung hat sich um 180 Grad gedreht»

Autogazette: Herr Hannemann, wie geht es Ihnen?

Mirko Hannemann: Heute geht es mir sehr gut, danke der Nachfrage.

Autogazette: Geht es Ihnen deshalb so gut, weil Ihnen die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung die Sicherheit Ihrer bis dahin umstrittenen Batterietechnologie attestiert hat?

Hannemann: Ja, absolut. Seitdem die Ergebnisse der Prüfung vorliegen, haben die Zweifel an der Funktionsfähigkeit unserer Batterietechnologie deutlich abgenommen. Einem solchen Institut glaubt man offensichtlich mehr als uns.

Autogazette: Haben die Zweifel wirklich abgenommen? Wenn man sich in Teilen der Autoindustrie umhört, nimmt man weiter Skepsis bezüglich der Leistungsfähigkeit Ihrer Batterie wahr.

Hannemann: Diese Erfahrung machen wir nicht mehr. Wenn wir mit Vertretern der Autobranche an einem Tisch sitzen, hat sich deren Meinung zu 180 Grad zu unseren Gunsten gedreht. Man sieht dort vor dem Hintergrund der Testergebnisse ein, dass unsere Technologie so schlecht nicht sein kann.

Teilnahme an Nationaler Plattform Elektromobilität

Blick unter die Motorhaube des Audi A2 AG/Mertens

Autogazette: Mit wem sitzen Sie denn an einem Tisch?

Hannemann: Beispielsweise haben wir gerade eine schriftliche Einladung vom Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber erhalten, auch an der Nationalen Plattform Elektromobilität mitzuwirken. Wir haben dieser Tage bekundet, dort auch teilzunehmen. Warten wir mal, wie es weitergeht.

Autogazette: Suchen Sie die Zusammenarbeit mit einem Autobauer?

Hannemann: Wir wollen grundsätzlich unabhängig bleiben und wollen unsere Batterietechnik nicht in die Hand eines Unternehmens geben.

Autogazette: Ist denn sonst noch jemand außer Herrn Weber auf Sie zugekommen?

Hannemann: Wir saßen mittlerweile schon mit BMW und Audi zusammen und haben sehr offene Gespräche geführt.

Autogazette: Woher kommen oder kamen die Vorbehalte der Autoindustrie? Haben es die milliardenschweren Konzerne nicht verkraftet, dass einem kleinen Berliner Start-Up gelungen ist, was ihnen nicht gelang, nämlich eine Batterie mit 600 Kilometern Reichweite zu bauen?

Hannemann: Mit Blick auf die Vergangenheit wäre es gelogen, wenn ich sagen würde, wir hätten nicht so gedacht. Doch man lernt hinzu, lernt die Personen hinter den Kulissen kennen, entsprechend ändert man seine Meinung. Auch wir bei DBM Energy sind entspannter geworden.

Auto mit 1000 Kilometer Reichweite geplant

Die Batteriezellen im A2 AG/Mertens

Autogazette: Sie hatten vom Bundeswirtschaftsministerium 275.000 Euro an Fördermitteln erhalten. Haben Sie weitere Mittel beantragt oder bereits erhalten?

Hannemann: Es waren übrigens 250.000 Euro, nicht 275.000 Euro, wie immer fälschlicherweise geschrieben wird. Nein, wir haben keine weiteren Mittel beantragt. Übrigens haben wir nicht die Mittel von uns aus beantragt, sondern das Bundeswirtschaftsministerium ist am 7. Januar 2010 mit zwölf Leuten bei uns aufgeschlagen und hat gefragt, ob es möglich sei, eine Batterie zu bauen, die mehr als 300 Kilometer fährt. Aufgrund dessen sind wir der Frage nachgegangen und haben nach der Prüfung gesagt: Gut, das ist zu schaffen. Dann hat uns das Wirtschaftsministerium gefragt, ob wir das bauen können, sie würden es unterstützen.

Autogazette: Sie haben es bislang immer abgelehnt, Ihre Technologie einem Autobauer zum Test zu überlassen. Bleibt es bei der Ablehnung?

Hannemann: Ich werde unsere Technologie nicht außerhalb unseres Zuständigkeitsbereiches geben. Ich kann ein Fahrzeug immer so prüfen, dass es nicht meinen Anforderungen genügt. Wenn es zu einer solchen Prüfung kommt, dann nur von einem unabhängigen Testlabor. Audi und BMW haben Interesse daran, die Daten der Batterien validieren zu lassen.

