«Supercredits gleichen Wettbewerbsnachteile aus»

Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber

«Supercredits gleichen Wettbewerbsnachteile aus»
Daimler-Entwicklungschef Weber neben einem SLS AMG Electric Drive © Daimler

Thomas Weber spricht sich zur Erreichung des CO2-Grenzwerts von 95 g/km für Supercredits aus. «Wenn der Gesetzgeber will, dass sich umweltfreundliche Technologien durchsetzen, muss er für diese Supercredits sorgen», sagte der Daimler-Entwicklungsvorstand der Autogazette.

Der Autobauer Daimler fordert zur Erreichung des von der EU festgelegten CO2-Grenzwerts von 95 g/km bis zum Jahr 2020 die Einführung von so genannten Supercredits, also die Mehrfachanrechnung von Elektro- und Hybridfahrzeugen. «Wenn der Gesetzgeber will, dass sich umweltfreundliche Technologien durchsetzen, muss er für diese Supercredits sorgen. Sie sind letztlich nichts anderes als eine für den Staat kostenlose Anschubfinanzierung für Technologien wie die Elektromobilität, die zum Start sehr teuer sind», sagte Daimler-Entwicklungsvorstand Thomas Weber im Interview mit der Autogazette. In den USA und China seien derartige Supercredits bereits üblich.

«Keine Verwässerung der Klimaschutzziele»

Die Autoindustrie spreche sich auch deshalb für Supercredits aus, damit Wettbewerbsnachteile ausgeglichen werden könnten. «In Deutschland haben wir die Chancen nicht genutzt, durch Marktanreize den neuen Technologien zum Durchbruch zu verhelfen. Wenn man jetzt auch noch Supercredits ablehnt, dann sehe ich die Gefahr, dass die Elektromobilität zum Rohrkrepierer wird», so Weber. Wie Weber sagte, würden diese Supercredits nicht zu einer Verwässerung der Klimaschutzziele der EU beitragen. Denn sie würden nur auf dem Weg zu den 95 beziehungsweise 100 g/km gelten. Entsprechend sei der Vorschlag also zeitlich klar begrenzt.

«Bewegen uns auf Augenhöhe mit Konkurrenten»

Der Smart Electric Drive Daimler

Autogazette: Herr Weber, die EU schreibt bis zum Jahr 2020 einen CO2-Grenzwert von 95 g/km vor. Mit einem CO2-Ausstoß von 153 g/km liegen Sie in Deutschland rund zehn Gramm hinter ihren Mitbewerbern von Audi und BMW. Wann ist man denn mit denen auf Augenhöhe?

Thomas Weber: Das sind wir längst. Sie reden von den CO2-Werten in Deutschland, europaweit liegen wir mit unserer Flotte bei 140 g/km, bewegen uns damit auf Augenhöhe mit unseren Konkurrenten im Premiumbereich.

Autogazette: Werden Sie denn bis 2020 den EU-Grenzwert von 95 g/km erreichen?

Weber: Unser Flottenzielwert liegt ja aufgrund unseres durchschnittlichen Fahrzeuggewichts bei ca. 100 g/km – und den werden wir erreichen. Für 2016 haben wir das Ziel von 125 g/km definiert. Einen noch niedrigen Durchschnittswert der Flotte wird man ohne Anteil von Zero Emission-Fahrzeugen wie Elektroautos indes nur schwer erreichen können. Und das gilt insbesondre für alle Premiumhersteller. Entsprechend müssen wir unsere Anstrengungen nicht nur dahingehend forcieren, unsere Verbrennungsmotoren noch effizienter zu machen, sondern auch die Hybridisierung voranzutreiben und mehr Elektroautos auf den Markt zu bringen.

«In USA und China sind Supercredits längst üblich»

Autogazette: Mit anderen Worten sprechen Sie sich für sogenannte Supercredits aus, also die Mehrfachanrechnung von Elektro- bzw. Hybridfahrzeugen?

Weber: Ohne Supercredits wird es noch schwieriger, dieses Ziel zu erreichen. Wenn der Gesetzgeber will, dass sich umweltfreundliche Technologien durchsetzen, muss er für diese Supercredits sorgen. Sie sind letztlich nichts anderes als eine für den Staat kostenlose Anschubfinanzierung für Technologien wie die Elektromobilität, die zum Start sehr teuer sind. In den USA und in China sind derartige Credits längst üblich.

Autogazette: Sorgen Supercredits nicht für eine Verwässerung der Klimaschutzziele der EU?

Weber: Nein, ich denke nicht, dass Supercredits zu einer Verwässerung der Klimaschutzziele beitragen. Sie gelten ja nur auf dem Weg zu den 95 bzw. 100 g/km. Der Vorschlag ist also zeitlich klar begrenzt. Die deutsche Autoindustrie spricht sich auch deshalb dafür aus, damit Wettbewerbsnachteile mit anderen Ländern in der Welt ausgeglichen werden. In Deutschland haben wir die Chancen nicht genutzt, durch Marktanreize den neuen Technologien zum Durchbruch zu verhelfen. Wenn man jetzt auch noch Supercredits ablehnt, dann sehe ich die Gefahr, dass die Elektromobilität zum Rohrkrepierer wird.

Trends kann man sich nicht verweigern

Der neue Mercedes CLA.
Der neue Mercedes CLA Daimler

Autogazette: Laut einer aktuellen Studie soll bis zum Jahr 2020 jede dritte Neuzulassung auf einen Geländewagen entfallen. Stellt Sie dieses Kaufverhalten für die Erreichung des Flottenverbrauchs vor Probleme?

Weber: Nein, Trends kann man sich nicht verweigern. Entsprechend müssen wir dem Kunden Geländewagen anbieten, die besonders effizient sind. Wir werden das zum Beispiel mit unserem neuen Geländewagen GLA tun. Er wird mit seinem Verbrauch den herkömmlichen Fahrzeugen in nichts nachstehen.

Autogazette: Mit dem Mercedes CLA haben sie ein Fahrzeug mit einem Luftwiderstandsbeiwert von 0,22 vorgestellt. Er ist damit Aerodynamikchampion unter den Serienfahrzeugen. Kommt dem cW-Wert zukünftig eine noch stärkere Bedeutung für die Verbrauchsreduktion zu?

Weber: Man muss beides tun: Leichtbau und die Aerodynamik verbessern. Im Real-Life-Verbrauch macht sich die cW-Wert-Reduzierung jedoch noch stärker bemerkbar als die klassische Gewichtseinsparung. Entsprechend werden wir bei allen unseren zukünftigen Fahrzeugen mit Blick auf den cW-Wert auch weiterhin Benchmarks in den entsprechenden Segmenten setzen – dies steht bei uns ganz klar im Fokus.

Das Interview mit Thomas Weber führte Frank Mertens

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