«Wir rennen nicht blind einem Marktanteil hinterher»

Chevrolet Deutschland-Chef Steffen Raschig

«Wir rennen nicht blind einem Marktanteil hinterher»
Chevreolt-Deutschlandschef Steffen Raschig. © Chevrolet

Steffen Raschig hat sich viel vorgenommen. Mittelfristig plant der Geschäftsführer von Chevrolet Deutschland, den Absatz der GM-Tochter zu verdoppeln, wie er im Interview mit der Autogazette sagte.

Die GM-Tochter Chevrolet plant mittelfristig, seinen Absatz in Deutschland zu verdoppeln. «Perspektivisch werden wir uns in Deutschland bei 45.000 bis 60.000 Autos positionieren können», sagte Chevrolet Deutschland-Geschäftsführer Steffen Raschig im Interview mit der Autogazette. Erreichen will Raschig dieses Ziel frühestens im Jahr 2014, «spätestens sollten wir das aber 2016 geschafft haben».

Chevrolet plant 2011 mit 32.000 Verkäufen

Im vergangenen Jahr hatte Chevrolet in Deutschland einen Gesamtabsatz von rund 24.500 Autos verzeichnen können. In diesem Jahr peilt Raschig angesichts von gleich sieben Modellneuheiten eine deutliche Absatzsteigerung an. Raschig rechnet für 2011 mit 32.000 Verkäufen, «vielleicht auch noch ein paar mehr». Mittlerweile sei Chevrolet in Deutschland auf dem Weg zu einem Vollsortimenter, wie Raschig hinzufügte.

«Unsere Wettbewerber befinden sich außerhalb von GM»

Autogazette: Herr Raschig, wäre Chevrolet im Fall eines Verkaufs von Opel in der Lage, die Modellsegmente der Schwestermarke für den GM-Konzern auf dem europäischen Markt zu bedienen?

Steffen Raschig: Zur Seriosität dieser Verkaufsgerüchte will ich mich nicht äußern. Doch das Bestreben von Chevrolet war und ist es nicht, hier jemanden zu ersetzen, schon gar nicht unsere Schwestermarke. Unsere Wettbewerber befinden sich außerhalb des GM-Konzerns.

Autogazette: Aber Ihnen wird nicht entgangen sein, dass es im Kontext der Verkaufsgerüchte hieß, dass Chevrolet mit seinen Modellen die Lücke schließen könnte, die für GM durch einen Verkauf von Opel in Europa entstehen würde.

Raschig: Noch einmal: Unsere Mitbewerber sehen wir außerhalb von GM. Chevrolet ist eine globale Marke und entwickelt sich in Deutschland zu einem Vollsortimenter.

Autogazette: Chevrolet hat derzeit in Deutschland einen Marktanteil von 0,9 Prozent, Opel von acht Prozent. Damit sind Sie noch meilenweit von der Schwestermarke entfernt. Wo sehen Sie Chevrolet mittelfristig?

Raschig: Perspektivisch werden wir uns in Deutschland bei 45.000 bis 60.000 Autos positionieren können. Das würde einem Marktanteil von bis zu zwei Prozent entsprechen. Das Potenzial dafür haben wir auf jeden Fall.

Absatzziel frühestens 2014 angepeilt

Das neuste Modell, der Chevrolet Aveo Chevrolet

Autogazette: Bis wann wollen Sie dieses Ziel erreichen?

Raschig: Je schneller desto besser, allerding ohne Aktionismus.

Autogazette: Geht es etwas genauer?

Raschig: Ich denke, dass uns das frühestens 2014 gelingen kann, spätestens sollten wir das aber 2016 geschafft haben.

Autogazette: Sie bringen in Kürze den neuen Kleinwagen Aveo auf den Markt. Welche Stückzahlen wollen Sie von diesem Modell absetzen?

Raschig: Der Aveo hat einen Anteil von 20 Prozent an unserem Modellmix. Das bedeutet, dass wir in diesem Jahr mindestens noch 3000 Autos verkaufen wollen. In 2012, dem ersten vollen Jahr nach Markteinführung, gehe ich von 6000 Einheiten aus.

Autogazette: Sie hatten in der Vergangenheit immer mal wieder Probleme mit der Verfügbarkeit Ihrer in Korea produzierten Modelle. Haben Sie dieses Problem mittlerweile im Griff?

Raschig: Wir haben mittlerweile mit anderen Modellen lange genug geübt, damit die Verfügbarkeit gewährleistet ist. Aber wenn sie auf Lieferengpässe anspielen, die auf die Naturkatastrophe in Japan zurückzuführen ist, dann haben sie recht. Derzeit gibt es beispielsweise beim Orlando und Captiva Probleme, die Dieselnachfrage zu befriedigen, da ein japanischer Zulieferer hier derzeit nicht im ursprünglich geplanten Umfang in der Lage ist, zu liefern. Vor derartigen Problemen steht aber die gesamte Branche.