Mirko Hannemann nach seiner Rekordfahrt dpa

Autogazette: Denken Sie eigentlich über eine neue Rekordfahrt nach, nachdem Ihnen nach der ersten Tour von München nach Berlin über 600 Kilometer quasi Manipulation vorgehalten wurde?

Hannemann: Schauen wir mal. Mein Ziel ist es, dass wir in diesem Jahr noch ein Auto präsentieren, dass sogar eine Reichweite von 1000 Kilometern rein elektrisch zurücklegt. Eine solche Fahrt könnte unter Aufsicht von Notaren auf dem Flughafen Tempelhof stattfinden. Vorstellbar wäre aber auch, dass wir mit Audi oder BMW ein DTM-Fahrzeug bauen, das rein elektrisch auf dem Niveau eines heutigen DTM-Fahrzeuges fährt.

Zukunft außerhalb von Deutschland möglich

Autogazette: Nachdem Ihr Rekordauto Ende des Jahres in Flammen aufging, sagten Sie, dass Sie Ihr Unternehmen neu aufstellen wollen. Was haben Sie seither unternommen?

Hannemann:Im Dezember habe ich mich gefragt, warum ich das eigentlich noch machen soll. Es gab genügend vermögende Leute, die mir die Technologie abkaufen wollten. Doch dann habe ich mich dagegen entschieden. Ich wollte trotz aller Kritik nicht aufgeben. Entsprechend habe ich die Zeit genutzt, unsere Industriesparte voranzubringen. Ich rechne in diesem Jahr mit einem Umsatz im dreistelligen Millionenbereich.

Autogazette: Woher soll denn ein Umsatz in dreistelliger Millionenhöhe kommen?

Hannemann: Aus der Kraftwerksanwendung. In diesem Jahr werden wir in Berlin-Brandenburg das größte Akku-Kraftwerk Europas mit einer Leistung von 10 MW zu bauen.

Autogazette: Sehen Sie Ihre Zukunft mit Ihrer Technologie eigentlich in Deutschland?

Hannemann: Ich habe mit etlichen ausländischen Partnern gesprochen, die Interesse an unserer Technologie hatten. Vor 14 Tagen saß ich mit Wirtschaftsförderern aus den USA zusammen. Alle sagten, dass unsere Zukunft nicht in Deutschland liegen würde.

Autogazette: Sie sprechen hier nicht nur über den Automobilsektor?

Hannemann: Wir sprechen über drei Sparten: Elektromobilität, die Industriesparte, beispielsweise Gabelstapler oder Flugzeugschlepper. Und wir sprechen über stationäre Pufferspeicher, also Zwischenspeicher für Strom.

Lebensdauer von 300.000 Kilometern

Autogazette: Opel verspricht für die Batterie im Ampera eine Lebensdauer von 160.000 Kilometern. Wie lange hält Ihre Batterie?

Hannemann: Wir reden von einer Lebensdauer von 300.000 Kilometern.

Autogazette: Ist die Batterie, die Sie derzeit in einem Audi A2 verbaut haben, in der jetzigen Form marktreif?

Hannemann: Wenn ich ein Autobauer wäre, könnte unser Auto ab dem 1.1.2012 in den Verkauf gehen.

Autogazette: Und zu welchem Preis?

Hannemann: Für 30.000 Euro könnte man es anbieten. Doch bevor es in den Verkauf geht, werden wir weitere Testfahrzeuge auf den Markt bringen. An diesem Donnerstag haben wir beispielsweise am Brandenburger Tor zwei Elektrofahrzeuge an die Modellregion Oldenburg übergeben. Wir müssen weiter für ein Grundrauschen sorgen. Es reicht doch nicht, dass wir eine Rekordfahrt hinlegen und sagen: Super gemacht, das war es. Wir wollen die Elektromobilität weiter voranbringen.

Mirko Hannemann AG/Mertens

Autogazette: Nach der Rekordfahrt hatte der ehemalige Wirtschaftsminister Rainer Brüderle von einem Durchbruch für die Elektromobilität gesprochen und gesagt, dass diese Technologie nur noch verbaut werden müsse. Wurden damit nicht falsche Erwartungen geweckt?

Hannemann: Wieso? Ich sehe es genauso. Was uns damals gelang, hat die Leistungsfähigkeit unserer Technologie unter Beweis gestellt. Jetzt geht es wirklich darum, dass unsere Technologie auch von großen Autoherstellern verbaut wird. Angst vor fehlender Reichweite brauchen Sie mit unserer Batterie nicht haben – das haben wir bewiesen und werden versuchen, es mit einer weiteren Testfahrt noch in diesem Jahr über 1000 Kilometer erneut unter Beweis stellen.

Das Interview mit Mirko Hannemann führte Frank Mertens

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