«Das Jahr ist längst noch nicht zu Ende»

Der Chevrolet Orlando Chevrolet

Autogazette: Ursprünglich wollten Sie vom Orlando 5000 Autos in diesem Jahr verkaufen, nach fünf Monaten sind es nur 1700. Können Sie dieses Ziel überhaupt noch erreichen?

Raschig: Lassen wir uns mal überraschen. Das Jahr ist noch längst nicht zu Ende. Wenn die Verfügbarkeit mitspielt, können wir das noch schaffen.

Autogazette: In diesem Jahr haben Sie den Captiva mit großen Vorschusslorbeeren auf den Markt geschickt, verkauft haben Sie bislang aber nur rund 1000 Autos. Warum läuft Ihr SUV so enttäuschend?

Raschig: Enttäuschend würde ich es nicht nennen. Wir wären enttäuscht, wenn die Nachfrage nicht bestehen würde, doch wir können die Nachfrage aufgrund der Verfügbarkeit des Diesels nicht voll befriedigen. Sobald wir Fahrzeuge haben, verkaufen wir sie auch, entsprechend sind wir mit dem neuen Captiva auch zufrieden, es ist ein tolles Auto.

Autogazette: Sie haben angekündigt, dass Sie im Rahmen Ihrer Wachstumsstrategie auch das Händlernetz stärken wollen. Was heißt denn das konkret?

Raschig:
Wir haben derzeit 350 Vertriebsstandorte, viel größer wollen wir auch nicht werden, wenngleich es auch gilt, einige Lücken auf der Landkarte zu schließen. Wir müssen zudem sicherstellen, dass wir an jedem Standort den richtigen Händler haben. Da gibt es noch Optimierungsbedarf.

«Müssen Aufmerksamkeit für die Marke deutlich steigern»

Der Chevrolet Captiva Chevrolet

Autogazette: Das große Problem von Chevrolet ist die fehlende Bekanntheit der einzelnen Modelle. Wie wollen Sie dieses Problem angesichts eines überschaubaren Marketingetats in den Griff bekommen?

Raschig: Wir müssen die Aufmerksamkeit für die Marke sicherlich deutlich steigern. Es gibt 17 Stellschrauben, die wir derzeit analysieren...

Autogazette: ...bislang ist Chevrolet kaum mit TV-Werbung präsent. Wollen Sie das ändern?

Raschig: Ja, es stimmt, derzeit sind wir mit keiner TV-Werbung präsent, doch im dritten Quartal werden wir auch wieder im Fernsehen Spots schalten. Aber natürlich überlegt man sich als kleine Marke auf dem deutschen Markt, wie man sein Marketingbudget besonders effizient einsetzt.

Autogazette: Derzeit liegt der Marktanteil bei 0,9 Prozent, wo wollen Sie Ende des Jahres landen?

Raschig: Dieses Jahr wollen wir kumuliert einen Marktanteil von einem Prozent erreichen, eine Marke übrigens, die wir im Mai mit 1,1 Prozent schon einmal erreicht haben.

«Vielleicht haben wir eine Überraschung parat»

Der Chevrolet Volt Chevrolet

Autogazette: In Stückzahlen ausgedrückt bedeutet das bei einem erwarteten Gesamtmarkt von 3,2 Millionen also rund 32.000 Autos...

Raschig: ...ja, vielleicht auch noch ein paar mehr. Aber wir rennen nicht blind einem Marktanteil hinterher.

Autogazette: Opel trommelt bereits heftig für den Start des Elektroautos Ampera, das Ende des Jahres auf den Markt kommt. Von Ihnen hört man kaum etwas, obwohl zeitgleich der baugleiche Chevrolet Volt kommt. Hat das Auto für Sie nur eine nachgeordnete Rolle?

Raschig: Überhaupt nicht. Für unser Image als grüne Marke ist der Chevrolet Volt enorm wichtig. Wir setzen hier nicht primär auf die Erreichung hoher Stückzahlen, sondern auf eine Bereicherung unserer Modellpalette mit einem innovativen Modell. Der Volt wird uns dabei helfen, dass wir nicht nur eine Marke mit PS-starken Motoren sind, sondern auch grüne Technologien im Portfolio haben. Ich glaube zudem, dass der Kunde in Deutschland genau weiß, dass wir mit dem Chevrolet Volt das Original auf den Markt bringen, das in den USA bereits recht erfolgreich läuft. Aber lassen Sie sich überraschen, vielleicht haben wir in den kommenden Monaten mit Blick auf den Volt noch die ein oder andere Überraschung parat.

Das Interview mit Steffen Raschig führte Frank Mertens

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Frank Mertens
Nach dem Studium hat er in einer Nachrichtenagentur volontiert. Danach war er Sportjournalist und hat drei Olympische Spiele begleitet. Bereits damals interessierten ihn mehr die Hintergründe als das Ergebnis. Seit 2005 berichtet er über die Autobranche.

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